Der Anblick tausender jubelnder Fans beim euphorischen Empfang in der Heimat zauberte den immer noch enttäuschten deutschen Fußballerinnen nach der verpassten EM-Krönung doch noch ein Lächeln ins Gesicht. „Das ist unglaublich und das, wovon wir geträumt haben. Es ist wunderschön erleben zu dürfen, dass die Menschen so begeistert sind“, sagte Abwehrspielerin Giulia Gwinn bei der großen Willkommensparty am Montag auf dem Frankfurter Römer.

Die Spielerinnen Alexandra Popp (links) und Lina Magull werden auf dem Balkon des Römer gefeiert.
Die Spielerinnen Alexandra Popp (links) und Lina Magull werden auf dem Balkon des Römer gefeiert. | Bild: Uwe Anspach/dpa

„Wir haben natürlich sehr gelitten“, beschrieb Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nach der Ankunft in der Heimat die Gefühle nach der 1:2-Niederlage im Endspiel am Sonntagabend gegen Gastgeber England im Londoner Fußball-Tempel Wembley. „Wir wollten eigentlich Europameister sein und nicht die Sieger der Herzen. Aber wenn die großartige Leistung dazu beigetragen hat, dass wir uns in die Herzen der deutschen Bevölkerung gespielt haben, sind wir gerne die Sieger der Herzen.“ Der Jubel-Empfang rührte auch die Bundestrainerin: „Es ist Wahnsinn, dass eine Leistung über mehrere Wochen anerkannt wird und nicht nur der Sieg.“

Ein Blick aus den feiernden Massen in Richtung der Spielerinnen auf dem Balkon.
Ein Blick aus den feiernden Massen in Richtung der Spielerinnen auf dem Balkon. | Bild: Hannes P Albert/dpa

Frauenfußball gewinnt an Popularität

Zwar wird der knapp verpasste neunte EM-Triumph noch einige Zeit nachwirken, wie Kapitänin Alexandra Popp anmerkte. Doch die DFB-Auswahl hat mit ihrem mitreißenden Fußball in den vergangenen vier Wochen enorm an Popularität hinzugewonnen. Fast 18 Millionen Menschen drückten am Sonntag vor den TV-Geräten die Daumen – eine Rekordquote für die Fußballerinnen.

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„Es ist toll, so viele Menschen erreicht und begeistert zu haben. Das fühlt sich einfach schön an“, sagte Offensivspielerin Svenja Huth. Die Wolfsburgerin hatte Popp, die wegen einer Oberschenkelverletzung wenige Minuten vor dem Finale passen musste, als Kapitänin vertreten. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, welche Reise wir hinter uns haben. Ich hoffe, dass das nur der Anfang war“, sagte Popp mit Blick auf den Frauenfußball in Deutschland. „Der Markt ist vorhanden, aber wir müssen ihn natürlich auch bespielen. Das ist ein großer, großer Wunsch, dass wir viele Mädchen erreichen.“

Bei der Ankunft am Rhein-Main-Airport versammelte sich die gesamte Mannschaft nach dem Aussteigen hinter einem Banner mit dem Hashtag ...
Bei der Ankunft am Rhein-Main-Airport versammelte sich die gesamte Mannschaft nach dem Aussteigen hinter einem Banner mit dem Hashtag Hungriger. | Bild: Arne Dedert/dpa

Politiker und DFB-Boss gratulieren

Von Bundeskanzler Olaf Scholz über Innenministerin Nancy Feaser bis zu DFB-Boss Bernd Neuendorf gab es trotz der unglücklichen Niederlage vor der ohrenbetäubenden EM-Rekordkulisse von 87.192 Zuschauern Glückwünsche und aufmunternde Worte. „Unsere Spielerinnen haben das ganze Land begeistert, sie sind sympathisch, authentisch und nahbar aufgetreten, sie leben echten Teamgeist vor“, lobte Neuendorf. Der Verband hoffe, „dass wir viele Frauen und junge Mädchen in den Fußball ziehen werden durch dieses wunderbare Turnier.“

Scholz twitterte: „Das war ein mitreißendes Turnier und ganz Deutschland ist stolz auf dieses Team!“ Trösten konnte der SPD-Politiker die Spielerinnen bei seinem Kabinenbesuch nach dem Abpfiff zwar nicht. Doch beim Bestreben, den Sport weiter voranzubringen und aus dieser EM etwas zu machen, hat der Verband nun auch die Politik mit im Boot. „Wir haben uns versprochen, dass wir das jetzt forcieren wollen. Olaf Scholz hat mir versprochen, dass wir uns auch treffen werden, um die Themen für die Zukunft anzugehen“, sagte Voss-Tecklenburg.

2027 könnte die WM in Deutschland stattfinden

Das Zugpferd bleibt dabei vorerst die DFB-Auswahl. 2023 gibt es die WM, für die sich Deutschland im September noch endgültig qualifizieren muss, 2024 die Olympischen Spiele in Paris, 2025 wieder eine EM (Ausrichter noch nicht entschieden) – und 2027 möglicherweise eine WM im eigenen Land. Der DFB hat sich gemeinsam mit Belgien und den Niederlanden beworben. Kein Wunder, dass Huth zum Abschied den Wunsch äußerte: „Ich hoffe, dass wir mit dem Großteil der Mannschaft zusammenbleiben können und dass das nur der Anfang von etwas ganz Großem war.“

(DPA)

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