Obwohl er im Landtag häufig die schärfsten Angriffe auf Grün-Rot reitet, kennt Hans-Ulrich Rülke, den Chef der FDP-Fraktion, kaum einer. Das ergaben gleich mehrere Umfragen. Die Berliner Werbeagentur Heimat machte aus der liberalen Not eine Tugend. „Du kannst Rülke nicht ändern. Aber Rülke etwas im Land“, dichteten die Texter, grammatikalisch nicht ganz korrekt, über den Doktor der Philosophie und früheren Gymnasiallehrer. Rülkes Konterfei ist auf der Bildkomposition mit neuem Haarschopf - gescheitelt statt stoppelig – in den vier Grundfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz zu sehen. Er gestikuliert, zeigt hierhin, dorthin, redet und lacht. Seine Frau bekam die als Großplakat gedachte Szene zu Weihnachten als Poster fürs Wohnzimmer, bekannte er auf dem 114. Landesparteitag in Fellbach.

Ein Spitzenkandidat in Badehose

Die Heimat-Werber haben Erfahrung mit Liberalenvermarktung: Für Katja Suding in Hamburg entwarfen sie den ironischen Spruch „Unser Mann für Hamburg“. Suding holte 7,4 Prozent bei der Bürgerschaftswahl. Die Bremer Spitzenkandidatin Lencke Steiner (6,6 Prozent) gab als Spezialgast auf dem Parteitag Tipps als absolvierte sie eine Studioaufzeichnung des Existenzgründercastings „Die Höhle der Löwen“ bei Vox: „Was ist unser unique selling point?“ In Bremen seien besondere „Locations“ für Veranstaltungen erfolgreich gewesen, plauderte sie in Fellbach. Die Bremer FDP lud zum Wahlkampfauftakt in die Vip-Lounge des Weser-Stadions.
„Wir müssen die Chance haben, unser tolles Programm zu präsentieren!“

Baden-Württembergs FDP, derzeit in Umfragen bei fünf Prozent, hofft auf ähnliche Effekte durch die neue Popart-Kampagne. Dass werberische Provokationen allein nicht zum Erfolg führen, zeigten indes die Freien Demokraten in Sachsen und Thüringen. Sie plakatierten aufsehenerregend "Keine Sau braucht die FDP" oder "Wir sind dann mal weg" – und blieben außerparlamentarische Opposition.

Die Südwest-FDP schreibt die Uli-Rülke-Geschichte fort, allerdings nur als Bildmotiv: Auf dem Nachfolgeplakat ihrer Wahlkampagne steht ein anderer Text: „Der nächste Schritt für unser Land“. Die „Marke Rülke“, der menschelnde Kandidat, wanderte ab in die Weiten sozialer Netzwerke. Auf Instagram postete der FDP-Spitzenkandidat ein Bild in Badehose, in der er allerdings als schmaler 19-Jähriger und mutmaßlich am Ufer des Bodensees steckt. Auf die Bemerkung eines Users, ob es sich da auf der Seventies-Badehose etwa um die verlassenden Liberal-Farben Gelb-Magenta handle, pflichtet Rülke bei: „Die Hose ist der Ursprung der FDP!“ Derlei ist ganz nach Lenke Steiners Geschmack.
„So kann es nur funktionieren: Ihr habt den James Bond Baden-Württembergs!“ Inhalte? Überschätzt!
 

Der SWR sammelt Jugendbilder von mir für ein Fernsehportrait. Da war ich 19?#ltwbw16 #fdp #enzkreis #fdpbw16

Ein von Dr. Hans-Ulrich Rülke (@uliruelke) gepostetes Foto am