Markus Jourdan ist zufrieden. „Ich glaube, ich habe da was losgestartet“, sagt der Handwerker am Telefon. Ein paar Tage ist es her, dass er vor seiner Werkstatt in Althengstett ein Schild aufgehängt hat. Eine kleine Gemeinde im Kreis Calw mit 8000 Einwohnern. Die nun in ganz Deutschland in den sozialen Medien zitiert wird. Dank Jourdan und seinem Schild. Darauf ist zu lesen: „Sympathisanten und Wähler der Grünen möchten wir in unserer Werkstatt nicht bedienen.“ Sie seien Schuld am Untergang des Mittelstands. Man bitte um Verständnis.
Das Schild ist innerhalb kurzer Zeit viral gegangen. „Ich habe über 400 Emails bekommen – aus ganz Deutschland“, sagt der Handwerker, der zuvor nie politisch aktiv gewesen sei. Man hört ihm an, dass er selbst nicht mit den Reaktionen gerechnet hätte. „Die meisten stimmten mir zu, ich würde sagen 99 Prozent.“
„Das kann doch keiner mehr bezahlen“
Die Geschichte, warum er das Schild aufhängte, hat er seither oft erzählt: Keine Spontanaktion sei es gewesen, 200 Euro habe es gekostet. Der Handwerker und Unternehmer ärgert sich über die aktuelle Politik: „Es wird immer schlimmer, vor allem für den Mittelstand“, sagt er. Vor allem die CO2-Steuer, die Maut und das Heizungsgesetz. Das könne doch keiner mehr bezahlen. Das Problem sei, so der 59-Jährige, der ein Unternehmen mit 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führt, dass kleine Betriebe wie der seinige dann die Preise erhöhen müssten. „Das ist in den vergangenen Jahren mehrfach vorgekommen.“
In den sozialen Medien, etwa auf Reddit (Internetforum), merken mehrere Nutzer an, dass die Grünen diese Dinge nicht allein beschlossen hätten, sondern gemeinsam mit der Ampel.
Darum geht es Markus Jourdan gar nicht primär, sagt er. Sondern um die grüne Politik, die die Bürger, insbesondere den Mittelstand, vergesse. „Ich wünsche mir, dass die Steuern für die Bürger, den Mittelstand, gesenkt werden. Als Regierung muss ich einfach auch meine Bürger, mein Land zufriedenstellen. Doch das passiert nicht, wir geben und geben nur.“
Eigentlich kein politischer Typ
Er sei eigentlich kein politischer Typ, sei parteilos, „weder rechts noch links“. Aber er machte sich ernsthaft Sorgen. „Gegen die Partei an sich habe ich nix“, erklärt er. Sein Ärger richtet sich vor allem gegen die Grünen in der Bundesregierung. „Die bei uns hier sind ein Stück besser.“
Einer von den Grünen in Markus Jourdans Heimatgemeinde ist Philipp Jourdan, Vorsitzender des Grünen-Gemeinderat und Mitglied im Kreisvorstand. Die beiden sind nicht verwandt.
„Unsachliche Anfeindungen nehmen zu“
„Dass uns Grünen unsachliche Anfeindungen entgegenschlagen, hat in den letzten Monaten leider zugenommen“, sagt er im Gespräch mit SÜDKURIER. Sogar die Handwerkskammer vor Ort musste erklären, dass keine Gefährdung des handwerklichen Mittelstandes durch Grüne festgestellt werden kann, um zu deeskalieren. „Für uns bedeutet diese Lücke zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit, dass wir unsere Politik vor Ort noch besser erklären müssen“, sagt er. Und will reden, mit Markus Jourdan. Die beiden kennen sich gut. „Meine Familie und ich sind Kunden bei ihm“, so der Grüne Philipp Jourdan, „ich weiß nicht, was ihn zu diesem Schild bewogen hat.“ Er wolle nun im Dialog Missverständnisse ausräumen.
Und wie ist das im Kreis Konstanz?
Christiane Kreitmeier ist Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag Kreis Konstanz. „Die Kritik an übergeordneter grüner Politik nimmt auf jeden Fall zu, insbesondere am Heizungsgesetz“, sagt sie. Aber: Bei der kommunalpolitischen Arbeit hier im Kreis sehe das anders aus.
Wie reagiert sie persönlich als Grüne auf die Kritik an den Bundes-Grünen?
„Jede Person muss für sich überlegen: Will ich was fürs Klima tun oder wartet man ab, ob sich in Richtung Förderung noch was tut?“ Ja, es sei teuer. Und auch sie findet, dass bei der Förderung noch nachgebessert werden müsse. „So, dass sich auch Menschen mit wenig Einkommen beteiligen können.“
Die Aktion im Kreis Calw von Handwerker Jourdan findet sie „okay, wenn daraus ein Dialog entsteht.“
Ist Markus Jourdan denn dazu bereit? Will er wirklich keine Grünen mehr bedienen?
„Also ganz im Ernst“, sagt er, „ich bin wirklich keiner, der dann sagen würde: ‚Geh weg.‘ Natürlich würde ich mich unterhalten.“ Aber das Schild sei so eben effektiver gewesen, als einfach nur „Grün, nein danke“.