Herr Koeberlin, „Charité“ erzählt sehr packend die Geschichte der seit 300 Jahren bestehenden Berliner Klinik. Die Filmkulissen wirken beeindruckend authentisch. Wie war es für Sie als Schauspieler, in diese Zeit rund um das Dreikaiserjahr 1888 einzutauchen?
Die Dreharbeiten waren ein ganz besonderes Erlebnis – mit der ganzen Ausstattung, den Kostümen, den Masken. Das war wie eine Zeitreise in ein Deutschland an der Schwelle zur Moderne. Auch die Filmfigur, die ich spielen durfte, war für mich in vielerlei Hinsicht eine große Herausforderung. Denn dieser Emil Behring hat schon einiges zu bieten, was gespielt werden möchte.
Kannten Sie die Geschichte Behrings schon vor dem Lesen des Drehbuchs?
Nein, leider nicht. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir Behring gar kein Begriff war. Ich wusste nicht, was für ein genialer Wissenschaftler er war. Er hat ja ein erstes Heilmittel gegen die Diphterie und den Wundstarrkrampf entwickelt und galt deshalb als „Retter der Kinder“ und „Retter der Soldaten“. Doch im Vergleich zu seinen berühmten Mitstreitern Robert Koch und Paul Ehrlich gibt es über Behring ansonsten relativ wenig zu finden.
Im Film werden einige sehr realistische OP-Szenen gezeigt. Sind Sie als Arztsohn beim Anblick solcher Szenen härter im Nehmen?
Da geht es mir leider wie vielen anderen Menschen auch. Mein Vater war zwar Landarzt und mein Großvater väterlicherseits war auch Arzt, aber ich bin da nicht stärker gewappnet als andere. Beim Blutabnehmen bin ich zum Beispiel ein kleiner Schisser. Auch hat mich dieser Beruf für mich selbst nie besonders interessiert.
Angeblich wollten Sie aber mal Journalist werden.
Stimmt. Das war ganz lange ein ganz großer Traum von mir. Aber wie das im Leben so ist: Die Wege sind ja verschlungen, und ich hab mich schließlich in eine ganz andere Richtung entwickelt. So, wie es ist, ist es wunderbar.
Und stimmt es, dass Ihre Mutter Sie auf der Schauspielschule angemeldet hatte?
Nicht ganz. Sie hat mich nicht angemeldet, aber einen Artikel über die Konrad Wolf-Filmhochschule und dabei an mich gedacht. Jedenfalls kam Sie auf die wagemutige Idee, dass ich dort doch mal vorsprechen könnte. Das war wohl mütterlicher Instinkt. Denn ich bin da zähneknirschend hin, auch weil ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte – und wurde prompt genommen.
Finden Sie immer noch Zeit zum Schlagzeugspielen?
Heute schaffe ich das nicht mehr so häufig wie früher, aber das Schlagzeug begleitet mich jetzt seit zwanzig Jahren durchs Leben. Es bleibt für mich immer eine große Leidenschaft.
Und welche Musik höher Sie zum Abschalten?
Drei Akkorde und die Wahrheit, das reicht mir eigentlich. Man kann auch sagen: Eine Gitarre, ein Bass und eine gute Stimme – dann bin ich glücklich.
Was erdet Sie noch?
Die Natur. Ich arbeite gerne im Garten, das ist ein Gegenpol zu meiner Arbeit. Dabei kann ich schweigen und meinen Gedanken nachhängen, bin im Freien und kann ein bisschen in der Erde wühlen. Das ist für mich ein super Ausgleich. Überhaupt bin ich gerne draußen. Wir haben auch einen Hund, mit dem ich regelmäßig raus gehe. Dem ist es wurscht, ob es regnet oder die Sonne scheint.
Sie leben mit Ihrer Familie in Köln. Was hat Sie an den Rhein gezogen? Die meisten Schauspieler streben ja eher nach Berlin.
In Berlin habe ich auch elf Jahr gelebt. Aber meine Frau ist Rheinländerin, und die bekommt man da relativ schwer weg. Inzwischen bin ich aber ziemlich „eingekölscht“. (lacht) Also den Karneval mache ich immer mit, der ist mir als gebürtiger Mainzer ja nicht ganz fremd. Auch sympathisiere ich mit dem „1. FC Köln“, aber von klein auf bin ich „Kaiserslautern“-Fan.
Die Familie scheint eine große Rolle in Ihrem Leben zu spielen.
Absolut. Die Familie ist mein Hafen, mein Rückzugsort. Sie kommt noch lange vor dem Beruf.
Zur Person
Matthias Koeberlin, 42, schaffte mit einer Nebenrolle im Tatort „Rattennest“ 1998 den TV-Durchbruch. In „Ben & Maria“ spielte er 1999 seine erste Hauptrolle in einem Fernsehfilm. Doch die ganz große Popularität erzielte Matthias Koeberlin erstmals 2002 durch seine Darstellung eines Archäologie-Studenten in „Das Jesus Video“. Seitdem hat er in zahlreichen Serien, Fernseh- und Kinofilmen mitgewirkt, unter anderem in „Experiment Bootcamp“ und „Böse Wetter“. 2007 erhielt er für seine Hauptrolle in „Tornado“ den Deutschen Fernsehpreis. (ple)
.Darum geht es in „Charité“ – eine Vorschau finden Sie bei uns im Netz unter:www.sk.de/exklusiv