Maria Wendel

Das Bürgergeld ist die zentrale Grundsicherungsleistung für Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestreiten können. Es soll Betroffenen laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ garantieren. Zugleich soll es die berufliche Eingliederung und Weiterbildung fördern, um die Teilhabe am Arbeitsmarkt zu verbessern.

Doch das System steht immer wieder in der Kritik – sei es wegen politischer Debatten über Leistungsumfang und Sanktionen oder wegen bandenmäßiger Bürgergeld-Betrugsfälle, von denen die Bundesagentur für Arbeit (BA) regelmäßig berichtet. Dabei werden unter anderem Menschen nach Deutschland gelockt, um hier Bürgergeld zu beantragen. Die Leistungen landen anschließend bei den Drahtziehern. Die Fälle scheinen sich zu häufen, wie die Zahl der eingeleiteten Verfahren vermuten lässt.

Bürgergeld-Betrug: Hunderte neue Verfahren gegen kriminelle Banden

Laut neuesten Berichten verzeichnet die Bundesagentur für Arbeit weiterhin viele Verdachtsfälle auf bandenmäßigen Betrug beim Bürgergeld. Bis August wurden im Jahr 2025 bereits 293 Verfahren neu eingeleitet und 320 Verfahren erledigt, wie die Behörde laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte. Zuvor hatte die Augsburger Allgemeine berichtet. In 151 Fällen sei Strafanzeige gestellt worden. 2024 waren insgesamt 421 Fälle erfasst und 209 Strafanzeigen gestellt worden, was ein deutlicher Zuwachs zum Vorjahr war. Die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen, ordnete die BA laut dpa die aktuellen Zahlen ein.

Beim bandenmäßigen Leistungsmissbrauch würden EU-Bürger – häufig aus Osteuropa – laut einem Sprecher der Arbeitsagentur von „kriminellen Banden nach Deutschland gelockt“, meist mit falschen Versprechungen. Die Betroffenen würden zum Beispiel in minderwertigen Immobilien untergebracht, meldeten ein geringfügiges oder fingiertes Beschäftigungsverhältnis an und beantragten aufstockende Sozialleistungen. „Das Geld wird dann zum größten Teil von den Hintermännern abgeschöpft“, erläuterte der Sprecher.

Nicht immer seien die konkret Handelnden auch die Täter, wird von der BA betont. Oft seien die Menschen, die „aus dem EU-Ausland nach Deutschland gekarrt und in heruntergekommenen Wohnungen untergebracht werden“, selbst die Leidtragenden, kommentiert Berlin-Korrespondent Jonathan Lindenmaier von der Augsburger Allgemeinen.

CSU fordert hartes Durchgreifen gegen Bürgergeld-Betrüger: „Mafiösen Strukturen ein Ende setzen“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte gegenüber der Augsburger Allgemeinen: „Wir müssen den mafiösen Strukturen und der bandenmäßigen Abzocke beim Bürgergeldbezug endlich ein Ende setzen“. Vor allem Menschen aus Südosteuropa dürften nicht länger nach Deutschland gelockt werden, um über Schein- oder Minibeschäftigungen Zugang zum deutschen Sozialsystem zu erhalten. Hoffmann sagte, der Missbrauch liege vor allem daran, dass Bürger aus dem EU-Ausland einem Gerichtsurteil zufolge schon bei geringer Arbeitszeit in Deutschland Anspruch auf Bürgergeld hätten.

Die geplante Reform des Bürgergelds hatte in der Vergangenheit wiederholt zu Spannungen innerhalb der Koalition geführt. Beim Thema Betrugsbekämpfung herrscht jedoch Einigkeit zwischen Union und SPD. „Ich habe dazu vor der Plenarsitzung am Freitag auch mit dem Bundeskanzler und der Arbeitsministerin gesprochen“, erklärte Bernd Rützel (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales, gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Man sei sich darin einig: „Diesem bandenmäßigen Betrug müssen wir mit aller Härte begegnen. Denn dadurch gerät das Bürgergeld und der gesamte Sozialstaat in Verruf.“

Ein erster Entwurf für die Reform des Bürgergelds liege bereits vor, erklärte Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) laut dpa am Freitag, dem 26. September, im Bundestag während der Beratungen zum Haushalt ihres Ministeriums. Der Vorschlag sei bereits im Sommer erarbeitet worden. Gemeinsam mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe man das Thema zur „Chef- und Chefinnensache“ erklärt, so Bas. Bevor der Entwurf jedoch veröffentlicht werde, müsse innerhalb der Koalition zunächst Einigkeit erzielt werden.

Die CSU forderte unterdessen neben einem konsequenten Vorgehen gegen bandenmäßigen Betrug vor allem Maßnahmen gegen Schwarzarbeit im Zusammenhang mit Bürgergeld sowie eine engere Vermittlung zwischen Leistungsempfängern und Jobcentern – notfalls auch mit verschärften Sanktionen, betonte Hoffmann gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Aktuell können Bürgergeld-Beziehern, etwa wenn sie Termine beim Jobcenter nicht wahrnehmen, Leistungen bis maximal 30 Prozent gemindert werden, so die dpa.

Übrigens: Eine aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt, in welchen deutschen Regionen die Bürgergeldquote am höchsten ist. Demzufolge ist Gelsenkirchen die Stadt mit den meisten Bürgergeld-Empfängern. Fast jede vierte Person im erwerbsfähigen Alter bezieht hier die Sozialleistung.