Von Thomas Domjahn

Familie ist wieder in Mode. Das gilt nicht nur für die Gesellschaft, in der immer mehr junge Menschen sich auf traditionelle Werte besinnen und sich nach der Geborgenheit der Familie sehen. Nein, auch in der Wirtschaft sind Familienunternehmen wieder gefragt. Hinter über 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland steckt eine Familie. Die Skala der Familienunternehmen reicht von der Döner-Bude um die Ecke bis zu großen Konzernen wie Volkswagen, Metro oder Aldi. „Es wird im Moment mehr über Familienunternehmen geredet, weil den Deutschen bewusst geworden ist, dass viele Familienunternehmen in ihren Nischen Weltmarktführer sind“, sagt Michael Meier, geschäftsführender Gesellschafter der Werbeagentur Schindler Parent aus Meersburg.

Auch als Arbeitgeber würden Familienunternehmen immer beliebter. Gerade die sogenannte Generation Y der zwischen 1980 und 1999 geborenen Menschen könne sich gut mit der Unternehmenskultur von Familienunternehmen identifizieren. „Das Unternehmensklima von Familienunternehmen passt gut zur Generation Y, die sich nicht nur über ihr Gehalt definiert, sondern vor allem nach einer sinnstiftenden Arbeit sucht“, sagt Meier. In den meisten Familienunternehmen gehe man traditionell anders mit den Mitarbeitern um. „Die Mitarbeiter gehören oft fast wie zur erweiterten Familien“, so Michael Meier.

Bei den Konsumenten stehen Familienunternehmen ebenfalls hoch im Kurs. „Vor allem im Nahrungsmittelbereich ist es vorteilhaft, sich nach außen als Familienunternehmen zu positionieren“, sagt Meier. So verbinden die meisten Verbraucher Lebensmittelskandale eher mit Management-geführten Unternehmen als mit Familienunternehmen. In manchen Branchen, zum Beispiel im High-Tech-Bereich, kommunizieren viele Firmen dagegen gar nicht oder nur sehr defensiv, dass sie ein Familienunternehmen sind. Denn Familienunternehmen gelten als nicht sehr innovationsfreudig – zu Unrecht findet Michael Meier. „Es gibt Familienunternehmen, denen Innovationen im Blut liegen“, sagt er.

Freilich halten nicht alle Familienunternehmen dem hohen Innovationsdruck stand. „Es gibt auch Familienunternehmen mit einem hohen Verharrungsvermögen, die lieber eine Unternehmenspolitik der kleinen Schritte gehen“, sagt Meier. „Aber im digitalen Zeitalter muss man sich fragen, ob die zweite Strategie noch Erfolg versprechend ist“, so Meier weiter. Heutzutage reiche es oft nicht, seine Produkte von Jahr zu Jahr minimal zu verbessern. Vielmehr müsse man parallel nach neuen Geschäftsmodellen suchen.

Neben der Wandlungsfähigkeit ist die Nachfolgeregelung eine große Herausforderung für Familienunternehmen. Denn nicht immer wollen die Kinder eines Unternehmers in die Fußstapfen ihres Vaters treten. „Man sollte sich so früh wie möglich mit dem Thema Nachfolge beschäftigen“, rät Meier. Gleichzeitig solle man bei der Nachfolge seine Kinder nicht unter Druck setzen, sondern sie frei entscheiden lassen. Hilfreich sei, die Kinder langsam in das Unternehmen hineinwachsen zu lassen. „Die Kinder sollten möglichst auch Erfahrung außerhalb des eigenen Unternehmens sammeln und in andere Branchen reinschauen“, erklärt Meier. Zudem sollte man bedenken, dass es nicht jedem Kind liege, ein Unternehmen zu führen. „Dass man zu einer Unternehmerfamilie gehört, macht einen nicht automatisch zu einem innovativen Unternehmensführer.“

Anders als die Überschrift dieses Artikel suggeriert, sind übrigens auch die Töchter von Unternehmern auf dem Vormarsch: Einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) zufolge haben fast 20 Prozent aller Familienunternehmen in Deutschland einen weiblichen Chef.

„Firmen bedienen Familien-Sehnsucht“

Reinhard Prügl von der Zeppelin Universität leitet das Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen. Er spricht über die Vor- und Nachteile von Familienunternehmen.


Herr Prügl, woran forschen Sie an Ihrem Lehrstuhl?

Wir beschäftigen uns mit den Chancen und Herausforderungen von Familienunternehmen in Bezug auf deren Zukunftsfähigkeit, insbesondere mit Fragen zu Innovation, Nachfolge und Markenführung.

Was unterscheidet Familienunternehmen von Nicht-Familienunternehmen?

Familienunternehmen sind authentisch. Und Familienunternehmer sind Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten. Außerdem sind Familienunternehmen langfristig orientiert. Sie denken nicht in Quartalsberichten, sondern in Generationen. Schließlich sind Familienunternehmen oft in der Region verwurzelt und leisten dort einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben. Familienunternehmen müssen übrigens nicht zwingend kleine Unternehmen sein. Es gibt Familienunternehmen in allen Größen. Es geht bei Familienunternehmen darum, dass die Eigentümerfamilie die Unternehmensführung aktiv mitgestaltet, sei es im Management oder als Gesellschafter.

Warum kommunizieren Familienunternehmen immer öfter nach außen, dass sie ein Familienunternehmen sind?

Diesen Trend gibt es tatsächlich. Familienunternehmen gelten als integer, qualitätsbewusst und solide. Wer sich als Familienunternehmen positioniert, hat ein Alleinstellungsmerkmal. Die Karte Familienunternehmen wird daher immer öfter bewusst gespielt. Gerade junge Leute sehnen sich nach der Familie, obwohl oder vielleicht sogar weil immer weniger Kinder in einer klassischen Familie aufwachsen. Diese Sehnsucht können die Familienunternehmen bei der Vermarktung ihrer Produkte bedienen.

Was sind die Nachteile von Familienunternehmen?

Eine zentrale Herausforderung ist es, über Generationen die Wandlungsfähigkeit zu erhalten. Nicht alle Familienunternehmen schaffen das. Denn es besteht die Gefahr, dass man sich auf seinen Erfolgen ausruht und nur noch Traditionen und Werte der Vorfahren bewahren will. Es gibt aber auch viele Familienunternehmen, die in ihrem Bereich Innovationsführer sind und die Trends der Branche vorgeben.

Fragen: Thomas Domjahn