Herr Hengel, das Affenpocken-Virus ist in Deutschland angekommen. Müssen wir uns Sorgen machen?
Wir müssen diese Krankheit ernst nehmen und Ärztinnen und Ärzte sollten sich mit dem Krankheitsbild vertraut machen – ich denke allerdings nicht, dass wir hier mit einer Epidemie oder gar Pandemie rechnen müssen. Aus Afrika kennen wir größere Ausbrüche, durch Reisen oder Tierexporte können dadurch auch Fälle in Europa entstehen, möglicherweise gibt es besonders empfängliche Risikogruppen. Aber mit Corona ist das wirklich nicht zu vergleichen.
Wieso nicht?
Das Ausbruchsgeschehen ist bei weitem nicht so dynamisch. Der Affenpocken-Erreger verbreitet sich durch engen körperlichen Kontakt und nicht über die Luft. Wir haben außerdem ein wirksames antivirales Medikament zur Behandlung der Affenpocken.

Wie gefährlich sind die Affenpocken an sich?
Deutlich weniger gefährlich als die echten Pocken, die wir durch die Impfung bis Ende der 1970er-Jahre weltweit ausgerottet haben. Im Vergleich zu den vielen anderen Pockenvirusarten sind die Affenpocken als mittelgefährlich zu betrachten. Es kann aber durchaus Todesfälle geben, allerdings vor allem in Risikogruppen. In der Vergangenheit war das etwa bei Ausbrüchen im HIV-Kontext zu beobachten.
Manch einer würde sich nun am liebsten gleich gegen die Pocken impfen lassen, wie es früher möglich war. Wie realistisch ist das?
Das ist nicht möglich, es gibt in Deutschland keinen allgemein zugelassenen Impfstoff gegen Affenpocken. Auch die Medikamente kann man nicht einfach so in der Apotheke kaufen – da reden wir über Notfallpräparate. Aber es gibt diese Gegenmittel.
Nun gibt es viele Menschen, die in ihrer Kindheit noch gegen die Pocken geimpft worden sind. Hat das im Fall der Fälle noch eine Schutzwirkung?
Nein, ich glaube nicht, dass man hier nach 60 oder 80 Jahren noch einen zuverlässigen Schutz voraussetzen kann. Ich selbst wurde als Kind auch noch gegen die Pocken geimpft, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass ich heute gegen die Affenpocken wirklich gefeit wäre. Aber einen etwas weniger schweren Verlauf würde ich mir erhoffen.