Beim Umgang mit dem Wolf wählt Peter Hauk gerne markige Worte. „Eine Willkommenskultur, die blauäugig ist, brauchen wir beim Wolf nicht“, sagt der CDU-Landwirtschaftsminister bei einem von seinem Haus organisierten Kongress zur Rückkehr des Raubtieres. Hauk plädiert für die Aufnahme der streng geschützten Art ins Jagdrecht, um Problemwölfe schneller abschießen zu können.
Hauks sächsischer CDU-Kollege Thomas Schmidt bremst die Erwartungen. In Deutschlands Wolfshochburg gibt es diese Möglichkeit bereits. Drei Ausnahmegenehmigungen haben die Behörden bisher für auffällige Tiere erteilt. Geschossen wurde nur ein Wolf, einer verschwand vorher, einen Abschuss hat ein Gericht gestoppt. Schmidt beklagt den Stil der Auseinandersetzung. Hunderte militante Tierschützer würden die Jäger vor Ort unter Druck setzen, sobald ein Wolf zur „Entnahme“ anstehe.
Artenschützer verweisen auf den strengen Schutz des Wolfes durch deutsches und europäisches Recht. Ihnen geht Hauks Forderung nach Abschuss in Ausnahmefällen zu weit. Dagegen verweist Axel Heider, Wolfsexperte des Bundeslandwirtschaftsministeriums, auf die Bejagung in vielen EU-Staaten. In Frankreich zum Beispiel sollen in diesem Jahr 40 Wölfe geschossen werden, berichtet er. Die Artenschutzrichtlinie FFH lasse dies in der Nähe von Wohngebieten und zum Schutz von Weidetieren zu. Heider warnt: „Bei uns ist der Abschuss tabuisiert. Das ist für die Akzeptanz nicht förderlich.“

Thomas Schmidt, Landwirtschaftsminister in Sachsen | Bild: Jan Woitas (dpa-Zentralbild)
Schmidt hält nach den Erfahrungen in Sachsen ein Leben mit dem Wolf für möglich. Aber die Schutzmaßnahmen etwa für Weidetiere seien aufwendig. Das Wolfsmanagement in Sachsen, wo aktuell 200 Tiere leben, kostet 800 000 Euro pro Jahr. Allein 74 000 Euro seien zuletzt als Schadenersatz an Tierhalter gezahlt worden. Schmidt fordert eine bundesweit einheitliche Regelung für den Schutz vor den Wölfen und die „Entnahme“ von auffälligen Tieren: „Es geht darum, den Menschen die Angst zu nehmen.“ Das Wolfsmanagement in Sachsen beruht auf drei Säulen: So werden die Wölfe intensiv registriert und beobachtet. Zäune oder Hunde zum Schutz etwa für Schafherden werden gefördert. Und es gibt einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz nach Rissen durch Wölfe. Minister Schmidt forderte ein ähnliches Management für ganz Deutschland. „Wir brauchen eine klare deutsche Regelung, wie wir mit verhaltensauffälligen Wölfen umgehen.“ Es sei mühsam, die Akzeptanz für den Naturschutz zu erhöhen und die Menschen dafür zu begeistern.
In der grün-schwarzen Regierung muss sich Hauk die Zuständigkeit mit Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) teilen. Dessen Staatssekretär Andre Baumann bleibt beim Kongress auf Distanz zu den Abschuss-Befürwortern. Baumann redet viel über Schutzmaßnahmen, über Elektrozäune für Schafherden und über Schutzhunde.
Nicole Benning schildert ihre Erfahrungen mit Herdenschutzhunden, die sie mit ihrem Mann züchtet: 600 ihrer Schafe beweiden 110 Hektar Fläche zwischen Hamburg und Bremen. Drumherum leben zehn Wolfsrudel. Die als Schutzhunde eingesetzten Kangals würden keine Probleme machen, weder wenn sie frei laufen, noch wenn Wanderer sich mit Hunden nähern. „Menschen interessieren die Hunde gar nicht“, berichtet Benning. Zwischen den Hütehunden, die für den Schäfer die Herde zusammenhalten, und den Schutzhunden gebe es keine Probleme. Die Schutzhunde würden eben nicht denken, dass sie ein Schaf sind. Das Konzept habe sich schon bei Rindern und beim Schutz von Pferden vor Tierquälern bewährt.
Das deckt sich mit den Erfahrungen von Astrid Summerer, die seit zwei Jahren im Sommer 420 Schafe auf einer Hochalpe in der Schweiz betreut. Sieben Schutzhunde und drei Hütehunde hatte sie 2017 dabei. Die Tiere mit den unterschiedlichen Aufgaben hätten keine Probleme miteinander. „Bei Schlechtwetter spürten die Hunde die Präsenz der Wölfe“, sagt sie. Gesehen hat sie keine. Summerer hat viel Arbeit durch die Zäune, die sie durch das unwegsame Gelände schleppen muss. Hauk fürchtet, dass nicht jeder Schäfer diesen Aufwand mitmacht. Mancher Betrieb, meint er, werde kapitulieren.
Streit ums Konzept
Beim Schutz vor dem Wolf finden der für den Artenschutz zuständige Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und der für die Landwirtschaft zuständige CDU-Minister Peter Hauk bisher nicht zusammen. Dass Untersteller ein Maßnahmepaket ohne Absprache mit Hauk veröffentlichte, nannte SPD-Oppositionschef Andreas Stoch „Kasperletheater“. Untersteller hat mit den Nachbarländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland einen Erfahrungsaustausch vereinbart. Ziel sei ein gemeinsames Wolfsmanagement. Für Hauk wären Bayern, das Elsass und die Schweiz wichtige Partner. (pre)