Antje Urban

An der Zukunft des kommerziellen Weltraumtourismus arbeiten seit Jahren neben den amerikanischen und europäischen Raumfahrtbehörden NasaA und Esa viele verschiedene private Unternehmen und Investoren. Allen voran sind es Tesla-Chef und Paypal-Gründer Elon Musk, Amazon-Gründer Jeffrey Bezos sowie der britische Unternehmer Richard Branson. Letzterer schien lange die Nase vorn zu haben, hatte dann aber mit einigen Rückschlägen zu kämpfen. Musk hingegen hat mit seinem Unternehmen SpaceX bereits mehrfach einsetzbare Triebwerke entwickelt, mit denen er in Zukunft kostengünstig Passagiere ins All bringen will. Auf den Fersen ist ihm Jeff Bezos, Eigentümer des Raumfahrtunternehmens Blue Origin, der unlängst verkündete, dass er weitere 2,5 Milliarden Dollar investieren werde, um von 2018 an Weltraumflüge für zahlende Passagiere anbieten zu können. Bei dem Kopf-an-Kopf-Rennen der einzelnen Akteure scheint die Entwicklung rasant voranzugehen. Doch die Wahrheit ist weniger rasant, als vor Jahren propagiert wurde.

Bisher menschenleer: Weltraumbahnhof Spaceport America.  Es ist der erste privat finanzierte Weltraumhafen. Er liegt im Tal der Jornada ...
Bisher menschenleer: Weltraumbahnhof Spaceport America. Es ist der erste privat finanzierte Weltraumhafen. Er liegt im Tal der Jornada del Muerto in New Mexico, USA nahe dem Testgelände White Sands Missile Range der United States Army. Er war von 2005 bis 2011 in Bau, die Einrichtung wurde am 17. Oktober 2011 schließlich eröffnet, der Flugbetrieb sollte bis Ende 2013 beginnen, wurde aber auf unbestimmte Zeit verschoben. Betreiber der Anlage ist Virgin Galactic. | Bild: Spaceport America

2013 kündigte Richard Branson nach einem erfolgreichen Überschall-Testflug seines Höhenflugzeugs „SpaceShipTwo“ an, dass spätestens 2014 Raumflüge mit seiner Weltraum-Fluglinie Virgin Galactic für jeden möglich seien. Bei 100 Kilometern Höhe sollten Schwerelosigkeit und der Übergang von der Stratosphäre zum Weltraum erreicht sein. Das „Spaceship“ wurde zwar mithilfe eines Trägerflugzeugs in 14 Kilometer Höhe gebracht und konnte sich selbst dann mit dem eigenen Raketenantrieb kurzzeitig auf Überschallgeschwindigkeit und in eine Höhe von 17 Kilometer bringen. Das war bei Weitem nicht hoch genug und weitere Tests sollten folgen.

Kommerzielle Weltraumflüge lassen noch aus sich warten

Doch dann kam 2014 der Rückschlag. Das „SpaceShipTwo“ stürzte bei einem Testflug in der Mojave-Wüste in Kalifornien ab. Damals kam einer der beiden Piloten ums Leben. Dennoch betonte Branson nach dem Unglück, dass er an seinen Plänen für den privaten Weltraumtourismus festhalten wolle. So präsentierte er 2016 das Nachfolge-Raumschiff „Unity“, das vor Kurzem von der US-Flugaufsicht FAA die wichtige Genehmigung für suborbitale Testflüge erhalten hat.

Auch die „Unity“ ist mit zwei Piloten bemannt und soll bis zu sechs Touristen mit auf ihren suborbitalen Flug nehmen können. Branson hat den Start seiner Raumflüge nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Und auch Bezos hatte eigentlich 2017 als Starttermin für seine Passagierflüge mit der „New Shepherd“ festgelegt. Auf der Webseite von Blue Origin können sich Interessierte für einen Flug seit Langem registrieren.

Weltraumtouristen sind noch lange keine Astronauten

Das Interesse ist groß. Die „Space Flight Participants“ (Raumflug-Teilnehmer) könnten bei einem suborbitalen Flug auf 100 Kilometer Höhe gelangen. Die Grenze zum Weltraum aber liegt physikalisch darüber. Die sogenannte Kármán­-Linie ist die theoretische Abgrenzung der Erdatmosphäre zum freien Weltraum, also von der Luftfahrt zur Raumfahrt. Fachleute gehen davon aus, dass sich der suborbitale Weltraumtourismus zunächst auf Flüge in einer Höhe von bis zu 100 Kilometer beschränken wird. Das heißt, in dieser Höhe sieht die Erde zwar gerundet aus, der Rand zwischen der Atmosphäre und dem All ist erkennbar, aber die Erde ist längst nicht zur Gänze zu sehen.
 

Das ist selbst bei einem Blick auf der ISS, die in etwa 400 Kilometer Höhe schwebt, nicht möglich. Die Weltraumtouristen dürften sich daher nicht Astronauten nennen. Denn das ist man erst nach mindestens einer Erdumrundung.

Inzwischen wartet der erste kommerzielle Weltraumflughafen Spaceport America im US-Bundesstaat New Mexico auf die Passagiere, die längst da sein sollten. Bereits 2011 wurde er für 178 Millionen Euro fertiggestellt, der Flugbetrieb sollte ursprünglich 2013 aufgenommen werden. Der britische Stararchitekt Sir Norman Foster durfte hier seine Vorstellungen eines futuristischen Bahnhofs verwirklichen. Zur Zeit dient er nur für Fotoaufnahmen oder als gottverlassene Filmkulisse. Für New Mexico entwickelt sich die kostspielige Investition langsam zum Desaster. Das wasserlose Tal, in dem der Bahnhof liegt, heißt spanisch „Jornada del Muerto“ – „Wegstrecke des Toten“. Ein schlechtes Omen?
 

Trotz der lautstarken medialen Ankündigungen, man werde bald losfliegen, werden bis zum Pauschaltourismus in den Suborbit oder gar in den Orbit noch einige Jahre vergehen. Aber fest steht: Bei der Euphorie, den finanziellen Möglichkeiten der US-Multimilliardäre und dem vorhandenen Forschergeist, wird die Zukunft der Menschen definitiv ins All führen. Oder wie es der Visionär und Mars-Fan Elon Musk sagt: „Wenn die Menschheit auf der Erde bleibt, wird sie irgendwann ausgelöscht. Eine Alternative wäre, eine raumfahrende Zivilisation und multi-planetare Spezies zu werden.“