Groß war in Südafrika die Hoffnung, als im Februar der einstige Gewerkschaftsführer und spätere Geschäftsmann Cyril Ramaphosa die desaströse Amtszeit seines korrupten Vorgängers Jacob Zuma vorzeitig beenden konnte. Viele Beobachter verklärten den Machtwechsel schnell zum Allheilmittel für die vielen von Zuma geschlagenen Wunden: Transparenz, Ehrlichkeit, Arbeitsplätze – alles sollte Ramaphosa als Hoffnungsträger dem gebeutelten Land bringen.
Begeisterung weitgehend verpufft
Fast sechs Monate später ist die damals auch „Ramaphoria“ genannte Begeisterung weitgehend verpufft. Symptomatisch für die Ernüchterung steht die Landeswährung Rand, die einen Großteil der unter Ramaphosa zunächst verzeichneten Gewinne inzwischen wieder verloren hat. Zwar hat Ramaphosa damit begonnen, den von seinem Vorgänger hinterlassenen Augiasstall ein wenig auszumisten, und hat dazu eine Reihe korrupter Minister entlassen. Zeitgleich hat er jedoch viele ambivalente Signale gegeben, die Zweifel an dem versprochenen Neubeginn wecken.
Als verheerend hat sich vor allem die vom Präsidenten neu angestoßene Debatte über die Landumverteilung von weißen an schwarze Südafrikaner erwiesen – ohne die bislang von der Verfassung vorgeschriebenen Entschädigungszahlungen. Unter Anlegern schüren die Pläne große Verunsicherung, zumal die Rahmenbedingungen der geplanten Enteignung völlig offen sind.
Debatte über die Landumverteilung
Vor dem Hintergrund der Vertreibung fast aller weißen Großfarmer im benachbarten Simbabwe und des damit verbundenen Kollapses der dortigen Wirtschaft ist diese Entscheidung ein verhängnisvoller Fehler. Denn moderne Volkswirtschaften fußen auf Eigentumsrechten, die, wie es scheint, nun auch in Südafrika akut gefährdet sind.
Vieles deutet darauf hin, dass auch unter Ramaphosa die (ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Realitäten forcierten) rassischen Quotenregelungen unvermindert weiter gelten – mit gravierenden Folgen für die wirtschaftsstarken Minderheiten. Das inzwischen fast schon besessene Streben der Regierungspartei African National Congress (ANC) nach einem künstlichen Rassenproporz hat alle staatlichen Institutionen und Konzerne womöglich dauerhaft geschwächt – von der Polizei über die Steuerbehörde bis zu den staatlichen Monopolisten wie dem quasi bankrotten Stromerzeuger Eskom.
Statt eines Unternehmertums, das auf Leistung und Verdienst gründet, hat die Politik des ANC seit dem Ende der Apartheid eine Kaste mehrheitlich unproduktiver, aber reicher „Kumpel-Kapitalisten“ geschaffen, die fast nur aus ANC-Politikern besteht, darunter auch der neue Präsident.
Wohin das führen kann, zeigt beispielhaft der Stromkonzern Eskom, der über 90 Prozent der Elektrizität am Kap liefert. Hierhin hat die Regierung viele ausgediente und oft korrupte Parteimitglieder entsorgt und gleichzeitig viele weiße Techniker entlassen. Eskom ist darüber zum größten Risiko für die Wirtschaft geworden: Über die vergangenen zehn Jahre ist die Belegschaft um fast 50 Prozent und der Strompreis um über 350 Prozent gestiegen, obwohl das Land heute weniger Elektrizität produziert als 2008. Dass Südafrika zurzeit dennoch ausreichend Strom hat, liegt allein daran, dass das Wirtschaftswachstum auf rund 1 Prozent abgestürzt ist und die Stromnachfrage seit langem stagniert.
Sollten sich die mit dem ANC verbündeten Gewerkschaften mit ihren aberwitzigen Gehaltsforderungen erneut durchsetzen, könnte Eskom mit seiner Schuldenlast von 23 Milliarden Euro schon bald zur unmittelbaren Gefahr für die Volkswirtschaft werden. Eine Kapitulation vor den Gewerkschaften würde politische Schwäche signalisieren und den Gegnern des neuen Präsidenten Oberwasser geben. Gleichzeitig würden dringend notwendige Reformen – wie etwa der Schuldenabbau oder der Personalabbau im aufgeblähten Staatsapparat – frühzeitig versanden.