Zugegeben, es war ein leichtfertiger Vorschlag an die Familie: „Wir könnten nach Zürich shoppen gehen.“ Die Vorstellung, am Ende eines Tagesausfluges mit Einkaufstaschen internationaler Marken bepackt zu sein, verschaffte den Kindern und der Frau blitzartig leuchtende Augen. Immerhin ist die Schweizer Metropole nicht nur für ihre schöne Lage und historische Bebauung bekannt, sondern lockt mit zahllosen hippen Boutiquen und edlen Geschäften und Kaufhäusern.
Tagesausflügler, Städtetouristen und Spontan-Shopper sollten beim Besuch der sehenswerten Stadt jedoch das ganz dicke Portemonnaie einpacken. Eine ernüchternde Erkenntnis, die auch die vierköpfige Familie schnell ereilt, als sie von deutschem Boden in die größte Stadt der Schweiz fährt.
Zur eigenen Ehrenrettung sei gesagt: Dass die kleine Reisegruppe aus der Finanzmetropole Frankfurt stammt und nicht gänzlich unbedarft ist, was das Preisgefüge von Kleidung, Luxus-Marken und internationalen Marken angeht. Doch der Schock über die in Zürich aufgerufen Preise war mächtig.
Auch die Verpflegung gerät zur finanziellen Herausforderung
Dass in etlichen Schaufenstern mit Preisnachlässen von 30 Prozent geworben wurde, steigerte zunächst die Kauflaune. Doch dass viele der im Schaufenster ausgestellten Waren nicht mit Preisen ausgezeichnet waren, wirkte bereits verdächtig. Das Vorhaben die beiden jugendlichen Söhne mal neu einzukleiden, wurde schnell fallengelassen.
Für Jeans und Chinos einschlägiger Brands wäre gut ein Drittel mehr zu zahlen gewesen als in der deutschen Heimat. Ungläubige Blicke ernteten viele Etiketten: 850 Franken für eine profane Lederjacke der Marke Boss oder 190 Franken für eine Tommy-Hilfiger-Hose, die beide im Internet locker für den halben Preis zu bestellen wären. Die Ernüchterung ist groß, dabei wurden beim Familien-Einkauf besonders elegante Boutiquen noch gemieden und eher gewöhnliche Kaufhäuser aufgesucht.
Doch selbst die Tagesverpflegung gerät zur finanziellen Herausforderung. Zum morgendlichen Kaffee war ein Tisch im traditionsreichen Café Sprüngli ergattert worden: Sicherlich, Qualität hat ihren Preis, aber 7,30 Franken für einen doppelten Espresso und ein Croissant für 2,90 Franken fanden wir dann doch etwas unangemessen. Dekadent wirkte womöglich die Bestellung eines Proseccos (0,1ml) für 11 Franken, zu nennen wäre hier auch das Glas heiße Schokolade für 9,60 Franken für den Nachwuchs.
Currywurst für 9,50 Franken, aber mit Seeblick

Da der Mensch nun mal essen muss, blieb das hochpreisige Thema erhalten: Es wäre wohl vermessen von Touristen-Abzocke zu sprechen, wenn 8,50 Franken für eine Bratwurst und 9,50 Franken die Currywurst aufgerufen werden. Doch immerhin hätte bei deren Verzehr die Sicht auf den Zürichsee genossen werden können.
Wir sahen dennoch ab, ebenso von der Pizza für 23,50 Franken, auch wenn die Mägen schon knurrten. Was sich auszahlte, denn (Achtung: Geheimtipp!) im Restaurant des Jelmoli-Kaufhauses finden sich geradezu Schnäppchenpreise: bei 13,80 Franken für einen Beefburger mit einem Schweizer Berg Pommes kann dies durchaus behauptet werden.
Da waren dann für 30 Franken die vier Heißgetränke im hippen Café in der Altstadt am gegenüberliegenden Limmat-Ufer noch zu finanzieren. Die Kugel Eis im Straßencafé für fünf Franken ließen wir gedanklich jedoch schmelzen. In der Summe schlug die kulinarische Schmalkost für vier Personen am Ende des Tages allein mit 250 Franken zu Buche. Die Warnung von Freunden: „Nehmt vielleicht besser jeder eine Butterstulle mit“, hätten wir besser nicht mit einem Anflug von Weltläufigkeit beiseite wischen sollen.
Unter den teuersten Städten der Welt
Besser noch wäre ein Blick in die einschlägigen Rankings der teuersten Städte der Welt gewesen: Denn dort rangiert Zürich traditionell auf den obersten Plätzen. Das Leben in der Schweizer Wirtschaftsmetropole ist nicht nur für Normalverdiener teuer, sondern selbst für Gutbetuchte wird in Zürich das Wohnen, Essen und Einkaufen schnell zum Luxus.
Im von der Bank Julius Bär veröffentlichten „Global Wealth and Lifestyle Report“ von 2022 findet sich Zürich auf dem siebten Platz der weltweit teuersten Metropolen. Im europäischen Vergleich belegt die rund 450.000 Einwohner zählende Stadt hinter London und Monaco gar den dritten Rang. Wer in Zürich leben, arbeiten oder nur entspannen möchte, sollte die hohen Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Restaurants und Transport im Blick haben.
Dann eben Kultur und Vintage-Kleidung
Gut es war schon immer teuer einen ausgefallenen Geschmack zu haben. Bei einem Tagesausflug kann man sich aber noch mit Ersatzprogramm retten: Das Shoppen wurde kurzerhand durch Kultur mit einer Besichtigung der Marc-Chagall-Kirchenfenster im Frauenmünster ersetzt. Das führte zwar zu Unmutsbekundungen der Söhne, doch auch diese konnten durch den Erwerb von bei Jugendlichen angesagter Vintage-Kleidung auf dem Züricher Flohmarkt zufrieden gestellt werden. Zürich ist kostspielig, aber eine Reise wert.