Es ist ein Thema, das Artur Behringer eigentlich schon längst abgeschlossen hat. Aber es lässt ihn nicht los: 2012 hat der heute 71-jährige Unternehmer seinen Kleinbetrieb verkauft.
32 Jahre lang hat er das kleine Autohaus mit der Tankstelle und der Waschanlage in Geisingen gemeinsam mit seiner Frau Gisela geleitet. „Wenn man dazu bereit ist, 60 Stunden und sieben Tage die Woche dafür zu schuften, kann das eine Goldgrube sein. Wenn man das nicht möchte, ist es aber nicht schaffbar“, sagt er. „Wir haben für drei gearbeitet und alles dafür gegeben, Schulden abzubezahlen und den Betrieb am Laufen zu halten.“
So wie ihm gehe es vielen Unternehmern. Die Hürden sind vor allem Bürokratie und hohe Beiträge an Versicherungen, Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie die Steuern an den Staat.
„Bei manchen Regelungen muss man sich wirklich an den Kopf fassen“
In Deutschland gibt es laut Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft noch knapp 3,5 Millionen Kleinbetriebe. Zählt man Landwirtschaft und Freiberufler dazu, seien es immerhin noch etwa 3,7 Millionen. „Die Zahlen sind allerdings seit Jahren rückläufig“, sagt Röhl.
Auch die Neugründungen sind weniger geworden. Laut dem Experten hat das auch mit der guten Lage am Arbeitsmarkt zu tun. Während früher die Gründung eines Kleinbetriebs auch aus der Not heraus geschah, ist das heute nicht mehr nötig, so Röhl. Doch auch der hohe bürokratische Aufwand ist ein Aspekt, den er öfters zu hören bekommt. „Bei manchen Regelungen muss man sich wirklich an den Kopf fassen“, sagt er.
Als Beispiel nennt er die Regelung der Arbeitszeit während der Ernte eines Winzers. „Früher konnte für die erntebedingten Überstunden eine Ausnahmegenehmigung für die Erntehelfer eingeholt werden. Heute muss diese Genehmigung für jeden Arbeiter einzeln eingeholt werden.“ Für Röhl ist es klar, dass so zusätzliche Belastungen für den Kleinbetrieb entstehen.
Auf finanzieller Seite ist die Belastung ähnlich hoch. Artur Behringer hat allein für Eichamt, Handwerkskammer, IHK, Innung und Berufsgenossenschaft über 3400 Euro im Geschäftsjahr 2010/11 bezahlt.
Hinzu kam ein fünfstelliger Betrag für die Versicherungen des kleinen Autohauses. „Am Ende kamen wir gerade so bei null raus“, sagt Behringer. „Ohne die Tankstelle und die Waschanlage wäre schon lange Schluss gewesen.“ Gisela Behringer habe sogar 1999 ein kleines Kosmetikstudio eröffnet – neben ihrer Arbeit im Autohaus. „Ich weiß gar nicht, wie ich das alles geschafft habe. Heute könnte ich das nicht mehr“, sagt sie.
Weitergabe an Kinder kommt nicht in Frage
Die erste große Kostensteigerung kam für den Kleinbetrieb in den 90er-Jahren mit der Digitalisierung. Computer wurden angeschafft, die passenden Programme gekauft und Fortbildungen gemacht. Natürlich musste das Unternehmen mit dem Fortschritt der Technik Schritt halten.
Mit den zusätzlichen Einnahmen durch die Tankstelle und die Waschanlage sei es ihnen auch gelungen, würdevoll das Alter zu genießen. „Eine Weitergabe des Geschäfts an unsere Kinder kam nicht in Frage. Die haben heute tolle Berufe, mit denen es ihnen besser geht als uns damals“, sagt er. Hinzu kämen praktische Probleme: „Eine Ausbildung anzubieten, ist ebenfalls mit Kosten verbunden.“
Aber was bräuchten die Kleinbetriebe, um überlebensfähig zu bleiben? „Es müssen Ausnahmen geschaffen werden“, meint Röhl. „Wenn wir die Untergrenze für Beiträge und bürokratische Vorgänge anheben, ist vielen Betrieben schon geholfen“, sagt der Experte.