Familie Sulger (alle Namen geändert) hat sich einen Wassersprudler gekauft. Zu lästig war es ihnen, die schweren Wasserkästen die vielen Treppen zu ihrem Haus zu schleppen. Jetzt brauchen sie nur noch den Wasserhahn aufzumachen, die Flasche zu füllen und mit einem Knopfdruck auf den Sprudler die Kohlensäure ins Getränk zu geben.
Ein bequemer Weg, den immer mehr Deutsche gehen. Der bekannteste Sprudler-Anbieter Sodastream – laut Marktforschungsinstitut GfK die größte Wassermarke Deutschlands – verzeichnet seit 22 Quartalen ein zweistelliges Wachstum und legt im Jahr 2017 neue Rekord-Verkaufszahlen hin. Auf der Internetseite wird unter anderem damit geworben, dass deutsches Trinkwasser beste Qualität habe und sogar noch strenger kontrolliert werde als Mineralwasser.
Mutter Manuela Sulger zögert dennoch, den Sprudlerknopf zu drücken. Freunde haben ihr neulich erzählt, dass Leitungswasser zwar streng kontrolliert werde. Aber eben nur bis zum Hausanschluss. Die Familie hat beim Kauf ihres Hauses aus den 80er Jahren nicht nachgefragt, aus welchem Material die Wasserleitungen sind. „Man hört ja immer wieder von Blei. Und wir haben ja schließlich noch ein sechs Monate altes Baby im Haus, da will man ja nichts falsch machen.“
Also ruft Manuela Sulger bei der Stadtverwaltung Waiblingen an. Dort erfährt sie, wer der Wasserversorger ist und dass die Nitratwerte des Wassers in einem Bereich liegen, der auch für Babys zum Trinken oder für die Zubereitung von Säuglingsnahrung in Ordnung ist. Die Frau am Telefon bestätigt aber auch, was ihre Freunde erzählt haben: „Was ab dem Hausanschluss mit dem Wasser passiert, ist als Hausbesitzer ihre Sache.“ Wenn sie unsicher sei, könne sie das Wasser aber von einem Labor testen lassen. Eine Liste zertifizierter Labore finde sie auf der Internetseite des Verbraucherministeriums.

Doch extra einen Experten ins Haus kommen zu lassen, erscheint Manuela Sulger zu aufwendig und zu teuer. Sie findet im Internet einen Trinkwasserschnelltest für zu Hause, der 25 Euro kostet. Einige Tage später sitzt sie mit einem Berg bunter Teststreifen und Röhrchen am Tisch. In die Röhrchen füllt sie eine abgemessene Menge Leitungswasser, tunkt einen Teststreifen für Eisen, für Kupfer, für Nitrat ein und stoppt mit ihrem Handy eine vorgegebene Zeit von wenigen Sekunden. Dann wird der Teststreifen mit der mitgelieferten Farbskala verglichen. „Es ist gar nicht so leicht, das eindeutig zuzuordnen“, findet Manuela Sulger.
Doch genau davon hängt es ab, ob das Testergebnis auf der Skala als gut oder kritisch eingestuft wird. Trotzdem arbeitet sich Manuela Sulger tapfer durch die 13 Testparameter von Bakterien bis Sulfat. „Ich finde es wirklich gut, sich mal überhaupt damit auseinanderzusetzen, was im Wasser so alles drin sein kann.“ Nach mehr als einer Teststunde weiß sie: Das Trinkwasser der Familie Sulger ist in Ordnung – zumindest soweit Manuela Sulger das richtig abgelesen hat.

„Um einen groben Eindruck über die Qualität des Wassers zu bekommen, sind solche Tests in Ordnung“, sagt Thomas Rapp, Fachgebietsleiter Trinkwasserleitungen beim Umweltbundesamt (UBA). Wer jedoch zur Miete wohne und mit den Ergebnissen notfalls auch rechtlich gegen seinen Vermieter etwas durchsetzen möchte, der sollte Rapp zufolge das Trinkwasser unbedingt von einem zertifizierten Experten prüfen lassen und sich dazu ans Gesundheitsamt wenden. „Dabei wird dann beispielsweise auch untersucht, was in das Wasser übergeht, wenn es mehrere Stunden in den Leitungen gestanden hat.“
Solche Untersuchungen mit Stagnationswasser macht auch das UBA regelmäßig bei zufällig ausgewählten Haushalten. Zumindest in einem Punkt kann Thomas Rapp die Familie Sulger aufgrund dieser Tests beruhigen: Bedenkliche Bleiwerte finden sich in Baden-Württembergs Haushalten nicht im Leitungswasser. Der Grund: „Hierzulande wurden Bleirohre bereits im 19. Jahrhundert verboten“, sagt Trinkwasserexperte Rapp.
Stattdessen wurden in älteren Häusern meist verzinkte Stahlrohre eingebaut, die mit der Zeit korrodieren und irgendwann auch Eisen freisetzen. „Gesundheitlich ist das kein Problem, wir haben ja ohnehin meist eher Eisenmangel. Aber das Wasser verfärbt sich dann eben bräunlich“, sagt Rapp. Heutzutage werden meist Kunststoffrohre verwendet.
Ein Wert, der überall in Deutschland bei Trinkwasseruntersuchungen immer wieder auffällt, ist der für Nickel. „Nickel kann von verchromten Armaturen aus ins Wasser übergehen. Allergikern macht das zu schaffen“, sagt Thomas Rapp. Ihnen rät er, immer ein halbes Glas Wasser ablaufen zu lassen, bevor sie es verwenden. „Dann ist das Problem schon weggespült.“ Auch neue Armaturen jeglicher Preisklasse enthalten meist Nickel.
Familie Sulger hat den Wassersprudler inzwischen in Betrieb genommen – aber erst, nachdem noch ein Mitarbeiter eines zertifizierten Labors mehrere Wasserproben in sterilen Gefäßen aus der Doppelhaushälfte mitgenommen und untersucht hat. „Vielleicht war mein Misstrauen übertrieben“, sagt Manuela Sulger. „Aber immerhin trinken wir das Wasser jeden Tag. Und jetzt wissen wir wirklich sicher, dass die Qualität auch vom Hausanschluss bis zum Wasserhahn nicht beeinträchtigt wird.“
Was Hausbesitzer tun können
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WassertemperaturDas warme Wasser sollte überall im Leitungssystem mindestens 55 Grad Celsius haben, um Legionellenwachstum zu vermeiden.
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StagnationswasserTrinkwasser hat wie andere Lebensmittel auch eine Art Verfallsdatum. „Stand es länger als vier Stunden in der Leitung, könnten sich Inhaltsstoffe aus dem Installationsmaterial angereichert haben“, sagt Trinkwasserexperte Thomas Rapp vom Umweltbundesamt. Deshalb: Das Wasser so lange ablaufen lassen, bis es sich merklich kühler anfühlt. Das gilt nach jeder Nacht, jedem Wochenendausflug und jedem Urlaub. Insbesondere wer einen Zweitwohnsitz oder ein Ferienhaus hat, sollte sich dieser Problematik bewusst sein.
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WasserfilterEr sitzt meist am Anfang der Hauswasserinstallation und schützt die Anlage vor Schäden und Verstopfungen durch Fremdeinspülungen wie Sand, Metallspäne und Dichtungsreste aus dem städtischen Wassernetz. Der Einbau eines solchen Filters ist Pflicht. Hygienisch ist er allerdings nur, wenn der Filtereinsatz alle sechs Monate getauscht oder bei moderneren Filtern rückgespült wird.
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Trinkwasser-InstallationHeimwerker sollten ihre Finger von Leitungen, Verbindungen und Armaturen lassen, damit es nicht zu Verunreinigungen im Trinkwasser kommt.
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TrinkwassertestWer sich unsicher ist, ob die im Haus verbauten Leitungen Schadstoffe ans Trinkwasser abgeben oder andere Verunreinigungen vorliegen, kann das Wasser testen lassen. Im Handel erhältliche Selbsttests für zu Hause können erste Hinweise auf Probleme geben. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Trinkwasser selbst abzufüllen und es in ein entsprechendes Untersuchungslabor zu schicken. Rechtlich bindende Wirkung – etwa bei Auseinandersetzungen mit dem Vermieter – haben nur Tests, bei denen Experten das Trinkwasser abfüllen und in entsprechend zertifizierten Laboren testen. (sam)