Er war einmal der reichste Mann der Welt: Johann August Sutter. Der Abenteurer aus Kandern verlässt 1834 sein Land, lässt Frau und fünf Kinder schmählich im Stich, gründet in Amerika die Kolonie Neu-Helvetien, wird unfassbar reich und zum "Kaiser von Kalifornien" – und verliert wieder alles. Diese schillernde historische Figur nahm der chilenische Theatermacher, Drehbuchautor und Regisseur Guillermo Calderón als Vorlage für seinen bizarr-amüsanten "Goldrausch", ein Auftragswerk des Theaters Basel. Genauer gesagt, hat er sich an einer Bühnenfassung von Blaise Cendrars großem Roman "Gold" versucht. Die Romanadaption versetzt die Handlung in ein Filmset: Das Leben des legendären "Generals" Sutter soll verfilmt werden. Die Kleine Bühne wird zum Filmstudio (Bühne: Anna Sophia Röpcke). Zu sehen ist ein einziger Drehtag mit mehreren Einstellungen.
Von der Geschichte, die der Modernist Cendrars, der wohl abenteuerlichste Autor der Schweiz, in seinem 1925 erschienenen Roman erzählt, ist in der Theaterversion Calderóns nicht mehr viel übrig. Der Hasardeur und Bankrotteur Sutter dient als Plot, Folie und Vorwand für eine psychologische Studie über Filmschauspieler und Filmregisseure. Dabei greift Calderón die cinematografische Erzählart Cendrars geschickt als Stilmittel der Dreharbeiten auf. Irgendwie ist es auch ein Film über Illusionen, über Reichwerden und Verlust. Aber wen interessiert schon ein Film, der 1850 spielt?
Um seinen schlechten Film und das historische Porträt aufzupeppen, lässt der manische Filmregisseur Oskar bei einem Nachdreh – hinter einem Paravent verdeckt und nur für die Filmcrew einsichtig – Pornoszenen aufnehmen. Am Set kommt es zu Konflikten. Die "echten" Hauptdarsteller Greta (Inga Eickemeier) und Alexander (Orlando Kraus) rasten aus, als sie merken, dass der durchgeknallte Neurotiker Oskar (Typ Fassbinder: Ingo Tomi) zwei Pornodarsteller (Vincent Glander, das männliches Modell Erik, und Leonie Merlin Young, das weibliche Modell Marlene) als Statisten-Doubles engagiert hat. Über den "König des Westens" erfährt man im Stück wenig, weil es keine historische Biografie ist.
Aufgepeppt wird der Basler "Goldrausch" nicht nur mit Sex und Politik, sondern mit Live-Country-Musik, Folksongs und Revolutionsgesängen. Die Handlung geht so aus: Beim Filmfestival in Venedig sahnt der Streifen den Goldenen Löwen ab; der Preis wird in einer Hollywood-reifen Oscar-Inszenierung verliehen.
Aktuell hat Calderón noch einen Epilog angehängt, in dem er seine Wut über die Wahl Donald Trumps einfließen lässt: Aus dem Off hört man, dass die Amerikaner in Mexiko Schutz vor ihrem neuen Präsidenten suchen. Die Dankesreden der nun glamourös gekleideten Schauspieler erinnern an die kritische Rede von Meryl Streep. Eine starke, überraschende Schlusspointe!
Die nächsten Vorstellungen sind am 17. Februar, 4. und 19. März.