Frau Maclaran, die Krönung findet in wenigen Tagen statt. Welche Szene könnten Ihrer Meinung nach besonders beeindrucken?
Besonders spektakulär wird sicherlich die Ankunft von Charles III. und Königin Camilla in der Westminster Abbey sein. Schließlich erreicht das Paar die Kathedrale in einer Kutsche, und die Zeremonie gehört zweifellos zu den wichtigsten Ritualen der britischen Monarchie. Die Abtei ist überdies eine perfekte Kulisse für dieses Ereignis.
Welche Assoziationen werden dabei wachgerufen?
Die Bilder werden viele Menschen an Geschichten aus ihrer Kindheit erinnern, an Märchen wie Cinderella oder Dornröschen. Die Zeremonie selbst gleicht dabei einem öffentlichen Theaterstück, und weil so viele Politiker und Würdenträger dabei sein werden, ist sie natürlich auch eine Art Promi-Parade.
Viele Briten werden an diesem Tag mit Stolz erfüllt sein auf die lange Geschichte des Königreiches, die damit verbundenen Rituale und darauf, dass Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt diesem historischen Ereignis folgen werden, sei es im Fernsehen oder online.
Anders als Cinderella und ihr Prinz sind Camilla und Charles schon über 70 Jahre alt. Können sie wirklich dennoch solch einen Zauber verbreiten?
Sicherlich wird die Krönung von Camilla und Charles andere Gefühle bei den Menschen hervorrufen als etwa jene von Königin Elizabeth II. vor fast 70 Jahren. Und es wäre vielleicht auch falsch, diese beiden Ereignisse zu vergleichen.
Die Queen war damals gerade einmal 27 Jahre alt und eine junge Frau. König Charles und Königin Camilla kommen da selbstverständlich etwas anders rüber. Aber ich denke, sie werden durch die feierliche Krönungszeremonie mit all den Ritualen und dem Pomp und Prunk dennoch das Mysterium heraufbeschwören, welches die Monarchie üblicherweise umgibt.
Welche Rolle spielen denn die jungen Royals in diesem Zusammenhang?
Sie werden natürlich ebenfalls viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, allen voran natürlich William und Catherine. Die Prinzessin von Wales wird sicherlich einen gewissen Glamour versprühen, obwohl sie von ihrem Naturell her eigentlich eine zurückgenommene Person ist. Es wird immer wieder darüber gesprochen, dass die königliche Familie durch die vielen internen Streitigkeiten ihren Zauber verliere. Die Rituale bei der Krönung können helfen, diese Magie wiederherzustellen.
Wenn wir gerade von den jungen Royals sprechen. Prinz Harry hat angekündigt, bei den Feierlichkeiten dabei zu sein, allerdings ohne Herzogin Meghan. Was halten Sie davon?
Ich halte diese Entscheidung für eine hervorragende Lösung, für alle Seiten. Denn wäre sie mitgekommen, hätte das Paar deutlich mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Meghan hätte riskiert, von den Medien attackiert zu werden. Womöglich wäre sie sogar ausgebuht worden. Harry allein bietet da hingegen deutlich weniger Angriffsfläche.
Ich denke, dass die Royals versuchen werden, ihm nicht feindselig zu begegnen. Harry wird sich bei seinem Besuch in London wohl sehr bedeckt halten und keine offizielle Rolle übernehmen. Es wird ein kurzer Trip nach Großbritannien, schätze ich.
Das Krönungswochenende dauert aber ja tatsächlich drei Tage.
Ja, ich würde da buchstäblich von einem Krönungspaket sprechen, das verschiedene Teile der Bevölkerung ansprechen soll. Der erste Tag, jener der Krönungszeremonie, symbolisiert durch die Rituale, durch den Pomp und Prunk die Beständigkeit und Langlebigkeit der Monarchie. Es geht also insbesondere um Traditionen und das historische Erbe. Der Glamour und die Pracht sollen Britinnen und Briten daran erinnern, was sie vermissen würden, wenn es die Royals nicht mehr gäbe.
Und der zweite Tag?
Der zweite Tag, der mit einem Konzert endet, ist jener der Straßenpartys. Dann kommen speziell in London, aber auch im Rest des Landes Bürgerinnen und Bürger zusammen, um gemeinsam zu feiern. Dieser Teil der Krönung spricht auch jene Menschen an, die eigentlich keinen Bezug zur Monarchie, aber gerne Spaß haben.
Das Bindeglied bleibt dabei jedoch immer die königliche Familie, selbst dann, wenn sich sicherlich wieder einige lustig über die Royals machen werden, zum Beispiel, indem sie Masken mit ihrem Antlitz tragen. Während die Krönung also ein sehr exklusives Ereignis ist, bei dem die Öffentlichkeit nicht wirklich einbezogen wird, ist der Sonntag ein Tag, an dem alle zusammenkommen können. Es ist eine sehr inklusive Art zu feiern.
Und dann ist da ja noch das Konzert am Abend.
Das Konzert auf Windsor Castle symbolisiert unter anderem den Wunsch, vielfältig zu sein. So sollen dem Krönungschor Mitglieder zahlreicher besonderer Chöre angehören – etwa von Geflüchteten, Mitgliedern der LGBTQ-Gemeinde oder Hörbehinderte.
Für sein Krönungskonzert soll König Charles eine Wunschliste seiner Lieblingssängerinnen und -sänger angefertigt haben. Doch die Hochkaräter, denen er auf Schloss Windsor gerne gelauscht hätte, sagten reihenweise ab. Was war da los?
Es kursieren in der Tat eine Menge Gerüchte zu dem Konzert. Aber Tatsache ist, dass viele der großen Künstler, die der Palast angefragt hat, bereits ausgebucht waren. Es geht also nicht darum, dass sich diese geweigert hätten, sondern um die Umstände der Planung. Viele Musiker werden Monate, wenn nicht Jahre im Voraus engagiert. Das war im Fall des Krönungskonzertes aus nachvollziehbaren Gründen natürlich nicht möglich.
Und was macht den dritten Tag besonders?
Der Montag wird ein zusätzlicher Feiertag sein. Ich halte speziell diesen Tag für besonders interessant, weil er der Wohltätigkeit gewidmet ist. Über eine App können sich Interessierte Projekte suchen. Damit spricht er insbesondere die Generation Z an, also junge Menschen, die zwischen 1995 und dem Jahr 2010 geboren wurden. Diese Generation steht der Monarchie eher ablehnend gegenüber, ist gleichzeitig aber sehr daran interessiert, sich für die Gemeinschaft oder auch die Umwelt einzusetzen.
Der Tag bietet also eine weitere Möglichkeit, die Bedeutung und Relevanz des Königshauses für die Gesellschaft zu betonen, allerdings auf indirektem Wege. Wie erfolgreich dieser Ansatz sein wird, muss sich allerdings noch zeigen.
Wie steht es denn um die Zukunft der Monarchie? Endet nach der Krönung die Honeymoon-Phase für den König?
Sicherlich werden die Menschen zunächst durch die Krönung an die Pracht und die kulturelle Bedeutung der Monarchie erinnert. Dieser Effekt hält wahrscheinlich eine Weile an, vielleicht ein paar Monate. Danach wird es aber wohl ein Tief geben. Schließlich gibt es eine wachsende republikanische Bewegung auf der Insel.
Organisationen wie „Republic“, die immer mehr Zulauf haben, plädieren für ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt und haben für den Tag der Krönung Demonstrationen angekündigt.
Mit welchen Problemen sieht sich die Monarchie in Großbritannien denn außerdem konfrontiert?
Der Staatenbund des Commonwealth stellt das Königshaus vor große Herausforderungen. Schließlich setzen sich die 56 Nationen, von denen 15 Charles III. als Staatsoberhaupt anerkennen, zunehmend kritisch mit der kolonialen Geschichte auseinander – und ihren Folgen.
Ein anschauliches Beispiel dafür war die Karibik-Tournee von William und Catherine nach Belize, Jamaika und auf die Bahamas im vergangenen Jahr. Das Paar wollte damals eigentlich die Beziehungen zum Commonwealth stärken. Stattdessen sahen sie sich mit verschiedenen Protesten konfrontiert und mit Forderungen nach Entschädigungen für die Sklaverei.
Und dann sind da noch die familiären Probleme.
Ja, eine Versöhnung zwischen Prinz Harry und dem Rest der Familie scheint aktuell nur schwer vorstellbar, auch weil unklar ist, was die Sussexes, wie der offizielle Titel des Paares lautet, als Nächstes planen. So ist etwa die Rede davon, dass Herzogin Meghan ebenfalls eine Autobiografie veröffentlichen will. Das sind ziemlich chaotische Zustände.
Hinzu kommen die Probleme im Vereinigten Königreich selbst. Schließlich ist die Monarchie in vielen Teilen des Landes umstritten, speziell in Nordirland und Schottland. Damit sind für Charles tatsächlich viele Wolken am Horizont sichtbar.