Zehn Kollegen der beiden DHL-Frachtpiloten reisten wie in den Jahren zuvor zum Jahrestag des Unglücks mit ihren Motorrädern von Brüssel an den Bodensee. Die Mehrheit der Angehörigen der 45 getöteten Kinder schaffte es am Wochenende nicht, zum fünften Jahrestag vor Ort um ihre Liebsten zu trauern. Aus unbekannten Gründen war ihr geplanter Sonderflug direkt von der baschkirischen Hauptstadt Ufa nach Friedrichshafen abgesagt worden. Nur rund 20 Angehörige erreichten zusammen mit US-Anwalt Gustavo E. Fuentes, der die Interessen von insgesamt 30 Angehörigen von Opfern vertritt, noch rechtzeitig einen Linienflug der Lufthansa von Moskau nach Frankfurt, von wo die Mütter und Väter mit Bussen an den Bodensee fuhren. Bei Überlingen-Brachenreuthe nahmen sie mit rund einem weiteren Dutzend Besuchern der russischen Teilrepublik, die die Anreise auf eigene Faust organisiert hatten, in der Nacht zum heutigen Montag an einer Gedenkfeier teil. Um 23.35 Uhr waren am 1. Juli 2002 die baschkirische Tupolew 154 und die DHL-Frachtmaschine am Himmel über Überlingen und Owingen zusammengestoßen. 71 Menschen verloren dabei ihr Leben. Der Skyguide-Fluglotse Peter Nielsen war später von einem trauernden Vater erstochen worden.
Pfarrer Meinrad Huber erinnerte gestern Nachmittag bei einer Trauerfeier in der Nähe des Owinger Teilorts Taisersdorf daran, dass alle Menschen nur "Wanderer und Pilger in Zeit und Raum" seien. Bei Owingen-Taiersdorf war die brennende DHL-Frachtmaschine in freiem Feld abgestützt und hatte den Piloten Paul Phillips und seinen ersten Offizier Brant Campioni in den Tod gerissen. Die Leichen der Insassen der Tupolew 154 waren ebenfalls auf Owinger Gemarkung sowie im Bereich Überlingen bei Brachenreuthe gefunden worden.
Die Künstlerin Daniela Einsdorf hat zum fünften Jahrestag des Unglücks eine überdimensionale Lichtskulptur geschaffen, die gestern Nacht die Gedenkstätte bei Überlingen erhellte. Inspiriert wurde Einsdorf von einem Denkmal in Ufa: Wie Engel winden sich dabei 71 Gebilde in den Himmel. In Überlingen wies die Skulptur, die Einsdorf den Angehörigen nun schenken will, 72 kleine Flämmchen auf: So wurde auch des getöteten Skyguide-Lotsen gedacht.
Während am Bodensee Einheimische und Angehörige der Opfer gedachten, ist die letzte Klappe für einen in Sachsen gedrehten Kinofilm gefallen. Unter dem Arbeitstitel "Der Lotse" standen dafür unter anderem Marie Bäumer und Sebastian Blomberg vor der Kamera bei Colditz im Muldentalkreis. Nach Angaben der Produktionsfirma "Moneypenny" soll der Film, der das Flugzeugunglück vom 1. Juli 2002 cineastisch aufarbeiten will, 2008 in die bundesdeutschen Kinos kommen.