1. Nicht noch mehr Bürokratie

In der Corona-Zeit beklagen viele Bürger die überschießende Bürokratie. Ihr Eindruck: Es wird immer weniger getan und immer mehr dokumentiert. Ein solcher „Hundeführer- und Hundeführerinnenschein“, wie er dann heißen würde, verheißt nichts Gutes in dieser Hinsicht. Er muss beantragt werden, Dokumente werden fällig, der Stammbaum von Herr und Hund, Lichtbilder, Scans. Und das wegen eines Tieres, das unter Umständen so harmlos ist, dass es in einem Kinderwagen spazieren gefahren wird.

Es ist verdienstvoll, dass sich die neue Landesregierung verstärkt um das Tierwohl kümmern will, da auch das Menschenwohl davon abhängt. Mit einem Hundeführerschein ist aber kaum jemandem gedient. Er wird bei den meisten Freunden des ältesten Haustiers als Gängelung ankommen.

Bedrohlich? Dieser Hund springt an einer jungen Frau hoch, die ihm etwas anbietet.
Bedrohlich? Dieser Hund springt an einer jungen Frau hoch, die ihm etwas anbietet. | Bild: Frank Rumpenhorst/dpa

2. Es trifft die Falschen

1,1 Millionen Hunde bellen in Baden-Württemberg. Das ist eine ganze Menge für ein so überschaubares Bundesland. Für die meisten Frauchen und Herrchen sind die vierfüßigen Genossen ein Teil der Familie. Sie werden geliebt, bekleidet, verhätschelt.

Diese Eigentümer haben in der Regel kein Papier, das ihre Kompetenz im Umgang mit ihrem Hund beweist. Und doch wissen sie, wie man mit Hunden umgeht. Wissen und Erfahrung werden in den Familien, im Verein, im Gespräch mit anderen weitergegeben. Warum eine neue Hürde aufziehen in Form eines Hundeführerscheins?

3. Kampfhunde an die Leine

Die Problemkandidaten, um die es geht, heißen nicht Zwergpinscher oder Dackel. Es geht um die Tiere, für die sich der Begriff Kampfhunde eingebürgert hat. Deren Besitzer müssen diese kräftigen Tiere auf einer Liste anmelden und registrieren lassen (sogenannte Listenhunde). Dazu gehören unter anderem Bull Terrier, Pit Bull Terrier oder der Amerikanische Staffordshire. Sie wirken bedrohlich und verfügen über große Energie. Ihr Sozialverhalten ist häufig aggressiv.

Wenn es Beißangriffe gegen Menschen gibt, dann vor allem aus dieser Gruppe heraus. Bei diesen Rassen sollte man verstärkt ansetzen, wenn es um die Kontrolle des öffentlichen Raums und ein bedrohliches Verhalten geht. Wenn ein Führerschein einen Zweck haben soll, dann hier. Bei Schoßhunden ist das Papier dagegen überflüssig.

Ohne Corgis war die britische Königin Elizabeth II. früher nicht zu denken. Das Bild entstand 1973 auf einer Wiese in Virginia Water, ...
Ohne Corgis war die britische Königin Elizabeth II. früher nicht zu denken. Das Bild entstand 1973 auf einer Wiese in Virginia Water, England. | Bild: Pa/Pa Wire/dpa

4. Tierhaltung wird teurer

Jedes neue Dokument bindet nicht nur Zeit – es kostet auch Geld. Dem Führerschein geht schließlich eine Prüfung voraus, die man verhageln kann. Für ein Haustier ist einem nichts zu teuer, oder? So einfach geht die Rechnung nicht auf, wie zwei Beispiele zeigen: Da ist die Doppelverdiener-Familie mit zwei Autos, die den Rassehund mit Stammbaum (bis in die Stauferzeit) anschafft, ohne zu zögern.

Doch gibt es auch eine andere Schicht von Hundehaltern. Zum Beispiel alte Leute, die verwitwet leben. Ihr Tier entspricht vielleicht nicht den Merkmalen, die im Hunde-Lehrbuch aufgeführt werden. Der Vierbeiner kommt aus dem Tierheim. Doch wird er geliebt und in Ehren gehalten, fast wie ein Mensch. Diese Haushalte sind finanziell oft auf Kante genäht. Ein Führerschein für den Mischling würde dessen Unterhalt noch teurer machen. Unter Umständen müsste sich der Besitzer vom Tier trennen, doch kann das nicht Zweck der Maßnahme sein.

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5. Keine neuen Kontrollen

Wenn ein derartiger Führerschein für Baden-Württemberg kommt, muss er abgefragt werden. Das bedeutet neue Kontrollen, die zum Beispiel die Ortspolizei vornimmt. Wie darf man sich das vorstellen? Zieht der Welpen-Sheriff durch die Straßen und Spazierwege, um die Hundefreundin nach dem Ausweis für ihren Rottweiler zu fragen? Und was wird sein, wenn sie ihn nicht dabei hat? Ist das vergessene Papier dann Grund für eine Bußgeldforderung?

Vollends komisch wird die Situation, wenn der Hund so klein ist, dass er in einer Handtasche Platz hat, irgendwo zwischen Lippenstift und Handy. Nur der Kopf schaut heraus. Die Besitzerin wird kaum einsehen, welche Gefahr von diesem zierlichen Lebewesen in der Größe einer jungen Katze ausgeht. Staatliches Handeln, und darum geht es bei dem ominösen Dokument, sollte an den großen Linien des Zusammenlebens orientieren. Straßenköter und Stubenwölfchen gehören definitiv nicht dazu.