Bei bundesweiten Durchsuchungen im „Reichsbürger“-Milieu ist im baden-württembergischen Reutlingen ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos durch einen Schuss verletzt worden. Der Zustand des Polizisten ist nach dpa-Informationen stabil. Er besaß eine Erlaubnis für den Besitz von Waffen.

Mutmaßlicher Schütze der „Reichsbürger“-Razzia in U-Haft

Der Verdächtige sei nun in Untersuchungshaft. Das teilte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch in Karlsruhe mit. Der Beamte war bei dem Vorfall in Reutlingen am Arm verletzt worden.

Die Durchsuchung stand im Zusammenhang mit der am 7. Dezember aufgedeckten Gruppe mutmaßlicher Reichsbürger um den Frankfurter Geschäftsmann Heinrich XIII. Prinz Reuß, die einen Staatsstreich geplant haben sollen. Auch im Bodenseekreis hatte es damals Durchsuchungen gegeben.

Baden-Württemberg Schwerpunkt der Durchsuchungen

WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichteten, es habe Durchsuchungen bei 19 Personen in sieben Bundesländern gegeben.

Laut „Spiegel“ wurden in ganz Deutschland 22 Objekte durchsucht, unter anderem in Berlin und in Singen. Betroffen war auch ein Objekt im Raum Göttingen, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover sagte.

Schwerpunkt der Durchsuchungen war nach dpa-Informationen Baden-Württemberg. Der Generalbundesanwalt habe insgesamt 20 Objekte durchsuchen lassen, teilte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf Twitter mit.

Strobl warnt vor der „Reichsbürger“-Szene

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl warnte nach dem Schuss auf den SEK-Beamten eindringlich vor der Szene und kündigte ein weiteres konsequentes Vorgehen an.

Bild 1: SEK-Beamter bei Reichsbürger-Razzia angeschossen – Durchsuchungen auch in Singen und St. Gallen
Bild: Marijan Murat

„Das sind staatsfeindliche, sehr gefährliche, gewaltbereite Leute, die auch eine hohe Waffenaffinität haben“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch bei einem Besuch des Tatorts in Reutlingen.

Razzia auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Gegen zwei Personen seien Strafverfahren eröffnet worden, teilte die Bundesanwaltschaft in Bern mit. Es bestehe der Verdacht auf Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Organisation. Gemäß Schweizer Medienberichten fanden die Razzien im Kanton St. Gallen statt, die Beschuldigten seien Schweizer Staatsbürger.

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„Die Klärung der mutmaßlichen Rollen und Absichten der beschuldigten Personen ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, teilte die Bundesanwaltschaft mit.

Die deutsche Generalbundesanwaltschaft habe auch Rechtshilfeersuchen gestellt, die „entweder bereits abgeschlossen sind oder sich gegenwärtig im Vollzug befinden“, teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft weiter mit. Die Rechtshilfe kann unter anderem Befragung von Zeugen oder Verdächtigen umfassen und die Auslieferung von Festgenommenen.

Fünf neue Beschuldigte

Die Durchsuchungen richteten sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft gegen fünf Beschuldigte aus Bayern, Niedersachsen, Sachsen und der Schweiz wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit.

Daneben wurden die Räumlichkeiten von 14 weiteren Personen durchsucht, die nicht als verdächtig gelten.

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Anfang Dezember hatte es eine großangelegte Anti-Terror-Razzia gegen „Reichsbürger“ in mehreren Bundesländern, Österreich und Italien gegeben.

Unter ihnen ist der Frankfurter Geschäftsmann Heinrich XIII. Prinz Reuß, der mutmaßliche Kopf des Netzwerks, außerdem die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und vorläufig suspendierte Richterin Birgit Malsack-Winkemann.

Heinrich XIII Prinz Reuß, der mutmaßliche Kopf eines Netzwerks aus Reichsbürgern, wird Ende Dezember 2022 verhaftet.
Heinrich XIII Prinz Reuß, der mutmaßliche Kopf eines Netzwerks aus Reichsbürgern, wird Ende Dezember 2022 verhaftet. | Bild: Boris Roessler, dpa

In diesem Verfahren ermittelte die Bundesanwaltschaft außerdem gegen 30 weitere Menschen. Es hatte immer geheißen, es sei nicht ausgeschlossen, dass im Laufe der Zeit mehr Beschuldigte hinzukommen.

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Wie die dpa erfuhr, waren unterschriebene Verschwiegenheitserklärungen, die bei der ersten Razzia entdeckt wurden, ein wichtiger Ausgangspunkt für den Einsatz am Mittwoch. Zu den Unterzeichnern gehörten nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden mehrere Waffenbesitzer.

„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr. (dpa/sk)

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