Kurz nach der Versteigerung verbreiteten die Schweizer Mobilfunkanbieter Euphorie. Die Auktion der Frequenzen für den geplante neuen Standard 5G in dem Alpenland war reibungslos verlaufen, die Anbieter hatten für die 15 Jahre gültigen Konzessionen 380 Millionen Franken an den Staat überwiesen. Der kleinste der Anbieter, Salt, versicherte seinen Kunden „ab dem dritten Quartal dieses Jahres 5G-Abdeckung mit Geschwindigkeiten, Latenzzeiten und Kapazitäten der nächsten Generation bieten zu können“.
Anbieter rudern zurück
Die Nummer Zwei, Sunrise, versprach, künftig ein flächendeckendes Weltklasse-5G-Netz bereitzustellen. Und der Branchenprimus Swisscom gelobte, 5G bis Ende 2019 in 60 Orten punktuell verfügbar zu machen. Doch wenige Tage nach der Auktion rudern die Schweizer Anbieter zurück. Keine der drei Firmen will voraussagen, wann genau der Echtzeitmobilfunk landesweit verfügbar sein wird. Die Verheißungen der 5G-Welt, von Erfolgen in der Medizin bis zum selbstfahrenden Auto, rücken in die Ferne. Eine rasche Einführung von leistungsfähigen und flächendeckenden 5G-Netzen sei unter den geltenden Rahmenbedingungen praktisch nicht möglich, stellt Sunrise sogar klar. Ähnlich pessimistische Töne sind von Swisscom zu vernehmen.
Grenzen erreicht
Für das Ende der Aufbruchstimmung hatte Christian Grasser, Geschäftsführer des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation, gesorgt. Zwei Drittel aller bestehenden Mobilfunkantennen der Schweiz und weit mehr als 90 Prozent aller Anlagen in den Städten hätten die Grenzen der erlaubten Leistung erreicht, betonte er. Somit verfügten sie nicht über die Reserven, um 5G leistungsfähig einzusetzen. Die Folge: „Unter der bestehenden Regulierung ist davon auszugehen, dass die Mobilfunkanbieter über 15 000 neue Mobilfunkstandorte erstellen müssten, um eine mit 4G vergleichbare Abdeckung oder um 5G-typische Eigenschaften zu erreichen“, heißt es von Sunrise. Bis die neuen Antennen in Betrieb gehen, könnten Jahre verstreichen.
Strenge Regeln beim Strahlenschutz
Derzeit stehen in Helvetien knapp 19 000 Anlagen. Diese Einrichtungen dürfen ihre Sendeleistung nicht weiter hochfahren – die äußerst restriktiven Schweizer Regelungen zum Strahlenschutz stehen im Weg. Besonders hart kritisieren die Mobilfunkanbieter den sogenannten Anlagegrenzwert – eine Besonderheit. „Die Grenzwerte in der Schweiz sind gegenüber den meisten europäischen Ländern sowie den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation um einen Faktor 10 strenger“, heißt es bei Swisscom.
Schärfste Vorgaben weltweit
Tatsächlich gehören die eidgenössischen Regelungen zum Schutz vor Elektrosmog zu den strengsten Vorschriften weltweit, wie der Informationsdienst emf-info festhält. Doch nicht nur die scharfen Regeln bremsen den Aufbau eines 5G-Netzes in der Schweiz. Auch das bergige Terrain sowie die langwierigen Genehmigungsverfahren machen den Anbietern zu schaffen. Und auch viele Bürger leisten Widerstand. „Rund ein Drittel unserer Mobilfunkantennen-Baugesuche, Neubauten und Umbauten, werden mit Einsprachen belegt“, lässt die Swisscom wissen.