Ann-Katrin Hahner

Das Bürgergeld hat im Jahr 2023 das frühere Arbeitslosengeld II - auch bekannt als Hartz IV - ersetzt. Doch seither steht die Leistung zunehmend unter Druck, vor allem aus den Reihen der Unionsparteien, bestehend aus CDU und CSU. Mit den anstehenden Neuwahlen im Februar 2025 gewinnt das Thema nun an zusätzlicher Brisanz. Die CDU hat bereits signalisiert, dass die Abschaffung des Bürgergeldes und die Einführung einer „Neuen Grundsicherung“ ein zentrales Projekt ihrer Agenda sein wird. Dieses wurde mit dem Wahlprogramm der Schwesterparteien noch einmal bekräftigt. Doch was plant die Union konkret, und wie könnte sich die Sozialpolitik unter einer CDU-geführten Regierung verändern?

CDU/CSU und das Bürgergeld: Union stellt in Wahlprogramm Neue Grundsicherung vor

Sollte die Union nach den anstehenden Neuwahlen – einem tagesschau.de-Bericht zufolge am 23. Februar 2025 – in Regierungsverantwortung kommen, will sie das Bürgergeld abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen. Diese soll das Prinzip „Fördern und Fordern“ beinhalten und den Zusammenhalt stärken.

Es geht CDU und CSU darum, auf Hilfe angewiesene Menschen zu unterstützen. Allerdings sollen alle, die arbeiten können, auch arbeiten, und nicht auf Kosten der Gesellschaft leben.

Der Vermittlungsvorrang soll wieder eingeführt werden. Außerdem stellt die Union klar: „Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden.“

Um die Anreize zu erhöhen, eine Arbeit aufzunehmen oder auch mehr zu arbeiten, wollen CDU und CSU die Hinzuverdienstgrenzen und die Transferentzugsraten reformieren. Außerdem gehe es darum, dass Jobcenter die Hilfeempfänger intensiv und qualifiziert unterstützen. Der Spracherwerb könne auch berufsbegleitend erfolgen, sodass die Arbeitsvermittlung nicht aufgeschoben werden müsse.

Die Mitwirkungspflichten der Grundsicherungsbezieher sollen konsequenter eingefordert und sanktioniert werden. Desweiteren werde vom ersten Tag in der Grundsicherung an eine Vermögensprüfung durchgeführt. Dabei soll das Schonvermögen von der Zahl der Arbeitsjahre abhängig gemacht werden.

Es soll vermieden werden, dass die Grundsicherung im Vergleich zu den Löhnen überproportional steigt. Ein vollständiger Datenaustausch zwischen den Sozial-, Finanz-, Sicherheits- und Ausländerbehörden soll zudem den „Sozialleistungsmissbrauch, im Inland und von im Ausland lebenden Menschen,“ beenden.

Wichtig ist der Union auch, dass die Sozialleistungen künftig „aus einer Hand“ bei den Leistungsberechtigten ankommen. So sollen Mehrfachleistungen vermieden werden.

Bei den Details bleibt es jedoch schwammig. Weder das Schonvermögen noch die Höhe der Neuen Grundsicherung sind bislang bekannt. Ob die Grundsicherung der Union höher oder niedriger als der aktuelle Bürgergeld-Regelsatz ausfallen würde, steht damit auch noch nicht fest.

Bürgergeld unter Beschuss: Wahlkampfthema der CDU

Die Union sieht in der sozialen Grundsicherung offenbar ein Schlüsselthema für die anstehenden Wahlen. Nachdem die FDP im November 2024 die Ampel-Koalition verlassen hat, führt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) derzeit eine Minderheitsregierung, die kaum handlungsfähig ist. Nach der wie vom Regierungschef geplant verlorenen Vertrauensfrage im Bundestag ist der Weg für Neuwahlen frei.

Der Wahlkampf, der bereits begonnen hat, wird von der Union aktiv genutzt, um eine stärkere Disziplinierung im Sozialstaat zu fordern. Der laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestehende Fokus auf eine restriktivere Grundsicherung signalisiert einen klaren Bruch zur Ampel-Sozialpolitik, die das Bürgergeld als Maßnahme zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und sozialer Unsicherheit sieht. Für die Union ist das Konzept jedoch unzureichend, da es die Arbeitsbereitschaft zu wenig fördert und Langzeitarbeitslosigkeit eher verstärke.

Politische Reaktionen: SPD und Grüne gegen „Neue Grundsicherung“

Das CDU-Konzept trifft allerdings schon seit Monaten auf starke Kritik seitens anderer Parteien. SPD und Grüne werfen der Union vor, arme Menschen pauschal zu stigmatisieren. Die SPD-Abgeordnete Annika Klose erklärte, das Bürgergeld sei keine „soziale Hängematte“ und fördere Qualifizierung und Weiterbildung. Auch die Grünen verurteilen das Vorgehen der Union als gesellschaftsspaltend: Grünen-Fraktionssprecher Andreas Audretsch betonte, der Sozialstaat sei essenziell für die Stabilität und Krisenresilienz Deutschlands. Die unterschiedlichen Reaktionen der Parteien wurden unter anderem auf der Website des Deutschen Bundestages veröffentlicht.

Wie mit allem Getöse vor und während eines Wahlkampfs verhält es sich aber auch mit der Abschaffung des Bürgergeldes. Ob die „Neue Grundsicherung“ nach den Wahlen tatsächlich eingeführt wird, ist unklar. Denn die Union braucht mit Sicherheit mindestens einen Koalitionspartner, der den Weg mitgehen müsste. Allerdings wird deutlich, dass die Union das Bürgergeld gezielt als Wahlkampfthema für sich erkoren hat. Für eine Wählerklientel, die sich von den bisherigen Reformen der Ampel-Koalition nicht abgeholt fühlt, könnte die „Neue Grundsicherung“ daher eine Alternative darstellen, die sie stärker in die Pflicht nimmt und gleichzeitig gezielte Unterstützung bieten soll. Ob dieses Modell die breite Zustimmung findet, die die CDU sich erhofft, bleibt jedoch abzuwarten. Bis zur Umsetzung werden sich viele Fragen klären müssen, vor allem, wie sich die neuen Regelungen konkret auf Leistungsempfänger auswirken würden.