Diese Bilder gingen 1977 um die Welt: Auf dem Rollfeld im somalischen Mogadischu glänzt ein Passagierflugzeug in der heißen Sonne, aus der hinteren Tür wird die Leiche des Flugkapitäns Jürgen Schumann über eine Notrutsche heruntergelassen. Das Flugzeug, eine Boeing 737 der Deutschen Lufthansa ist Symbol des Deutschen Herbstes – einer Zeit, in der die Bundesrepublik vom Linksterrorismus der ersten Generation der Rote Armeefraktion (RAF) massiv herausgefordert wurde. Das Passagierflugzeug Landshut rottet heute auf einem Flugzeugfriedhof am brasilianischen Flughafen Fortaleza vor sich hin. Doch es gibt Pläne, den Flieger schon bald nach Friedrichshafen an den Bodensee zu holen.
Geht es nach dem Willen David Dorniers, könnte die Landshut das Schmuckstück im Dornier-Museum in Friedrichshafen werden. Der Museumsdirektor bestätigte, dass es schon seit dem Frühjahr "rege Gespräche" mit dem Auswärtigen Amt in dieser Frage gebe. Er selbst habe die Idee dazu gehabt. "Ich habe auch schon davon gehört, dass Friedrichshafen als Standort für die Landshut bevorzugt wird, kann die Quelle dafür aber nicht nennen", so Dornier. Er fügt hinzu, dass es verschiedene Überlegungen gegeben habe, wo das geschichtsträchtige Flugzeug präsentiert werden könnte. "Das Haus der Geschichte in Bonn wurde genannt, doch dort fehlt es an Platz", betont Dornier. Das Auswärtige Amt äußert sich derzeit nicht zu den Spekulationen. Aus gut informierten Kreisen ist aber zu hören, dass der Außenminister deutlich gemacht habe, dass ihm viel an der Landshut liege. Daher sei es das Ziel, ein Ergebnis zu präsentieren, das der historischen Bedeutung der Landshut Rechnung trage.

Für David Dornier ist Friedrichshafen der perfekte Standort für die Landshut. "Ein Mitarbeiter der MTU wurde von der RAF getötet, zudem gab es einen Bombenanschlag auf Dornier, da gibt es viele Anknüpfungspunkte", holt der Museumsdirektor aus. Für ihn ist klar, dass die Landshut der Öffentlichkeit zugänglich sein müsse. Daher sei das Dornier-Museum mit dem Museumsbetrieb wie dafür geschaffen. Und das, obwohl die Landshut mit der Dornier-Firmengeschichte nicht zusammenhängt. „Ein Museum lebt davon, interessante Geschichten zu erzählen. Wir wollen uns in Zukunft vermehrt anderen Themen öffnen", erklärt David Dornier. Mit der Landshut könne man sicher mehr Besucher ins Museum locken. Er verrät, dass es bereits einen Plan gebe, wie die Präsentation der Landshut aussehen könnte. "Wir möchten das Flugzeug komplett restaurieren und in den Originalzustand von 1977 zurückversetzen – also mit der alten Küche und den den alten Sitzen", erzählt er offen. Ein umfangreiches multimediales Angebot wie Monitore und Co. könnten in einem Museumspavillpon neben dem Flugzeug installiert werden, die den Innenraum aber nicht verfremden.
Hinter der Initiative, das Flugzeug nach Deutschland zu holen, steckt der Mainzer Historiker und Helmut-Schmidt-Biograph Martin Rupps. Der ehemalige SÜDKURIER-Redakteur hatte vor einigen Jahren ein Buch über die "Überlebenden von Modagischu" geschrieben. Dabei sei in ihm der Gedanke gereift, einen Erinnerungsort für dieses Kapitel deutscher Geschichte zu schaffen.
Das Auswärtige Amt soll das Flugzeug bereits für 20000 Euro gekauft haben. Um es vor der Verschrottung zu retten, so Rupps. Denn mit dem Verkauf des brasilianischen Flughafens an den Airport Frankfurt habe auch der unwiederbringliche Verlust der Maschine gedroht. Am 18. Oktober soll es nun nach 40 Jahren eine zentrale Gedenkveranstaltung geben, an der auch der Bundespräsident teilnehmen wird. Weil die Zeit knapp ist, könne für den Transport auch keine Ausschreibung mehr gemacht werden, so Rupps. Daher setze Berlin auf Privatinvestoren. Die Hälfte der 1,5 Millionen Euro sei bereits aufgebracht. Bedingung des Auswärtigen Amts an den künftigen Besitzer: Dieser müsse für Unterkunft und laufende Kosten der Maschine aufkommen.
Friedrichshafen ist, so Rupps, einer der beiden Standort-Favoriten. Der andere sei Flensburg an der dänischen Grenze, dessen Oberbürgermeisterin sich dafür mächtig ins Zeug lege und ein Investor bereits eine Halle zur Verfügung stellen will. Dass die Maschine nach Deutschland kommt, da sei er "sehr zuversichtlich", sagt Rupps, und er bestätigt: "Es wird mit Hochdruck an Lösungen für Friedrichshafen gearbeitet. Eine Alternative ist aber denkbar, wenn der andere noch etwas draufpackt."
Er selbst könne sich ein Landshut-Museum sehr gut im schwäbischen Friedrichshafen vorstellen, sagt er weiter und deutet eine mögliche Lösung an: Das Dornier-Museum stellt den Grund kostenlos zur Verfügung, Berlin sorgt für den musealen Innenausbau der Maschine, die zuletzt als Frachtflieger die Welt umrundete, und die laufenden Kosten übernähme dann die Zeppelin-Stiftung.
David Dornier erklärt gegenüber dem SÜDKURIER, dass es bereits Initiativen gibt, das nötige Geld aufuzbringen: "Verschiedene Partner wie die Lufthansa, das Dornier-Museum und das Auswärtige Amt arbeiten daran, um per Fundraising das Projekt zu realisieren", so Dornier. Die Kosten für den Rücktransport der Maschine aus Brasilien und der Restaurierung müsse aber der Bund zahlen. "Wir im Dornier-Museum stellen den Platz zur Verfügung und würden die Landshut perfekt präsentieren und ihr einen würdigen Platz geben“, erklärt David Dornier. Spekulationen in Medienberichten, er wolle die Stadt Friedrichshafen als Geldgeber einbinden, tritt er entgegen. "Die Stadt sehe ich hier nicht in der Pflicht", so Dornier. Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand erklärt auf Nachfrage: "Hier geht es um eine unternehmerische und museale Entscheidung, auf die wir als Stadt weder einwirken können noch wollen."
Landshut-Geiselnahme
Die Lufthansamaschine Landshut wurde auf ihrem Flug von Mallorca nach Frankfurt am Main entführt. Mit der Aktion sollten elf Angehörige der Rote Armee Fraktion (RAF) aus deutscher Haft, darunter Baader, Ensslin und Raspe, sowie zwei in der Türkei festgehaltene Palästinenser freigepresst werden. Zur gleichen Zeit war der damalige Arbeitgeberpräsident Schleyer von der RAF entführt worden. Die Geiseln der Landshut konnten befreit werden, Schleyer wurde von der RAF ermordet. Die RAF-Anführer nahmen sich im Gefängnis Stuttgart Stammheim das Leben. (sk)