Steffen Rüth

Dein Leben kann verdammt stressig sein, wenn du so ziemlich in ganz Europa der Fachmann für die Sommerhits bist. Und so düst Álvaro Soler innerhalb eines Arbeitstages von Stuttgart über Baden-Baden nach Frankfurt, besucht überall die Radiosender, die seinen Song „Sofia“ gerade bis zum Umfallen spielen. Und findet aufgrund des obligatorischen Staus bei Stuttgart statt des ursprünglich geplanten Interviewtermins in Baden-Baden bloß noch Zeit für ein Telefonat auf der Autobahn.

„Die letzten zwei, drei Monate waren die anstrengendsten meines Lebens“, sagt Soler – der vollständige Name ist übrigens Álvaro Tauchert Soler. „Ich bin fast jeden Tag in einem anderen Land und bereits glücklich, wenn ich mal kurz Zeit für ein Nickerchen habe.“ An eine anständige spanische Dreistunden-Siesta sei schon lange nicht mehr zu denken, aber die sei ohnehin massiv vom Aussterben bedroht, zumal in Barcelona, Álvaros Geburtsort. „Abends ist mit mir dann regelmäßig nicht mehr viel los. Sobald ich mein Hotelbett sehe, schlafe ich auch meistens schon ein.“

Und das durchaus in aller Regel allein. „Sofia“, das Mädchen aus dem Hit, sei keine aktuelle, sondern eine ehemalige Freundin, „ich erinnere mich in dem Song an unsere schönen Zeiten zusammen.“ Die, so sagt er, liegen fünf Jahre zurück, und das Mädchen heißt in echt weder Sofia, noch habe sie sich in letzter Zeit mal gemeldet. „Mit Frauen halte ich mich eh gerade zurück. Man weiß auch nie, warum die jetzt was von einem wollen.“

Es ist ja schon eine rare Leistung, zwei Sommer hintereinander jeweils einen der dominierenden Hits zu landen. „El Mismo Sol“ (Unter derselben Sonne) war 2015 in diversen Länden, darunter die Schweiz und Italien, an der Spitze, „Sofia“ in diesem Jahr ebenfalls, und sogar das Debütalbum „Eterno Agosto“ (Ewiger August) schaffte es in diesen beiden Ländern ganz nach oben, in Deutschland immerhin auf Rang Fünf, in Österreich auf Sechs. Der One-Hit-Wonder-Zug ist also bereits wieder abgefahren. „Ich sehe mich nicht ausschließlich als den Typen für die Sommerhits“, relativiert der 25-Jährige, „auf dem Album sind ja auch einige eher nachdenkliche Songs. Aber klar, meine Musik ist positiv, verbreitet gute Laune und passt sehr gut zum Sommer.“

„Zwischen meinem zehnten und siebzehnten Lebensjahr haben meine Eltern, mein kleiner Bruder und ich in Tokio gelebt“, erzählt er. „Das war für mich als Jungen total spannend und prägend. Man lernt sehr schnell, sich auf verschiedene Kulturen, Mentalitäten und unterschiedlichste Menschen einzustellen.“ In Japan ging Álvaro auf die deutsche Schule, die Mutter stammt aus Spanien, der Vater ist Deutscher, der allerdings in Indonesien zur Welt kam und kaum in Deutschland gelebt hat. Kennengelernt haben sich die beiden an der Costa Brava, der Vater lebte und arbeitete dort, die Mutter machte Urlaub. „Für mich war es noch easy – zehn Jahre Barcelona, sieben Jahre Tokio, dann wieder Barcelona. Viele meiner Freunde zogen mit ihren Familien fast jedes Jahr um, da wusstest du nicht, ob die gerade in Dubai oder Hongkong lebten.“

Musik liebte Álvaro schon immer, aber eher so zum Spaß. Er spielt Klavier, seit er zehn ist, und mit dem Bruder und zwei Freunden gründet er 2010 die Pop-Band Urban Lights, da singt er noch auf Englisch. Aber hauptsächlich studiert Soler in Barcelona Industriedesign, er hat das Studium mit 22 sogar beendet und war innerlich „auf Jahre mies bezahlter Praktika“ eingestellt, als er während eines Songschreiber-Camps in Österreich, wo er mit seiner Band teilnimmt, auf seinen zukünftigen Manager Benjamin Budde aus Berlin trifft. „Irgendwie hat das mit uns sofort gepasst, wir beschlossen also, es einfach mal auszuprobieren. Natürlich war es für mich die totale Überraschung, dass ich plötzlich zum Popstar werden sollte.“

Schnell unterschreibt Álvaro seinen Plattenvertrag, und mit Simon Triebel (Gitarrist der Band Juli) und Alexander Zuckowski (Sohn des Kindermusiksängers Rolf Zuckowski) hat er zwei Songkomponisten-Profis im Team, die Lieder auf „Eterno Agosto“ entstehen gemeinsam, die Texte sind alle von Álvaro. Seit Anfang 2015 lebt er jetzt in Berlin („kälter, als ich dachte“), besser gesagt, er hat dort eine Wohnung, daheim sei er gerade nur ungefähr zwei Tage pro Monat. Im vergangenen Herbst rief dann sogar Jennifer Lopez an, sie wollte mit Álvaro eine englische Version von „El Mismo Sol“ aufnehmen, das geschah dann mit „Under The Same Sun“ auch.

Beim Videodreh in New York und Miami hing man dann ein bisschen zusammen ab, traf sich auf einer Party. Sein Eindruck? „Sie ist cool!“

Zur Person

Álvaro Soler wurde 1991 in Barcelona geboren. Sein Vater ist Deutscher, die Mutter Spanierin. Nach dem Studium wechselte er ins Musikfach und landete 2015 den ersten Hit. Auch in diesem Jahr ist er mit dem Song „Sofia“ ganz vorne in den Charts dabei. Sein erstes Album „Eterno Agosto“ erschien 2015.