Das Land Niedersachsen hat wegen der weiterhin angespannten Hochwasserlage die Bundeswehr um Unterstützung gebeten. Es sei ein Amtshilfeersuchen eingegangen, sagte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Streitkräfte am Freitagnachmittag. Landesinnenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach am Morgen im Deutschlandfunk von einer „sehr, sehr angespannten Lage“.

Den Bundeswehr-Angaben zufolge wurden sechs Hubschrauber in Bereitschaft versetzt. Der Sprecher bestätigte damit einen Bericht des „Spiegel“. Als mögliche Einsatzräume nannte er vor allem das Gebiet um Oldenburg sowie die Region nördlich von Hannover. „In erster Linie geht es um die Sicherung von Deichen“, sagte der Sprecher. Möglich seien aber auch Personal- und Materialtransporte sowie wenn nötig auch Evakuierungen gefährdeter Menschen.

Helikopter sollten zur Not Textilbehälter abwerfen

Im „Spiegel“ hieß es, wenn Deiche aufgeweicht seien oder gar brechen, sollten die Helikopter Textilbehälter abwerfen, die mit Baumaterial gefüllt sind. So sollten die Deiche stabilisiert und der Wasserfluss gebremst werden. Vielerorts seien diese bereits durch die Wassermassen so stark aufgeweicht, dass Helfer sie mit Fahrzeugen nicht mehr erreichen können.

Ein Fahrzeug vom THW sowie der Feuerwehr fahren auf einer teilweise überfluteten Straße unweit der Aller in Niedersachsen.
Ein Fahrzeug vom THW sowie der Feuerwehr fahren auf einer teilweise überfluteten Straße unweit der Aller in Niedersachsen. | Bild: Philipp Schulze, dpa

„Nach wie vor müssen wir in Niedersachsen von einer landesweiten Hochwasserlage sprechen“, erklärte Behrens. Allerdings habe sich der Schwerpunkt vom Südosten des Landes in den Norden verschoben. Dort sei die Lage „durch aufgeweichte Deiche nach wie vor ausgesprochen kritisch und kann sich jederzeit weiter verschärfen“, warnte die Ministerin.

„In den kommenden Stunden und Tagen könnten auch Hubschrauber der Bundespolizei und der Bundeswehr zum Einsatz kommen, wenn die Lage vor Ort es erfordert“, bestätigte auch Behrens den möglichen Einsatz der Streitkräfte. Bund, Land und Kommunen stünden dazu „in einem ständigen Austausch und können bei Bedarf schnell reagieren“. Insgesamt seien bereits rund 100.000 Kräfte im Einsatz, unter anderem von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW).

Viele Hochwasser auch in anderen Bundesländern

Nach starken Regenfällen und teilweise auch aufgrund von Schneeschmelze im Harz führen viele Flüsse in Deutschland derzeit Hochwasser – nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in weiteren Bundesländern. Neue Regenfälle könnten zudem die Lage erneut verschärfen.

Im niedersächsischen Lilienthal verbot die Stadtverwaltung mithilfe einer Allgemeinverfügung das Abbrennen von Feuerwerk an Silvester und Neujahr, um die Einsatzkräfte nicht noch durch zusätzliche Einsätzen zu belasten. In dem im niedersächsischen Landkreis Celle gelegenen Ort Flotwedel war die Lage laut Feuerwehr ebenfalls „weiter kritisch“, Bewohner einzelner Straßen seien evakuiert und mobile Deichanlagen aufgebaut worden.

Die Staumauer vom Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden im Landkreis Northeim in Niedersachsen.
Die Staumauer vom Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden im Landkreis Northeim in Niedersachsen. | Bild: Michael Matthey, dpa

In Meppen im Emsland wurden in der Nacht ebenfalls Deiche verstärkt: Rund 400 Einsatzkräfte errichteten dort mobile Deiche. In Oldenburg meldete die Feuerwehr „einen leichten Abfall der Pegelstände“. Im Hattener Stadtteil Sandkrug im Landkreis Oldenburg wurde zum Deichschutz ein Einsatz von Bundeswehr-Hubschraubern vorbereitet.

Kanu mit zwei Personen vermisst

Ein mit zwei Menschen vermisstes Kanu meldete die Polizei Hannover. Dies sei im Hochwassergebiet des Flusses Leine entdeckt, dann aber nicht mehr gesehen worden. Die Feuerwehr leitete Suchmaßnahmen an, welche allerdings erfolglos blieben.

In Dresden erreichte der Wasserstand der Elbe in der Nacht zum Freitag mit 5,95 Meter einen Höchststand und ging seither leicht zurück. Am Nachmittag erreichte die Scheitelwelle Torgau, eine kritische Lage wurde aber an der Elbe in Sachsen zunächst nicht mehr erwartet. Dafür dürften weiter flussabwärts die Pegel noch ansteigen. In Magdeburg in Sachsen-Anhalt war bereits am Donnerstag erstmals seit dem Jahrhundertflut 2013 das Pretziener Wehr geöffnet worden, um die Stadt von dem Hochwasser der Elbe zu entlasten.

In Nordrhein-Westfalen entspannte sich die Lage etwas, allerdings laut Umweltministerium „auf hohem Niveau“. Fast die Hälfte der Pegel bewegten sich demnach immer noch im Bereich der Warnstufen. Sehr hohe Pegel wurden weiterhin an der Weser in Ostwestfalen gemessen. Zudem waren auch hier neue Regenfälle vorhergesagt. (AFP)