SK

Herr Fichtel, was war Ihr schönstes Derby-Erlebnis?

Ach herrje, das ist schon so lange her. Das war 1978, da stand Eike Immel noch im Tor der Borussia. Wir haben mit 5:1 zu Hause gewonnen. Da habe ich mein bisher einziges Tor geschossen.

Anmerkung der Redaktion: „Bisher“ ist gut. Der Mann ist seit fast 30 Jahren in Fußball-Rente. kaum vorstellbar, dass da noch ein weiteres Derby-Tor hinzukommt. Oder? Aber davon später mehr


Und ihr schlimmstes Derby?

Das weiß ich noch genau. Wir haben in Dortmund gespielt und man konnte vor lauter Nebel nicht von einem Sechzehner zum anderen sehen. Damals war Dortmund wirklich sehr, sehr stark und wir waren erst noch auf dem Weg zu einer guten Mannschaft. Wir haben hoch verloren.

Anmerkung der Redaktion: 1966 endete das als „Nebelspiel“ bezeichnete Derby mit einem Dortmunder 6:2-Erfolg. Unter anderem Lothar Emmerich mit drei Treffern machte den Schalkern den Garaus. „Wir mussten uns gegenseitig über den Spielstand informieren“, hatte Fichtel damals zu Protokoll gegeben und Emmerich soll getönt haben: „Wenn wir etwas gesehen hätten, hätten wir noch höher gewonnen.“


Woraus resultiert eigentlich die Derby-Faszination, die Fußball-Deutschland so in seinen Bann zieht?

Man konnte einfach nie irgend etwas voraussagen. Ganz gleich, wer von beiden gerade oben oder unten in der Tabelle stand. Die Faszination resultiert aus der ganz besonderen Rivalität. Ich weiß es noch, als damals Rudi Assauer beim BVB und ich auf Schalke spielten. In 90 Minuten war unsere Freundschaft erloschen, da ging’s aber richtig zur Sache. Nach dem Schlusspfiff war dann aber alles wieder vergessen.


Heutzutage, da auch der Fußball mehr globale als nationale Bedeutung zu haben scheint, kommt die Derby-Brisanz doch fast anachronistisch daher, oder?

Kann sein. Es kommen ja immer weniger Spieler aus dem unmittelbaren Umfeld der beiden Vereine. Da fällt es natürlich schwer, eine Rivalität, wie wir sie kannten, zu entwickeln.


Haben Sie noch Kontakt zu den alten Rivalen von damals?

Klar, bis zu seinem Tod vor einigen Monaten etwa mit Aki Schmidt. Und wenn wir mit unseren Traditionsmannschaften gegeneinander spielen sowieso.

Anmerkung der Redaktion: Na also, der Mann könnte also doch noch Derby-Tore schießen.


Sind Sie denn auch im Stadion?

Aber sicher. Wir haben mit unserer Traditionsmannschaft so etwa 22 Plätze fest.


Derbys zwischen Schalke und Dortmund hatten in der jüngsten Vergangenheit auch ein hohes Aggressionspotenzial bei den Fans. War das zu Ihrer aktiven Zeit eigentlich auch so?

Nein. Rivalität gab es vornehmlich auf dem Platz. Aber es ist doch auch so: Von den Randalieren interessiert es ja doch kaum jemanden, was auf dem Platz passiert.


Trainer, denen ein Derby-Sieg gelingt, werden von den Fans wie Helden gefeiert. Zurecht?

Es ist ja das Spiel des Jahres. Immer noch. Das Derby zu gewinnen, war damals schon fast wichtiger als die Deutsche Meisterschaft. Die meisten Spieler kamen aus der unmittelbaren Umgebung – also: Ärmel hoch, und dann ging’s zur Sache. Die Trainer kannten sich ja auch untereinander und wenn es dann gegeneinander ging, hieß es: ab die Post. In der heutigen Zeit, glaube ich, haben viele junge Spieler keinen Zugriff mehr auf den Begriff Revier-Derby.


Und wie geht das Derby diesmal aus?

Normalerweise ist Dortmund der Favorit mit deren starker Offensive. Aber Schalke muss nicht verlieren. Es kommt wohl auf die Taktik an. Wir müssen möglichst lange das 0:0 halten . . . und dann hoffen.


Fragen: Jürgen Beckgerd