In diesem Jahr wird zum Schweizer Nationalfeiertag am 1. August erstmals seit 2015 keine riesige Schweizerfahne an der Nordwand des Säntis hängen. Die Flagge konnte wegen des unbeständigen Wetters nicht ausgerollt werden. Das teilte die verantwortliche Säntis-Schwebebahn AG mit.
Seit 2015 bringt sie gemeinsam mit der Heimgartner Fahnen AG und der Geo-Höhenarbeit AG die größte Nationalflagge der Schweiz zur Freude der Eidgenossen einen Tag vor dem 1. August am Ostschweizer Hausberg an. Bis an den Bodensee wäre die 80 mal 80 Meter große rote Fahne mit dem weißen Kreuz sichtbar gewesen.
Doch 2023 müssen die Eidgenossen den Feiertag ohne sie zelebrieren. Dafür konnten am Montag Interessierte die eingerollte Fahnen-Wurst begutachten.
Sicherheitsrisiko wäre zu hoch gewesen
„Eine Absage schweren Herzens“, schreibt Sarah Bösch, Marketingleiterin bei der Säntis-Schwebebahn. Sie erklärt: „Häufiger Regen und teilweise starker Wind verhinderten die notwendigen Vorbereitungsarbeiten, wie Fahnen-Transport und Montage an den Felsen.“ Zwar sei die Wettervorhersage für den heutigen Montag sonnig, aber mit Böen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 Kilometern pro Stunde zu gefährlich für die Höhenarbeiter, die die 700 Kilogramm schwere Flagge an der Nordwand des Säntis anbringen sollten.
„Das Sicherheitsrisiko wäre zu hoch“, so Sarah Bösch. Zusätzlich seien die langfristigen Wetterprognosen so ungünstig, dass das Zusammenrollen und der Rücktransport der Fahne erst in einigen Tagen möglich gewesen wären.
Höhenarbeiter: „eine große Enttäuschung“
Für Ignaz Giger ist das eine „große Enttäuschung“. Seit 2017 bringt er gemeinsam mit 24 weiteren Kletterern von der Geo-Höhenarbeit die Flagge an die Nordwand des höchsten Bergs der Appenzeller Alpen. „Ich war bei der Entscheidung, sie nicht anzubringen, dabei“, sagt der 33-Jährige im Gespräch mit dem SÜDKURIER, „wir haben sie uns nicht leicht gemacht.“
Aber für die Sicherheit der Höhenarbeiter, die das schwere Stück Stoff in 900 Metern Höhe anbringen und ausrollen müssen, sei es die einzig richtige Option gewesen. „Besonders enttäuscht waren die, die zum ersten Mal mit am Berg gewesen wären“, sagt Giger. Bei dieser Aktion dabei zu sein, sei eine große Ehre.
Traditionell wird die Fahne am 31. Juli vor Publikum in über zweistündiger Arbeit entrollt. „Wenn man danach runterkommt und in Empfang genommen wird von den Leuten, das ist ein toller Moment“, schwärmt der Höhenarbeiter.
Interessierte konnten Fahnenwurst bestaunen
Die Initiatoren luden an diesem Montag spontan Interessierte ein, um die eingerollte Nationalflagge aus der Nähe zu bestaunen und anzufassen. Oder besser: Die Fahnen-Wurst, wie Sarah Bösch das aus schwerem Spezialgewebe bestehende Stück Nationalstolz nennt.
Auch Ignaz Giger war bei dem kleinen Fest dabei: „Es war schön und eine Gelegenheit für die Menschen, Fragen zur Schweizerfahne zu stellen.“ Zum Beispiel, wie groß sie ist: 6400 Quadratmeter. Oder, wie lange es dauert, sie herzustellen: 600 Arbeitsstunden. Oder, was am Berg alles vorbereitet werden müsse, damit das weiße Kreuz auf rotem Grund entrollt werden könne. „Die Gäste waren erstaunt, wie schwer und groß unser Spezialgerät ist“, sagt er.
Der Höhenarbeiter blickt nun voller Hoffnung ins Jahr 2024: Dann soll, wenn das Wetter mitspielt, die Fahne wieder hängen – und bis an den Bodensee strahlen.