Und noch eine Milliarde Euro mehr … Die Gesamtkosten des Bahnprojekts Stuttgart 21 sollen laut Medienberichten, die sich auf ein Gutachten der Beratungsgesellschaft PwC beziehen, auf über neun Milliarden Euro steigen. Zuletzt war von rund 8,2 Milliarden Euro ausgegangen worden. Bereits Ende Januar waren entsprechende Gerüchte aufgekommen, nun berichtete das Magazin „Spiegel“ in seiner Online-Ausgabe mit Verweis auf das Gutachten.
Demnach habe sich die Deutsch Bahn mittels des Prüfberichts einen aktuellen Kostenüberblick verschaffen wollen. Innerhalb der kommenden zwei Wochen solle nun ein Aufsichtsratsgremium der Bahn bei einer Sondersitzung über die neue Lage beraten.
Kein Kommentar von der Bahn
Die Bahn selbst wollte den Bericht nicht kommentieren. Die Antwort auf eine Anfrage fällt äußerst schmallippig aus: „Derzeit läuft eine Kostenüberprüfung des Projektes, die nicht abgeschlossen ist und deren Ergebnis abgewartet werden muss“, teilte eine Sprecherin in Berlin dem SÜDKURIER mit.

Deutlich mitteilsamer zeigte sich dagegen der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Wenn sich die Medienberichte bestätigen, hätten sich die Kosten seit Abschluss der Finanzierungsvereinbarung 2009 verdreifacht. Damals ging man von einem Kostenrahmen von drei Milliarden Euro aus mit einem zusätzlichen Sicherheitspuffer von 1,5 Milliarden Euro für Kostensteigerungen“, teilte Hermann mit. Die freiwilligen Zuwendungen des Landes in Höhe von 930 Millionen Euro und der Partner seien eindeutig auf diesen Kostenrahmen bezogen gewesen.
Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, die Region und der Flughafen als Projektpartner der Bahn hätten vielfach eine weitere Beteiligung an den Mehrkosten abgelehnt, so Hermann. „Je höher die Kosten sind, desto dringlicher wird es, die Finanzierung zu klären. Die Bahn und ihr Eigentümer Bund müssen klären, wer das Defizit trägt. Und sie müssen endlich davon Abstand nehmen, die Ko-Finanzierer des Projektes auf Beteiligung an den gigantischen Kostensteigerungen zu beklagen.“
In der Vergangenheit, so Hermann, hätten sich Gerüchte über Kostensteigerungen regelmäßig bestätigt, meist nach Wahlen. Hermann: „Im S-21-Lenkungskreis wurde seit Jahren auf Nachfragen zur Kostenentwicklung stets geantwortet: Man sei im Rahmen und der Puffer reiche.“
Von 2,8 auf 9,2 Milliarden Euro?
Im ersten zwischen Bahn, Land und Partnern unterzeichneten Memorandum von 2007 waren noch Kosten von 2,8 Milliarden Euro genannt worden. Bereits Ende 2008 wurde die Summe von fünf Milliarden Euro gehandelt. Seitdem kamen immer weitere Kostensteigerungen hinzu. Zuletzt wurde von 8,2 Milliarden Euro für das Gesamtprojekt ausgegangen. Dieses umfasst den Neubau des Stuttgarter Tiefbahnhofs, die Flughafen-Anbindung sowie die Neubaustrecke nach Ulm.
Bei einer Volksabstimmung in Baden-Württemberg hatte im November 2011 eine Mehrheit von 58,9 Prozent einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierungsvereinbarung und damit aus dem Projekt abgelehnt.