
Tradition ist, wenn die Pfullendorfer Schnellergilde am kommenden Dreikönigstag, 6. Januar, um Punkt 12 Uhr mit ihren Karbatschen die Pfullendorfer Fasnet auf dem Markplatz einschnellt. Von diesem Zeitpunkt an ist Pfullendorf fest in der Hand der Stegstrecker-Zunft. Was wäre die Pfullendorfer Fasnet ohne das Schnellen, das jedes Jahr ab dem Dreikönigstag bis zum Aschermittwoch in allen Straßen, Gassen und Winkeln der Stadt nicht zu überhören ist? Die Antwort lautet: Kein guter Start in die fünfte Jahreszeit, in der Pfullendorf so gerne Kopf steht.
„Fast jedes Kind in Pfullendorf hat schon mal das Schnellen probiert“, sagt Gildemeister Andreas Narr. Das Brauchtum des Schnellens ist – so die Legende – aus dem Dreißigjährigen Krieg überliefert. Fuhrmänner sollen damals Pfullendorf vor dem schwedischen Heer gerettet haben. Die Stadt war demnach mehrere Wochen belagert, so dass sich Lebensmittel und Munition dem Ende neigten. Und was machten die Fuhrmänner, deren blauer Kittel, rotes Halstuch mit Fässle, schwarze Zipfelmütze und Cordhose sowie dieKarbatsche die Pfullendorfer Schneller noch heute tragen? Sie fütterten angeblich einen Hund mit allem, was es noch zu essen gab und jagten ihn zur Stadt hinaus. Die List dabei: Als die Besatzer das überfütterte Tier sahen, begannen die Fuhrmänner mit ihren Peitschen laut zu knallen, um den Eindruck zu erwecken, dass trotz der langen Belagerung erstens noch genügend Schießpulver und zweitens noch ausreichend Essensvorräte vorhanden waren, um sogar die Hunde damit zu füttern.
Der Trick funktionierte: Die Schweden zogen ab, die Stadt war gerettet. Das sagt die Legende. Es gibt aber auch eine zweite Vermutung: So genannte Schwabenkinder – das waren Kinder von armen Tiroler Bauern, die an reiche schwäbische Bauern als Saisonarbeiter verkauft wurden – sollen das Brauchtum des Schnellens ins Obere Linzgau gebracht haben. Die Hirten sollen sich in den Alpen mit dem Knall der Hirten-Peitsche verständigt haben.
Schweden hin, Bauern her – fest steht, das Schnellen hat sich in Pfullendorf seit Jahrzehnten etabliert. Genau wie das Einschnellen am Dreikönigstag, 6. Januar.
Michael Seelmann-Eggebert, Narrenrat