Montagabend, 20 Uhr. Holger Laser, Stadionsprecher des VfB Stuttgart, verkündet die Aufstellung der Schwaben zum ersten Spiel in der 2. Bundesliga gegen den FC St. Pauli. Den Spieler mit der Rückennummer 10 nennt er nicht: Alexandru Maxim sitz überraschend nur auf der Reservebank – mit versteinerter Miene. An seiner Stelle spielt das 18-jährige Talent Berkay Özcan. „Natürlich war ich sehr enttäuscht, dass ich zunächst auf der Bank gesessen bin“, sagt der 26-jährige Rumäne nach dem Spiel, das ein besonderes werden sollte.

Für den VfB, klar. Die Schwaben müssen zum ersten Mal seit über 40 Jahren im Unterhaus antreten. Auch für Maxim, der vom frustrierten Bankdrücker zum Mann des Spiels aufsteigen sollte.

Maxim ist vor dreieinhalb Jahren als Hoffnungsträger für die kreative Schlüsselposition hinter den Spitzen an den Neckar gekommen. Geprägt hat ihn nach Jugendjahren in der Heimat vor allem der spanische Fußball, im Alter von 16 Jahren ist er zu Espanyol Barcelona gewechselt, dem kleineren der beiden Clubs aus der katalanischen Stadt.

Der Name sei Programm, kommentieren damals die Experten. Maxim stehe nicht nur sprachlich für das Höchste, wie sein Name aus dem Rumänischen übersetzt wird. Der nur 1,77 Meter kleine rumänische Nationalspieler soll sportlich ein ganz Großer werden beim VfB, in die Fußstapfen von Krasimir Balako oder Aleksandr Hleb treten.

Dass ihn Stuttgarts neuer Trainer Jos Luhukay beim Saisonauftakt zunächst nicht berücksichtigt, ist für Maxim ein neuerlicher Rückschlag. „Es war ziemlich schwierig für mich, diese Entscheidung zu akzeptieren“, gibt er nach dem Spiel zu. Dabei hätte schon die erste Hälfte des Jahres 2016 nicht schlechter laufen können: In der Rückrunde der Abstiegssaison spielt Maxim nur dreimal über 90 Minuten, der Tiefpunkt ist die ausbleibende Nominierung für die EM in Frankreich.

Luhukay ist bereits der siebte Trainer, der am einstigen Supertalent zu verzweifeln droht. Angesprochen auf die unerwartete Ausbootung sagt der Niederländer: „Ich stelle so auf, wie es für die Mannschaft richtig ist. Jeder weiß, dass ich nicht nach dem Status schaue.“ Das endgültige Aus also für den Rumänen, der nach dem Abgang von Daniel Didavi so sehr auf eine tragende Rolle hofft? Eilig schiebt Luhukay deshalb nach: „Qualität setzt sich letztlich immer durch, so wird das hoffentlich auch bei Alex sein.“

Hoffnung, ein Wort das im Zusammenhang mit Maxim häufig fällt. Fast genauso häufig fällt das Wort Enttäuschung. Das Versperchen, ein ganz Großer zu werden, scheint Maxim nicht halten zu können. In seiner ersten kompletten Saison bei den Schwaben übertrifft er zunächst alle Erwartungen: Sieben Tore und zwölf Vorbereitungen haben europaweit aufhorchen lassen. Eine Leistung, die er bis heute nicht mehr wiederholen konnte.

In Stuttgart verdrehen sie – angesprochen auf den Rumänen – wahlweise die Augen oder zucken mitleidig mit den Schultern: Von verschwenderischem Talent ist die Rede, vom mangelnden letzten Biss, gar von fehlender Professionalität, die ihm den ganz großen Durchbruch verwehren.

Insofern straft Maxim gegen St. Pauli all seine Kritiker Lügen. In fünf Worten fasst es der Hamburger Trainer Ewald Lienen zusammen: „Maxim hat den Unterschied ausgemacht.“ Statt frustriert über den Platz zu trotten, sorgt er nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit für den entscheidenden Schwung. Den Ausgleich zum 1:1 erzielt er selbst, das späte Siegtor durch Kapitän Gentner leitet er ein. Vom Bankdrücker zum Mann des Tages binnen 45 Minuten.

Maxim muss nun – auch Trainer Luhukay – beweisen: Ich kann doch noch ein Großer werden. Und wenn es erst einmal nur in der 2. Liga ist.