Tilmann P. Gangloff

Wer am Fasnachtssonntag auf heitere Krimiunterhaltung im Stil etwa des „Tatorts“ aus Münster hofft, wird womöglich ein kleines TV-Trauma erleben: Mit seiner Kombination aus Sex, Gewalt und Fasnacht könnte der Schwarzwaldkrimi so manchen Zuschauer verstören.

„Ich hab im Traum geweinet“ handelt von einer ehemaligen Prostituierten, die heute als Krankenschwester in einer Schönheitsklinik arbeitet. Gleich zwei zufällige Begegnungen mit früheren Freiern (Ronald Kukulies, Andreas Döhler) enden mit gewalttätigen Auseinandersetzungen; beide Männer können sich vorstellen, Erzeuger von Romys Sohn zu sein, und wollen ihr das Kind wegnehmen. Mittlerweile lebt die junge Frau mit einem Arzt zusammen, der sich wie ein Vater um den Jungen kümmert. Als der zweite Freier erschlagen in seinem Hotelzimmer gefunden wird, steht das Paar unter Mordverdacht.

Regie führte Jan Bonny. Schon bei „Der Tod macht Engel aus uns allen“ (ein „Polizeiruf“ aus München von 2013) hatte es Jugendschutzdiskussionen gegeben. Bonnys erster „Tatort“, „Borowski und das Fest des Nordens“ (2017), war ein Film über ungeschminkte Brutalität im Alltag. Für das Fasnachtsdrama gilt das nicht minder. Eine Geschichte im konventionellen Sinn erzählen Bonny und Co-Autor Jan Eichberg zunächst ohnehin nicht. Zum Krimi wird der Film erst nach einer guten halben Stunde. Bis dahin besteht die Handlung aus einer bizarren Mischung: Eindrücke von der alemannischen Fasnet mit ihren gruseligen Masken und einer Stimmung latenter Bedrohlichkeit wechseln mit Sexszenen, die in Gewalt ausarten.

Schlichte Story

Die Geschichte von „Ich hab im Traum geweinet“ – der Titel bezieht sich auf ein Gedicht von Heinrich Heine – lebt in erster Linie von emotionaler Komplexität. Hätte Bonny sie als handelsüblichen Krimi erzählt, wäre umgehend deutlich geworden, wie schlicht sie letztlich ist. Die in Elzach im Breisgau gedrehten Fasnachtsszenen dienen nur als Vorwand für eine Art enthemmten Ausnahmezustand. Viele Momente wirken wie improvisiert. Tatsächlich lässt Bonny seinen Darstellern viel Freiraum. Die Aufnahmen vermitteln eine gewisse Rohheit. Die Handkamera ist zum Teil fast schon unangenehm nah an den Figuren. Wo in anderen Krimis Befragungen sorgfältig inszeniert aussehen, versetzt Bonny den Zuschauer durch die Bildgestaltung in die Rolle eines teilnehmenden Beobachters.

Die Fernsehfilmredaktion des SWR hat den Jugendschutzaspekt durchaus im Blick gehabt, aber offenbar nicht für problematisch erachtet. Sie lässt wissen, dass sich der Film mit seinen Themenfeldern und der Erzählweise deutlich an Erwachsene wende: „Deren Gefühle und Bedürfnisse werden ernst genommen, ohne dass die Verhaltensweisen der Figuren beschönigt werden.“ Das sei für Jugendliche ab zwölf Jahren erkennbar.