Steffen Rüth

Dave, Sie haben sich vor zwei Jahren bei einem Konzert in Schweden das Bein gebrochen. Die darauffolgende Tournee mussten Sie auf einem Thron sitzend absolvieren. Spüren Sie noch etwas von der Verletzung?

Nein, zum Glück nicht. Alles ist wieder gut verheilt. Aber das war harte Arbeit. Ich habe jeden Tag drei bis vier Stunden Physiotherapie gemacht, die Muskeln waren ja total verkümmert. Mein Arzt meinte, wenn ich mache, was er sagt, dann werde ich wieder rennen, Fußball spielen und hinterm Schlagzeug sitzen können. Wenn nicht, werde ich für den Rest meines Lebens am Stock gehen. Das hat mir mächtig Angst gemacht. Also habe ich meinen Körper echt so lange gequält, bis er wieder wie gewohnt funktionierte.

Sie hatten ursprünglich eine mindestens einjährige Bandpause angekündigt. Daraus ist nichts geworden, oder?

Nein, daraus wurde nichts. Als ich sagte, wir wollten eine Weile nichts machen, war ich kreativ wie leergefegt. Doch nach sechs Monaten kam die Inspiration ziemlich heftig zurück. Ich setzte mich hin und schrieb.

Im April habe ich Sie in New York bei einer Lesung erlebt. Sie unterstützten Ihre Mutter, die ein Buch über Mütter von Rockstars geschrieben hat (Virginia Hanlon Grohl: From Cradle to Stage: Stories from the Mothers Who Rocked and Raised Rock Stars). Wer hat mehr Rock’n’Roll von Ihnen beiden?

Mum! Sie hat den Geist des Rock’n’Roll wirklich inhaliert. Ich habe es echt genossen und geliebt, mit ihr diese Buchpräsentationen zu absolvieren. Die Veranstalter in den Buchläden meinten, „Schafft ihr beiden es wohl, 45 Minuten miteinander zu reden?“ Und wir nur: „Logisch, das machen wir seit 48 Jahren.“

Haben Sie einen ähnlichen Musikgeschmack?

Teils, teils. Selbst wenn ich Death Metal hörte, sagte meine süße, konservative Mutter niemals „Um Gottes willen, nein“. Mum verstand, dass du deine eigene musikalische Identität finden möchtest, wenn du jung bist. Aber wir hatten auch gemeinsame Favoriten. Ich erinnere mich gut, wie ich in den Siebzigern bei meiner Mum im Auto saß und wir zusammen Radio hörten. Das war das goldene Zeitalter von Melodien und echten Songs: Carly Simon, 10cc, die Beatles sowieso.

Der Einfluss der Siebziger und Bands wie den Beatles ist mit prägend für „Concrete and Gold“. „Happy Ever After“ oder „Dirty Water“ rufen Erinnerungen wach an Alben wie „Pet Sounds“ von den Beach Boys und „Sgt. Pepper’s“ von den Beatles. Ihr Freund Paul McCartney spielt auf dem neuen Song „Sunday Rain“ Schlagzeug. Was sagt er zum neuen Album?

Er liebt es. Paul und ich unterhalten uns vor allem über das Songschreiben, er geht ähnlich vor wie ich und hat vergleichbare Prioritäten.

Welche?

Die Melodie muss sitzen. Der Krach ist leicht, du kannst mit wenig Mühe eine der lautesten Bands der Welt sein, das bringt uns auch großen Spaß, aber besonders anspruchsvoll ist es nicht, Lärm zu machen. Die wahre Kunst und die echte Herausforderung steckt aber in der Melodie. Als Kind war ich der größte Beatles-Fan überhaupt, wegen der Beatles lernte ich Gitarre zu spielen, ihre Platten waren meine Musikschule.

„Concrete and Gold“ ist ein äußerst dynamisches Album. Sanfte und harte Passagen folgen oft unvermittelt aufeinander, etwa in „T-Shirt“ oder dem Titelstück, und bei aller Vertrautheit hört sich die Platte doch wieder anders an als die vorherigen.

Das ist immer unser Ziel. Einige meiner liebsten Bands sind jahrzehntelang einem sehr konstanten Sound treu geblieben, Motörhead und AC/DC zum Beispiel, und ich liebe sie dafür, immer ihr Ding gemacht zu haben. Mit mir und den Foo Fighters verhält es sich anders. Für uns fühlt es sich immer so an, als gäbe es noch neues Terrain zu erobern. Doch nicht nach der Devise „Wir müssen endlich unser verdammtes Reggae-Album machen“, sondern ungezwungen und freihändig. Du siehst einfach zu, in welche Richtung die Musik läuft und läufst mit.

In „Happy Ever After“ singen Sie über Ihr „Shangri La“, also Ihr persönliches Paradies. Haben Sie es schon gefunden?

Ich suche noch. Der Song ist lustig, er handelt von meinem Leben nach der Band. Ich stelle mir vor, einen Ort gefunden zu haben, an dem ich auch ohne die Foo Fighters zufrieden bin.

Können Sie sich ein Leben ohne die Foo Fighters überhaupt ausmalen?

Natürlich kann ich das. Schon nach unserem ersten Album dachte ich: „Vielleicht ist jetzt schon Schluss“. Nach jeder Platte denke ich, es könnte die letzte gewesen sein. Aber ich habe nicht vor, die Foo Fighters zu beenden, absolut nicht. Vieles macht mir heute noch mehr Spaß als vor 22 Jahren, als wir anfingen.

Fragen: Steffen Rüth

Zur Person

Dave Grohl, 48, ist Sänger und Gitarrist der von ihm gegründeten Band Foo Fighters. Aufgewachsen in der Nähe von Washington startete er seien musikalische Laufbahn mit 17 als Schlagzeuger der Band Scream. Nach deren Auflösung wechselte er zu Nirvana und nahm dort gemeinsam mit Kurt Cobain das legendäre Album „Nevermind“ auf. Nach Cobains Tod gründete Grohl die Band Foo Fighters „Concrete And Gold“ heißt das neunte Album der Foo Fighters, mit der er bis heute neun Alben produziert hat. Das aktuelle Album trägt den Titel „Concrete and Gold“ und ist gerade erst erschienen. (brg)
 


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