Ein solcher Satz ist schrecklich: „Ihr Mann und ihr Kind können bleiben. Sie werden ausgewiesen.“ Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Vor dreißig Jahren lebte ich in der Schweiz. Mein Mann sollte eine neue Stelle in Slowenien antreten, und ich hatte zum geplanten Umzugstermin meinen Job gekündigt. Aber der Wechsel wurde immer wieder verschoben. Ich saß auf gepackten Koffern und fühlte mich unsicher in diesem Schwebezustand, denn im Fremdenausweis stand als Aufenthaltsgrund immer noch Erwerbstätigkeit.
So griff ich zum Telefon und rief die Fremdenpolizei an. Das hätte ich besser bleiben gelassen. Es nützte nichts, dass ich Schwyzerdütsch sprach und als Ärztin einen akzeptierten Beruf hatte. Mein Gesprächspartner erwies sich als Gesprächsgegner. Ruppig teilte er mir mit, dass ich mein Aufenthaltsrecht verwirkt habe und mich darauf einstellen könne, demnächst „ussgschafft“ zu werden.
Natürlich war das Quatsch. Trotzdem kann ich noch heute das Gefühl abrufen, das ich damals hatte: Mir wurde buchstäblich der Boden unter den Füßen weggerissen. Dummerweise versuchte ich zu argumentieren. Wir nahmen ja keine Sozialleistungen in Anspruch und hatten ein ausreichendes Familieneinkommen. Da wurde es am anderen Ende der Leitung richtig hässlich. Ich legte auf und brauchte einige Atemübungen, um wieder runterzukommen. Ich habe mich zwar über den Kollegen bei der Ombudsstelle des Kantons offiziell beschwert, aber die Angelegenheit verlief im Sande, da wir irgendwann doch ausreisten. Aber freiwillig und als komplette Familie.
In Slowenien – damals noch nicht in der EU – erwartete mich ein Beschäftigungsverbot. Als Ärztin war ich beruflich kaltgestellt. Mein ehrenamtliches Engagement als Mentorin für junge Menschen war zuerst ein Ersatz für die Berufstätigkeit, hat mich danach aber nie mehr losgelassen. An unserem Tisch saßen junge Menschen aus zehn Nationen. Bei vielen habe ich Spracherwerb und Ausbildung begleitet. Hinzu kommen Kinder, die wir in ihren Herkunftsländern unterstützten. Mein dementer Vater wurde liebevoll gepflegt von hochmotivierten, gut ausgebildeten Menschen, die aus Süd- und Osteuropa oder aus Nordafrika stammten. Was in ihnen nach der Debatte der letzten Tage vorgeht, will ich mir lieber nicht vorstellen.