Ann-Katrin Hahner

Wer in Deutschland eine berufliche Ausbildung beginnt, hat sich vielleicht schon einmal gefragt, was passiert, wenn das Ausbildungsgehalt nicht ausreicht, um die Kosten des täglichen Lebens zu decken. Steht einem Auszubildenden in einer solchen Situation dann Bürgergeld zu? Und wenn ja, wird das Gehalt der Ausbildung auf die Bürgergeld-Zahlungen angerechnet? Diese Fragen beantworten wir Ihnen im folgenden Artikel. 

Kann ich Bürgergeld beantragen, wenn ich in Ausbildung bin?

Zunächst gibt es in Deutschland für Auszubildende verschiedene staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die Ihnen helfen können, Ihre Ausbildung zu finanzieren und finanziell zu bewältigen. Grundsätzlich sollten Auszubildende immer erst prüfen, ob sie einen Anspruch auf BAföG haben, welches in der Regel für die Förderung von schulischen Ausbildungen und Studiengängen vorgesehen ist. Sollte Sie eine betriebliche Ausbildung absolvieren und aus bestimmten Gründen, wie der Entfernung zum Ausbildungsbetrieb, nicht bei Ihren Eltern wohnen können, könnten Sie außerdem für die Förderung durch die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) in Frage kommen, erklärt die Bundesagentur für Arbeit auf ihrer Website. 

Erst, wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, und weder BAföG noch BAB für Sie infrage kommen oder diese Programme nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern, können auch Auszubildende Bürgergeld beim Jobcenter beantragen. Dazu müssten laut der Agentur für Arbeit aber folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Kein vorrangiger Anspruch auf andere Leistungen: Bevor Sie Bürgergeld beantragen können, sollten Sie prüfen, ob Sie Anspruch auf andere Unterstützungsleistungen wie BAföG oder BAB (Berufsausbildungsbeihilfe) haben. Diese Leistungen haben Vorrang vor dem Bürgergeld.
  2. Finanzielle Notlage: Sie sollten sich in einer finanziellen Notlage befinden. Dies wäre beispielsweise gegeben, wenn Ihr Ausbildungsgehalt und eventuell andere Einkünfte nicht ausreichen, um Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hierbei könnte auch die Miete eine Rolle spielen.
  3. Wohnen bei den Eltern: In einigen Fällen, zum Beispiel, wenn Sie BAföG erhalten und bei Ihren Eltern wohnen, können Sie ergänzend Bürgergeld erhalten. Auch, wenn Sie nicht bei Ihren Eltern wohnen, beispielsweise wegen der Entfernung zum Ausbildungsbetrieb und keine andere finanzielle Unterstützung erhalten, könnten Sie für Bürgergeld-Zahlungen in Frage kommen.
  4. Internat und Vollverpflegung: Azubis, die in einem Internat oder einer Unterkunft mit Vollverpflegung untergebracht sind, haben keinen Anspruch auf den vollen Regelsatz des Bürgergeldes.
  5. Bürgergeld als Darlehen: In manchen Fällen können die Leistungen nach dem Bürgergeld-Gesetz nur als Darlehen gewährt werden. Bei diesen Zahlungen handelt es sich dann nicht um klassisches Bürgergeld.

Wird das Ausbildungsgehalt auf das Bürgergeld angerechnet?

Wenn Sie sich in einer Ausbildung befinden und denken, dass Bürgergeld für Sie infrage kommen könnte, müssen Sie sich auch damit auseinandersetzen, wie sich das Ausbildungsgehalt und das Bürgergeld zueinander verhalten. Tatsächlich wird das Ausbildungsgehalt nämlich auf das Bürgergeld angerechnet. Dies geht aus einem Beitrag auf der Website der Bundesregierung zu dem Thema hervor. Jedoch gibt es spezielle Freibeträge, die sicherstellen, dass Auszubildende einen Teil ihres Gehalts behalten können.

Die Neuregelungen für das Bürgergeld, welche seit dem 1. Juli 2023 in Kraft getreten sind, besagen, dass für Erwerbstätige, die zwischen 520 und 1000 Euro verdienen, die Freibeträge auf 30 Prozent, statt der bisherigen 20 Prozent, angehoben werden. Dies bedeutet konkret, dass von diesem Einkommensbereich 30 Prozent nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden und somit dem Erwerbstätigen zur Verfügung stehen. Für Auszubildende unter 25 Jahren gibt es zudem spezielle Regelungen: Die Freibeträge für ihre Ausbildungsvergütung wurden erhöht und liegen bei 520 Euro im Monat. Erst ab diesem Betrag kommt es zu einer Anrechnung.

Verdient ein Auszubildender im Monat also 800 Euro brutto und ist zusätzlich berechtigt, Bürgergeld zu erhalten, hat er zunächst also den Grundfreibetrag von 520 Euro die nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden. Vom restlichen Betrag also den 280 Euro, die über dem Grundfreibetrag liegen, werden seit Juli 2023 nur 70 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Das sind ca. 196 Euro. Somit bleiben dem Auszubildenden von seinem Gehalt 604 Euro (520 Euro und 84 Euro nicht angerechneter Betrag), die nicht angerechnet werden und ihm zusätzlich zu seiner Bürgergeld-Zahlung zur Verfügung stehen. 

Es gibt jedoch auch Kritik an den aktuellen Regelungen zum Bürgergeld, insbesondere von den Jobcentern. Zudem sind weitere Änderungen geplant, das die Sozialleistung betreffen. Zum Jahreswechsel auf 2024 gab es eine Erhöhung des Bürgergelds. Es gibt auch Diskussionen über eine mögliche Ausgleichszahlung und eine Erhöhung auf 725 Euro