Heizöl im Internet bestellen – und dann stornieren, falls der Preis fällt? Wer das jetzt plant, hat Pech: Seit einer Gesetzesänderung dürfen Heizölkäufe nicht mehr per Widerruf rückgängig gemacht werden. Das gilt auch für andere nicht leitungsgebundene Energien wie Pellets oder Scheitholz. „Der Verlust des Widerrufsrechtes bei Heizöl-Lieferungen ist für Verbraucher bitter“, sagt Matthias Bauer, Abteilungsleiter Energie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Die Gesetzesänderung beruhe auf einer EU-Richtlinie, die ihrem Namen nach eigentlich die Verbraucherrechte stärken sollte. „Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Die Lobby der Heizölbranche hat zum Nachteil der Verbraucher ganze Arbeit geleistet“, so der Verbraucherschützer.
Baden-Württemberg sei davon besonders betroffen. „Wir sind immer noch ein Heizöl-Land“, sagt Experte Bauer. Laut einer Übersicht des Umweltministeriums Baden-Württemberg wird der Energiebedarf privater Haushalte zu rund 27 Prozent mit Öl gedeckt. Der Anteil ist fast genauso hoch wie der von Erdgas mit knapp 30 Prozent. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt kommt Öl nur auf rund 20 Prozent, Erdgas hingegen auf rund 40 Prozent.
Heizöl schon bestellen oder noch warten?
Das ist die meistgestellte Frage. Seitdem Heizenergie immer teurer wird, denken die Haushalte noch genauer darüber nach, wann sie am besten ihre Tanks und Lager für den Winter füllen. Den richtigen Bestell-Zeitpunkt zu erwischen, spart viel Geld. Preisprognosen sind aber schwierig. So ist Heizöl in jüngster Zeit zwar deutlich teurer geworden, aber niemand weiß, ob sich die Entwicklung fortsetzt – oder möglicherweise auch umgekehrt und der Preis wieder sinkt. Dann wäre es lohnend, mit dem Kauf noch zu warten.
Gegen dieses Preis-Risiko gab es bis vor zwei Jahren einen Trick: Viele Kunden bestellten online, telefonisch oder per E-Mail – und stornierten die Bestellung bei sinkenden Preisen, um dann beim selben Lieferanten oder woanders billiger einkaufen zu können. Das gesetzliche Widerrufsrecht bei sogenannten Fernabsatzgeschäften gab ihnen dazu 14 Tage lang – unter bestimmten Bedingungen sogar länger als ein Jahr – Gelegenheit. Ausnahmen galten bislang nur für wenige Produkte wie etwa Maßanzüge und versiegelte oder schnell verderbliche Waren.
Was ist bei Heizöl, Pellets und Holz neu?
Mit der eleganten Möglichkeit, ohne Risiko zu bestellen und Geld zu sparen, hat der Gesetzgeber bei nicht leitungsgebundenen Energieträgern Schluss gemacht. Versteckt in der Begründung eines Gesetzes, das eine EU-Verbraucherschutz-Richtlinie aus dem Jahr 2019 umsetzt, wird das Widerrufsrecht durch § 312g Absatz 2 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen.
Die EU begründet die Ausnahmebestimmung damit, dass der Preis der Energien von kurzfristigen Schwankungen auf den internationalen Märkten abhängig sei, auf die das liefernde Unternehmen keinen Einfluss habe. Die Regelung ist im Bundesgesetzblatt am 17. August 2021 veröffentlicht und seither gültig. Das betrifft laut Verbraucherzentrale neben Heizöl auch andere nicht leitungsgebundene Energien wie Holzpellets, Scheitholz, Kohle und Erdgas für Tanks auf dem Grundstück.
„Mit dem rechtsverbindlichen Abschluss des Kaufvertrages sind Verbraucher/innen als Heizölbesteller folglich an die mit dem Händler vereinbarten Konditionen einschließlich Kaufpreis und Liefertermin rechtlich gebunden, ohne spätere Stornierungsmöglichkeit“, heißt es dazu beim Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti). Hierdurch solle auch das gegenseitige Vertrauensverhältnis in der teils langjährigen Kundenbeziehung geschützt und zugleich eine faire und verlässliche Wärmeversorgung der Verbraucher durch den Händler garantiert werden, so der Verband.
Wie können die Kunden reagieren?
Wer bisher auf die Storno-Möglichkeit setzte, wird beim Bestellen jetzt vermutlich vorsichtiger sein. „Der im Internet abgeschlossene Vertrag mit dem Öllieferanten bleibt auch dann gültig, wenn der Käufer nur wenige Minuten später stornieren will, zum Beispiel weil er doch noch ein günstigeres Angebot gefunden hat“, sagt etwa Ralf Schönfeld, Direktor des Eigentümerverbands Haus und Grund Rheinland-Pfalz.
Sein Rat lautet: „Der Kunde sollte sich vor dem Kauf sehr genau überlegen, ob er das Heizöl tatsächlich zu den angebotenen Konditionen ordern will, und keine übereilten Panikkäufe machen.“
Eine andere Frage ist, ob die Gesetzesnorm selbst in Frage gestellt werden könnte. So weist die Verbraucherzentrale darauf hin, dass der Bundesgerichtshof (BGH) das Widerrufsrecht von Heizöl-Kunden in einem 2015 gefällten Urteil noch bejahte. Demnach wiesen Verträge über die Lieferung von Heizöl „im Kern gerade keinen spekulativen Charakter auf“, da es sich hier um klassische Daseinsfürsorge – Wärme und Heizung – handele.
„Der Rechtsweg, ein erneutes Urteil des BGH zu erwirken, ist grundsätzlich offen“, sagt Verbraucherschützer Bauer. Er schränkt jedoch ein: „Ob sich Verbraucher finden, die diesen Weg bis zum BGH gehen wollen, wissen wir nicht. Dafür benötigen wir einen sehr langen Atem.“