Die Reform des Bürgergelds ist aktuell eines der zentralen Ziele der schwarz-roten Bundesregierung. Dabei sind nicht nur Verschärfungen der Sanktionen gegen sogenannte „Verweigerer“, die Eindämmung von Sozialleistungsbetrug oder Kürzungen bei den Wohnkostenzuschüssen vorgesehen – es soll darüber hinaus auch kräftig bei den Ausgaben für die Grundsicherung gespart werden. Bundeskanzler Friedrich Merz hat nun ein konkretes, ambitioniertes Einsparziel beim Bürgergeld bekannt gegeben.
Bürgergeld: Friedrich Merz will rund 5 Milliarden Euro einsparen
In einem Interview mit ProSiebenSat1 sprach Merz darüber, welches Einsparpotenzial er beim Bürgergeld sieht. „Nach wie vor bin ich davon fest überzeugt, dass sich zehn Prozent in diesem System einsparen lassen müssen“, erklärte der Bundeskanzler, der sich bereits in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt für Sparmaßnahmen beim Bürgergeld ausgesprochen hatte. Im Jahr 2024 gab der Staat laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales insgesamt 46,9 Milliarden Euro für die Sozialleistung aus, wie etwa die Tagesschau berichtete. Demnach will Merz künftig rund fünf Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
„Das ist ein Betrag, der muss möglich sein. Wenn wir uns nicht mehr trauen, in einem Transfersystem, das in die falsche Richtung läuft, zehn Prozent einzusparen, dann versagen wir vor dieser Aufgabe“, setzte der CDU-Politiker nach. Zehn Prozent weniger Ausgaben müsse „die Mindestgrößenordnung sein“, betonte er. Demnach möchte Merz idealerweise sogar einen noch höheren Anteil einsparen.
Merz sieht Entlastung beim Bürgergeld durch Rückgang illegaler Einwanderung
Eine gewisse finanzielle Entlastung verspreche sich Merz allein schon durch den Rückgang der illegalen Einwanderung, wie er im Interview erklärte. Er sprach von einer „drastischen Reduzierung der Zahl der illegalen Migranten, die nach Deutschland kommen“, welche die neue Bundesregierung bereits erreicht hätte. Tatsächlich vermeldete die Bundespolizei in den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 knapp 10.000 unerlaubte Einreisefälle weniger als im selben Zeitraum für 2024 und 2023. Diese Entwicklung dürfte entlastend auf die Ausgaben beim Bürgergeld wirken, so Merz.
Daneben komme auch das in Deutschland vorherrschende „Arbeitsmarktproblem“ in den Zahlen rund um das Bürgergeld zum Ausdruck, beklagte der Kanzler. Viele Bürgergeldempfänger würden lieber Bürgergeld beziehen statt zu arbeiten und diese selbstgewählte Dauerabhängigkeit von staatlicher Unterstützung auch an die nächste Generation weitergeben, behauptete Merz. „Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass Kinder nicht in dieser Welt groß werden, sondern dass wir sie motivieren, dass wir sie gut ausbilden, dass sie rauskommen aus dieser Dauerschleife der Arbeitslosigkeit“, forderte er. Angesichts der hohen aktuellen Arbeitslosenzahlen prognostizierte er einen weiter steigenden Reformbedarf beim Bürgergeld.
Konkrete Angaben, welche Maßnahmen die Bundesregierung künftig ergreifen will, um die angekündigten knapp fünf Milliarden Euro einzusparen, machte Merz im Interview nicht. Allerdings äußerte er sich zu den offensichtlichen Differenzen mit dem Koalitionspartner SPD, die im Bereich der staatlichen Kosten für Sozialausgaben wiederholt zutage treten.
Merz fordert anderen Sprachgebrauch vom Koalitionspartner SPD
In der laufenden Debatte um die Reform des staatlichen Sozialsystems wurden in den letzten Wochen immer wieder Streitpunkte zwischen der Union und SPD offengelegt. Zuletzt hatte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) Merz‘ Behauptung, Deutschland lebe durch die hohen Sozialausgaben über seine Verhältnisse und müsse diese Kosten dringend senken, bei der Landeskonferenz der nordrhein-westfälischen Jusos mit harschen Worten kritisiert. Wörtlich wird ihre Aussage in einem Bericht des Tagesspiegels so zitiert: „Diese Debatte gerade, dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat finanziell nicht mehr leisten können, ist – und da entschuldige ich mich jetzt schon für den Ausdruck – Bullshit.“
Dieser Kraftausdruck der Arbeitsministerin zog einen erheblichen Medienrummel nach sich. Auch im Interview mit ProSiebenSat1 kam Bas‘ kontroverse Aussage zur Sprache. Merz entgegnete, er habe darüber bereits mit der SPD-Chefin gesprochen. „Ich habe ihr auch gesagt, wir sollten das auf diesem Niveau nicht fortsetzen. Tun wir auch nicht“, erklärte er. „Das ist nicht der Sprachgebrauch, den ich für die Koalition insgesamt akzeptieren möchte.“ Dennoch schlug Merz im weiteren Verlauf des Gesprächs versöhnlichere Töne an und zeigte sich insgesamt mit der Kommunikation und bisherigen Zusammenarbeit innerhalb der Regierungskoalition zufrieden.