Die linksradikale Internet-Plattform „Linksunten.Indymedia“ bleibt verboten. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht am Mittwochabend in Leipzig. Es wies Klagen des mutmaßlichen Betreiberteams gegen das Verbot ab.
„Linksunten.Indymedia“ sei eine Vereinigung gewesen, die sich 2008 zum Zweck gebildet habe, eine linke Gegenöffentlichkeit zu schaffen, sagte der Vorsitzende Richter des 6. Senats, Ingo Kraft, in der Urteilsbegründung.

So argumentierten die Kläger
Die Kläger selbst nahmen nicht an der Verhandlung teil. Ihre Anwälte wandten sich hauptsächlich dagegen, dass das Bundesinnenministerium zum Mittel des Vereinsverbots gegriffen hat, um eine Internetseite zu verbieten. „Der Zweck der Maßnahme ist es nicht, eine vorgeschaltete Vereinigung zu verbieten. Sondern der faktische Zweck der Maßnahme ist es, eine Internetseite abzuschalten“, kritisierte Anwalt Sven Adam. Für die publizistische Plattform müsse der Rundfunkstaatsvertrag gelten – nicht das Vereinsrecht. „Die Presse- und Meinungsfreiheit wird durch das Verbot massiv eingeschränkt“, sagte Anwältin Angela Furmaniak.

Klage wird abgewiesen
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klagen ab. „Linksunten.Indymdia“ sei eine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes gewesen – auch wenn es kein klassischer Verein mit Satzung und Vorstand gewesen sei. Ob alle Verbotsgründe, die das Bundesinnenministerium für das Verbot angeführt hatte, korrekt waren, überprüfte das Gericht allerdings nicht. Entscheidend dafür war, dass sich die Kläger nicht als Mitglieder des vermeintlichen Vereins bekannten.
Die Kläger aus Freiburg scheiterten, weil sie sich selbst ausdrücklich nicht zu „Linksunten.Indymedia“ bekannten. Sie hatten als Einzelpersonen geklagt. „Eine vollständige Überprüfung des Vereinsverbots kann nur der Verein selbst erreichen“, sagte der Vorsitzende Richter des 6. Senats, Ingo Kraft, in der Urteilsbegründung.

Kein klassicher Verein, oder gar kein Verein?
Vier Männer und eine Frau klagten als Einzelpersonen. Ihnen waren vom Bundesinnenministerium 2017 als mutmaßlichen Mitgliedern des Betreiberteams die Verbotsverfügungen zugestellt worden. Einen Verein hätten sie allerdings nicht gebildet, hieß es von ihren Anwälten – als solcher seien sie lediglich vom Innenministerium konstruiert worden. „Dass der Verein nicht geklagt hat, beruht nicht darauf, dass er es nicht konnte, sondern dass er es nicht wollte“, sagte dagegen Wolfgang Roth, der vor Gericht das Bundesinnenministerium vertrat.
Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig. Die Anwälte der Kläger kündigten an, mit den Fällen wahrscheinlich vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Sie sehen Grundrechte beschnitten. Der Zweck des Vereinsverbots sei „ausschließlich auf eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit gerichtet gewesen“, sagte Rechtsanwalt Sven Adam, der einen Kläger vertrat.
Das Bundesinnenministerium hatte das Vereinsverbot 2017 nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg ausgesprochen. Auf der Plattform sei zu linksextremistischen Straftaten aufgerufen worden, hieß es zur Begründung.
Die Verhandlung in Leipzig knapp zweieinhalb Jahre später fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Am Samstag war es bei einer Solidaritäts-Demonstration gegen das Verbot der Internet-Plattform zu Krawallen gekommen. (dpa)
INDYMEDIA UND LINKSUNTEN
„Indymedia.org“ ist nach wie vor im Internet aktiv. „Linksunten.Indymedia“ hatte sich 2009 abgespalten. Weil das neue Portal ursprünglich für den Südwesten Deutschlands gedacht war, nannte es sich mit Bezug auf eine Karte „Linksunten“. Vor wenigen Tagen tauchte ein Archiv der verbotenen Plattform wieder im Netz auf. Ob das Bundesinnenministerium auch ein Verbot der Hauptseite „Indymedia.org“ in Betracht zieht, dazu sagte das Ministerium auf Anfrage nichts. „Zu etwaigen Verbotsüberlegungen äußert sich das BMI generell nicht, unabhängig davon, ob hierzu im Einzelfall überhaupt Anlass besteht“, teilte ein Sprecher mit.
Die Anwälte der Kläger kündigten an, Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen zu wollen. „Das Urteil ist eine Enttäuschung“, sagte Anwältin Furmaniak. Ihr Kollege sagte, das Gericht habe sich um eine inhaltliche Auseinandersetzung gedrückt.