Julia Ruhnau, dpa

Wer einen Freigänger hat, wird früher oder später Zeuge der Kämpfe, die sich der eigene Liebling mit benachbarten Katzen liefert. Wenn es richtig zur Sache geht, können ernsthafte Verletzungen die Folge sein. Doch es gibt Möglichkeiten, das Risiko für die eigene Katze zu minimieren.

„Katzen sind häufig in Revierkämpfe verwickelt“, erklärt Moira Gerlach vom Deutschen Tierschutzbund. Besonders nicht kastrierte Kater geraten schnell aneinander. Auch wenn rollige Katzen in der Nähe sind, steigt die Gefahr für Auseinandersetzungen. „Katzen sind komplette Individualisten“, erläutert Birga Dexel, Katzenexpertin und Geschäftsführerin des Cat Institute, einer Tierberatungspraxis in Berlin. Wenn man Glück hat, verstehen sich benachbarte Tiere – sie können sich aber auch spinnefeind sein.

Nass sind Katzen gar nicht gerne. Kein Wunder, dass sich diese zwei böse anfauchen.
Nass sind Katzen gar nicht gerne. Kein Wunder, dass sich diese zwei böse anfauchen. | Bild: Evgeniy Gostuchin - stock.adobe.com

Haltern sollte dabei klar sein, dass ihre Vierbeiner gleich zwei sehr effiziente Waffen besitzen, um ihre Gegner zu traktieren: Krallen und spitze Zähne. Verletzen sie sich damit, kann es zu Abszessen oder Infektionen kommen. „Katzen haben viele Keime im Mund“, sagt Gerlach. Krankheiten wie FIV, auch Katzenaids genannt, können bei Kämpfen übertragen werden. Freigänger sollten auf jeden Fall gegen gängige Krankheiten geimpft werden.

Revierkämpfe bei neuen Katzen

Generell gibt es häufig dann Probleme, wenn eine neue Katze in die Nachbarschaft kommt. „Dann wird der Alteingesessene versuchen, dem anderen zu sagen, dass er hier nichts zu suchen hat“, erklärt Dexel. Aber auch bei langjährigen Nachbarn kann es immer wieder Stress geben. „Unterordnung gibt es bei Katzen nicht“, sagt die Katzentherapeutin. Je nach Tagesform könne mal der eine oder die andere die Oberhand haben, wirklich stabil sei das Kräfteverhältnis nie.

Zwar versuchen Katzen, körperlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen und regeln viel durch Blick-Duelle oder lautes Maunzen. „Im Normalfall meidet ein Kater das Revier des anderen“, sagt Gerlach. Aber: „Die Grundstücke und damit auch die Areale für Katzen werden immer kleiner, die Populationsdichte nimmt zu“, beobachtet Dexel. Dementsprechend steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Revierkämpfe. Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt daher dringend, Freigänger kastrieren zu lassen. Einerseits, um die Population zu regulieren, aber auch, um Handgreiflichkeiten zu vermeiden. Denn: „Kastrierte Katzen haben ein kleineres Revier“, erklärt Heimtierexpertin Gerlach. Und je niedriger der Hormonspiegel bei den Kontrahenten, desto geringer ist auch das Aggressionspotenzial.

 

Freigänger besser kastrieren


Wer seiner Katze Ausgang gewährt, sollte über eine Kastration nachdenken. Was Tierhalter über den medizinischen Eingriff wissen müssen:
  • Wann lassen Halter ihr Tier am besten kastrieren?

    Ab vier Monaten ist ein guter Zeitpunkt für die Operation, sagt Daniela Schrudde von der Welttierschutzgesellschaft in Berlin. Das sei in der Regel vor der ersten Rolligkeit. Das Problem bei nicht kastrierten Katzen: Sie haben einen größeren Radius und entfernen sich weiter vom Zuhause als kastrierte Tiere. So sind sie auch an stark befahrenen Straßen unterwegs und haben ein größeres Verletzungsrisiko.

  • Hauskatzen muss man nicht kastrieren lassen – oder?

    "Das ist Abwägungssache", sagt Schrudde. Wer eine alte, kranke Katze zu Hause hat, die sehr träge ist, muss sie nicht unbedingt kastrieren lassen. Bei gesunden Tieren besteht aber immer das Risiko, dass die Katze doch mal entwischt. Das kann zum Beispiel passieren, wenn der Halter im Urlaub ist und jemand anderes auf die Katze aufpasst, der sie nicht so gut kennt.

  • Was ist der Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation?

    Es handelt sich um unterschiedliche Operationen. Bei der Sterilisation durchtrennt der Arzt den Tieren nur die Ei- beziehungsweise Samenleiter. Die Hormonproduktion läuft also weiter. Bei der Kastration werden dagegen die hormonbildenden Geschlechtsdrüsen komplett entfernt – bei der Katze sind das die Eierstöcke, manchmal auch die Gebärmutter, bei Katern die Hoden.

  • Welche Nachteile hat der Eingriff?

    Manche Katzen legen nach der OP an Gewicht zu – weil sie weniger stromern und oft bequemer sind. Solange Halter die Futtermenge entsprechend anpassen, ist das aber kein Problem. Eine weitere Nebenwirkung kann sein, dass die Tiere inkontinent werden. Laut Schrudde passiert das aber selten.

  • Wie viel kostet eine Kastration?

    Das hängt davon ab, welchen Satz der Tierarzt nach der Gebührenordnung abrechnet. Als groben Richtwert müssen Halter bei Katern zwischen 80 und 85 Euro einkalkulieren, bei Katzen sind es um die 140 Euro, da der Eingriff komplizierter ist. (dpa).

 

Katzentherapeutin Dexel plädiert allerdings dafür, schon viel früher anzusetzen. „Suchen sie sich eine Katze aus, die gut sozialisiert ist.“ Auf keinen Fall sollte man Tiere adoptieren, die jünger als zwölf Wochen sind. Denn wenn die Zeit mit Mutter und Geschwistern zu kurz war, fehle es später an grundlegendem Sozialverhalten. Der eigene Vierbeiner nimmt fremde Katzen dann schnell als Bedrohung wahr und reagiert, je nach Persönlichkeit, übermäßig ängstlich oder aggressiv. Zurückhaltende Tiere trauen sich dann oft nicht mehr aus der Wohnung, robuster veranlagte Katzen gehen schneller auf ihr Gegenüber los.

Rückzugsmöglichkeiten schaffen

Kommt die Katze zerzaust oder humpelnd nach Hause, sollten Besitzer das ernst nehmen und ihr Tier nach Möglichkeit abtasten oder zum Tierarzt bringen. Außerdem ist es wichtig, Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen und dem Vierbeiner zum Beispiel durch eine Katzenklappe jederzeit einen Fluchtweg ins Haus offen zu lassen. Das eigene Grundstück mit Zäunen oder Katzennetzen gegen Eindringlinge abzuschirmen, sei dagegen sehr schwierig, sagt Gerlach.

Stattdessen hilft vielleicht ein klärendes Gespräch mit den Nachbarn. Zum Beispiel, um Zeiten zu vereinbaren, in denen die eigene Katze ungestört vom Artgenossen umherstreunen darf. Beißt man dabei auf Granit, sind sogar rechtliche Schritte möglich. „Als Tierhalter haftet man grundsätzlich für Schäden, die das eigene Tier verursacht“, erklärt die Rechtsanwältin Chantal Stockmann, die sich in ihrer Kanzlei im hessischen Bürstadt auch mit Tierrecht beschäftigt. Der Halter des Tieres, das den Schaden verursacht hat, muss dann zum Beispiel die Tierarztkosten des verletzten Tieres übernehmen. Allerdings ist die Beweislage oft schwierig. Bei hochaggressiven Tieren kann das Gericht in letzter Konsequenz theoretisch sogar den Freigang verbieten. Meistens laufe es aber auf einen Vergleich hinaus, zum Beispiel, indem bestimmte Freigangzeiten festgelegt werden.

Erwischt man Katzen dann doch einmal beim Rangeln, sollte man als Besitzer nicht dazwischen gehen – die Verletzungsgefahr ist zu groß. Als Laie sei es ohnehin oft schwer, den Ernst der Lage zu beurteilen, sagt Katzentrainerin Dexel. „Man kann aber versuchen, die Tiere zu erschrecken oder zu vertreiben“, schlägt Gerlach vor. Dann ist die Situation zunächst einmal entschärft – und beim nächsten Mal machen die Kontrahenten vielleicht einen Bogen umeinander.

Warum verhalten sich Katzen manchmal so seltsam? Ein lustiges Video erklärt, warum die Tiere Angst vor Gurken haben und immer in die kleinsten Nischen klettern: 

 

 

Schon gewusst?

Fallen Katzen wirklich immer auf die Füße? Ja, zumindest wenn sie aus einer Höhe von zwei bis drei Metern fallen. Nur dann haben sie genug Zeit, sich zu drehen. Die Tiere haben einen angeborenen Drehreflex. Zuerst dreht die Katze ihren Kopf und die Vorderpfoten Richtung Boden. Dann folgen die Hinterläufe. Zur Navigation nutzt sie ihren Schwanz. Diese Drehung braucht allerdings etwas Zeit. Ist die Fallhöhe daher unter zwei Meter, reicht die Zeit nicht für eine vollständige Drehung. Die Katze landet nicht auf ihren Pfoten und kann sich auch verletzen. (kst)