Frau Gröschel, der Tatort am Sonntag behandelt ein brisantes gesellschaftliches Thema: Gewalt gegen Rettungskräfte. War Ihnen bewusst, dass es so etwas gibt?
Nein, in dem Ausmaß nicht. Ich fand es sehr interessant, als ich erfahren habe, dass das nicht komplett ausgedacht, sondern tatsächlich so schlimm ist. Das war mir neu.
Ist es nicht schockierend, dass Menschen, die anderen helfen, auf diese Art angegangen werden?
Warum jemand auf Rettungskräfte losgeht, ist mir schleierhaft. Wenn einem etwas passiert, dann ist doch jeder froh, wenn jemand kommt und hilft.
Ihr Chef im Film sagt: „Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei – wir sind doch inzwischen Blitzableiter für jedweden Frust.“
Mir scheint, dass manche Leute ein Ventil suchen, wo sie Druck ablassen können. Und die, die auf diese Menschen treffen, sind als vermeintliche Staatsdiener oft die ersten, die es trifft.
Die Anspielungen auf die Corona-Pandemie sind im Tatort deutlich. Unwillkürlich zuckt man als Zuschauer zusammen, wenn Ihr Kollege heftig in die Akten niest, bevor er sie Ihnen übergibt. Wie schwierig war es denn, unter Corona-Bedingungen zu drehen?
Inhaltlich war es tatsächlich eine Herausforderung. Wir haben im März begonnen zu drehen, als die Pandemie noch ganz am Anfang stand. Natürlich stellte sich uns die Frage: Wie gehen wir damit um? Fahren wir voll auf der Pandemie-Schiene und überspitzen das Ganze? Oder behandeln wir es so, wie es ins Drehbuch geschrieben war, nämlich als Grippe-Welle? Wir haben uns für die zweite Variante entschieden.

Wie waren Ihre Dreharbeiten?
Die waren natürlich auch eine Herausforderung und sehr ungewohnt: alle mit Masken und alle mit Abstand. Ständig die Corona-Tests. Aber letzten Endes war es machbar, wir haben es gut hinbekommen.
Der Dreh war ja unterbrochen worden. Und dann wurde im Juni – mit den dicken Winter-Klamotten – zu Ende gedreht.
Stimmt. (lacht)
Eine schweißtreibende Angelegenheit?
Ja, aber auch ganz witzig, denn, wenn man genau darauf achtet, sieht man auch die Unterschiede in der Vegetation. Aber durch Color-Grading ist auch das noch einigermaßen gut vertuscht worden. Aber ja: Ich war über jeden Tag froh, an dem ich nur den dünnen Mantel tragen musste. (lacht)
Weil Ihre Kollegin Karin Gorniak gesundheitlich angeschlagen ist, übernimmt Ihre Figur die Verantwortung für die Ermittlungen. Das bringt Leonie Winkler aber an die Grenze ihrer Belastbarkeit.
Ich glaube, Leos Problem ist es immer wieder, dass sie ihre Grenzen nicht wahrt und nicht darauf achtet, dass sie sich um sich selbst kümmern muss. Sie ist so von ihrem Leistungsgedanken und ihrem Perfektionismus getrieben.
Können Sie besser auf sich aufpassen?
Auch ich habe meine Grenzen nie erkannt und bin immer darüber hinausgegangen. Ich habe aber über die Jahre gelernt, ganz massiv zu sagen: Wenn du an die Grenze kommst, ist es das Wichtigste, dich um dein Wohlbefinden zu kümmern. Es gab ein Jahr, in dem ich zehn Filme gedreht habe. Dabei bin ich weit über meine Grenzen gegangen und das möchte ich einfach nicht mehr.

Da ist der Tatort mit zwei Filmen pro Jahr sicher ein schönes Ruhekissen?
Erstaunlicherweise ja. Als ich die Rolle damals angenommen habe, kam ich aus diesem kompletten Frei-Sein. Ich war geradezu irritiert, dass ich 2018 schon wusste, was 2019 alles auf dem Plan steht. Inzwischen weiß ich das sehr zu schätzen. Und: Es bringt immer auch die Verbindung zu Dresden, meiner Heimatstadt.
Fungieren Sie und Ihr Kollege Martin Brambach aufgrund Ihrer Ortskenntnis auch manchmal als Location Scout?
Nee, nee. (lacht) Gar nicht. Ich glaube, Martin kennt sich in Dresden noch weniger aus als ich. Nein, dafür gibt es Leute, die das hauptberuflich machen. Ich bin selbst immer wieder ganz überrascht, was für Ecken gefunden werden. Ich lerne meine Stadt ganz neu kennen. Aber es ist doch ein fiktives Dresden, das wir da erzählen, ein Fernseh-Dresden und nicht das echte.