„Wir werden in Zukunft länger arbeiten müssen“: Dieses Mantra hört man regelmäßig von Ökonomen wie den fünf Wirtschaftsweisen oder zuletzt auch von der Bundesbank, die eine Erhöhung des Rentenalters auf 69 Jahre forderte. Dabei sieht die Stimmungslage in vielen Betrieben anders aus. Ein Großteil der Belegschaft träumt davon, vor dem regulären Renteneintrittsalter, das derzeit bei 67 Jahren liegt, in Rente zu gehen.
Laut einer Studie der Bergischen Universität Wuppertal unter den geburtenstarken Jahrgängen der sogenannten Babyboomer-Generation will nicht einmal jeder Zehnte bis zur regulären Altersgrenze arbeiten. 30 Prozent der Befragten wollen schon mit 60 Jahren in Rente gehen. 26 Prozent ziehen einen Ausstieg aus dem Erwerbsleben mit 63 Jahren vor. Wir stellen ihnen vier Möglichkeiten der Frührente vor.

- Erwerbsminderungsrente: Dieses Modell kommt für Arbeitnehmer in Frage, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig sind. Vor der Genehmigung der Erwerbsminderungsrente wird grundsätzlich geprüft, ob nach einer medizinischen Rehabilitation zumindest die Arbeit in Teilzeit oder in einem anderen Beruf möglich ist. Die Erwerbsminderungsrente erhalten Arbeitnehmer, die wegen Krankheit weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Wer noch mindestens drei, aber nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten kann, erhält eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Eine weitere Bedingung für die Auszahlung der Erwerbsminderungsrente ist, dass man mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Einfach ist die Erwerbsminderungsrente nicht zu bekommen: Fast jeder zweite Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente wird abgelehnt. Allerdings kann man gegen die Ablehnung Einspruch einlegen. Im Durchschnitt beträgt die Erwerbsminderungsrente 716 Euro.

- Rente mit Abschlägen: Wer 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, gilt als langjährig Versicherter. Ihnen bietet die Rentenversicherung die Möglichkeit, vor dem regulären Renteneintrittsalter in Rente zu gehen. Allerdings werden für jeden Monat, den man vorzeitig in Rente geht, 0,3 Prozent von der Rente abgezogen. Wer also ein Jahr früher in Rente geht, muss mit Abschlägen von 3,6 Prozent rechnen; wer zwei Jahre früher in Rente geht, muss auf 7,2 Prozent seiner Rente verzichten. Hinzu kommt ein zweiter Aspekt, der die Rente mindert. Neben der Reduzierung der Rentenhöhe durch Abschläge ist auch zu beachten, dass durch die Frührente auch weniger Rentenpunkte gesammelt werden können. Gehen Sie also zwei Jahre früher in Rente, fehlen Ihnen neben den Abschlägen auch zwei Jahre in Ihrem Rentenkonto. Diese Form der Frührente kann frühestens mit 63 in Anspruch genommen werden. Die Abschläge lassen sich übrigens durch freiwillige Einzahlungen ins Rentensystem ausgleichen.

- Rente mit 63: Die Altersrente für besonders langjährige Versicherte („Rente mit 63“) wurde 2012 von der großen Koalition auf Initiative der SPD eingeführt. Bedingung für die Rente mit 63 ist eine Mindestversicherungszeit von 45 Jahren. Ist diese Bedingung erfüllt, erhält man die Rente ohne Abschläge. Für Jahrgänge ab 1958 verschiebt sich das Renteneintrittsalter nach diesem Modell schrittweise auf 64 beziehungsweise 65 Jahre (ab Jahrgang 1964). Von der Rente mit 63 profitieren vor allem Arbeitnehmer, die schon in jungen Jahren ins Berufsleben eingestiegen sind und Jahrzehnte lang ins Rentensystem eingezahlt haben, während Akademiker niemals in den Genuss der Rente mit 63 kommen werden. Auch Kindererziehungszeiten fließen in die Berechnung ein.

- Lebensarbeitszeitkonten: Ein besonders attraktives Modell der Frührente sind Lebensarbeitszeitkonten. Dabei sparen Arbeitnehmer Überstunden, Urlaubstage, Leistungsprämien oder das Weihnachtsgeld auf einem verzinsten und gegen Insolvenz geschützten Konto an, um ein, zwei oder sogar drei Jahre früher in Rente zu gehen. Während der Freistellungsphase wird der Frührentner aus seinem Lebensarbeitszeitkonto bezahlt und bleibt weiterhin über sein Unternehmen sozialversichert bis er in die reguläre Rente eintritt. Allerdings bieten nur fünf Prozent aller Unternehmen Lebensarbeitszeitkonten. Eines davon ist der Sanitärkonzern Geberit, der am Standort Pfullendorf 1500 Mitarbeiter beschäftigt. In dem Drei-Schicht-Betrieb im Linzgau können vor allem Produktionsmitarbeiter mit regelmäßigen Schichtzulagen viel Arbeitszeit auf ihrem Konto ansparen und so schon mit 62 Jahren in den Genuss einer Frührente kommen. Die Regelung bei Geberit orientiert sich am Tarifvertrag der Chemischen Industrie.