Ein Hauskauf kann durchaus eine Geschichte sein, vor allem dann, wenn das Haus selbst eine solche hat wie die Sonne. Als Haus zur Stube war das altehrwürdige Gemäuer bis 1583 erstes Rathaus der Stadt, danach bis ins 19. Jahrhundert Wohnhaus der Freiherrlichen Familie von Roggenbach. Nun schwingt Gerhard Bechtel hier nicht mehr nur als Wirt den Kochlöffel, sondern als Eigentümer auch das Herrschafts-Zepter.
Sie waren Offiziere, Minister, Fürstbischöfe: Zahlreiche Schopfheimer Söhne des alemannischen Adelsgeschlechts der Freiherren von Roggenbach haben in den Geschichtsbüchern Spuren hinterlassen. Einige davon führen direkt ins heutige Wirtshaus Sonne. Hier hat die Freiherrenfamilie bis ins 19. Jahrhundert residiert. Gleich zwei bedeutende Mitglieder der Roggenbachschen Familie wurden nachweislich sogar hier im Haus geboren: Constantin Freiherr von Roggenbach (1794 bis 1876), ein hochrangiger Offizier der Großherzoglich Badischen Armee, der es zum Garnisonskommandant von Mannheim und von Karlsruhe brachte. Und August Freiherr von Roggenbach (1798 bis 1854), ebenfalls Offizier der Großherzoglich Badischen Armee. Nach den Ereignissen der Badischen Revolution von 1848/49 wurde er vom Großherzog mit der Reorganisation der Armee beauftragt und 1849 zum Kriegsminister von Baden ernannt.
Apropos badische Herrscher: Ihre Verbindung zum Haus reicht gar bis 1442. Damals bekam die Stadt das Gebäude als Haus der Stube vom Markgraf von Baden geschenkt und nutzte es fortan bis 1583 als erstes Rathaus.
Doch nicht nur ihre prominenten Bewohner machte sie zu etwas Besonderem. Auch zählt sie zu den wenigen echten Barockgebäuden in der Stadt, wie Kunsthistoriker Bernhard Bischoff in der Chronik zum Stadtjubiläum schreibt, wobei er der Jahreszahl 1130 im Türbalken keine Bedeutung beimisst. Das Haus selbst sei später errichtet worden. Gerhard Bechtel hingegen kann sich sehr wohl vorstellen, dass die Zahl einen Bezug hat. Vielleicht zum Vorgängergebäude? Jedenfalls sieht er manches im neuen Licht, seitdem er kürzlich das Gebäude erworben hat, auch wenn er schon 17 Jahre als Wirt hier den Kochlöffel schwingt.
Bechtel, der 1990 aus dem Kleinen Wiesental als Wirt nach Schopfheim gekommen war, zuerst als Pächter der Krone, hatte 1996 die Sonne von Alfred Schmidt übernommen. Zwar durfte er sie damals nach seinen Vorstellungen umbauen. Doch es ist eben was anderes, ob man Pächter oder Eigentümer ist. Der Wunsch, die Sonne zu kaufen, sei in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, erzählt er. Zum einen, weil es ein schmuckes Haus sei.
Umso mehr freut es ihn, dass es mit dem Kauf geklappt hat. Andernfalls hätte er Schopfheim wohl den Rücken gekehrt, wenn auch mit Bedauern. Sei doch die Schopfheimer Gastroszene einmalig, vor allem wegen des großen Zusammenhalts der Wirte. Nun als neuer Eigentümer denkt er darüber nach, die historische Bedeutung des Hauses noch etwas kenntlicher zu machen. Vielleicht gibt es außer der Roggenbachstube, in deren Tür das Roggenbachsche Wappen prangt, bald auch einen Saal zur Stube? „Ich mache mir dazu jetzt in Ruhe Gedanken“, erklärt Bechtel und lächelt. Sicher ist aber: Den bewährten Mix aus rustikalem Stil und gutbürgerlicher Speisekarte werde er auf jeden Fall beibehalten.