Uli Homann

Kein Tag ohne Neuigkeit im Fall des Mordes an Carolin G.: Schon im Februar hat der Spediteur, bei dem der mutmaßliche Doppelmörder aus Rumänien beschäftigt war, den Ermittlern einen Massen-Gentest unter seinen LKW-Fahrern vorgeschlagen – die Polizei lehnte das aber ab. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Freiburg wurde der 40-jährige Tatverdächtige am vergangenen Mittwoch von anderen Häftlingen zusammengeschlagen. Inzwischen hat die Polizei Einzelheiten bestätigt, wie die Festnahme des Mannes am 2. Juni in einer Endinger Spedition abgelaufen ist.

Robin Schray, Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums, erklärte auf Anfrage des SÜDKURIER, Mithäftlinge in der Untersuchungsabteilung der JVA hätten den 40-jährigen Rumänen „während der allgemeinen Aufschlusszeit“ angegriffen und im Gesicht verletzt. Der Vorfall werde untersucht. Nach ersten Erkenntnissen seien die notwendigen Sicherungsmaßnahmen in der JVA nicht getroffen worden.

Bei der Einlieferung des Fernfahrers am 3. Juni habe eine Fachabteilung des Ministeriums auf „eine besondere Fremdgefährdung“ des Untersuchungsgefangenen hingewiesen. Dennoch sei er geschlagen und getreten worden. Laut Staatsanwaltschaft Freiburg hat er bei dem Übergriff „nicht unerhebliche Verletzungen“ erlitten. In Medienberichten ist von Rippenprellungen und ausgeschlagenen Zähnen die Rede. Der 40-Jährige wurde nach Angaben des Ministeriums im Krankenhaus behandelt und anschließend in eine andere JVA verlegt. Die Zahl von 20 Angreifern wurde nicht bestätigt. Gegen die Täter wurde ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet, hieß es.

Unterdessen ist bekannt geworden, dass der Chef der Endinger Spedition, für die der Rumäne seit dem 8. Oktober 2015 fuhr, der Polizei im Februar einen Massen-Gentest seiner Mitarbeiter vorgeschlagen hat. Das habe er als seine Bürgerpflicht angesehen, ließ er verlauten. Die Ermittler haben das Angebot nach Aussagen von Polizeisprecher Dirk Klose nicht wahrgenommen, weil damals die These, der Täter sei ein LKW-Fahrer, nur eine von mehreren Annahmen gewesen sei. Ein Massen-Gentest sei deshalb zu dem Zeitpunkt „nicht nur rechtlich schwierig, sondern auch unverhältnismäßig gewesen“.

Im Januar 2017 hatte sich herausgestellt, dass übereinstimmende Teil-DNA des 40-Jährigen sowohl bei dem Endinger Mord an Carolin G. als auch bei dem Gewaltverbrechen an Lucille K. 2014 im österreichischen Kufstein identifiziert worden war. Der Speditions-Chef in Endingen fragt sich jetzt, ob der mutmaßliche Doppelmörder mit einem Massen-Gentest nicht schon im Februar hätte gefasst werden können. Die Spedition hielten die Ermittler weiter im Auge – es gab mehrfach einzelne Speichelproben für DNA-Tests von Fahrern des Logistik-Unternehmens, die kein Ergebnis brachten. Das in Endingen entstandene Phantombild hing sogar in der Spedition aus, so der Betriebs-Chef. Keiner erkannte darauf jedoch den Kollegen. Er selbst sah wohl auch nicht die Gefahr, erkannt zu werden – denn er blieb in Endingen.

Am Donnerstag vor Pfingsten konfrontieren Polizeibeamte den LKW-Fahrer auf dem Betriebsgelände mit der Tatsache, dass er vom 11. auf den 12. Januar 2014 für eine Spedition in Kufstein unterwegs war, als Lucille K. dort erschlagen wurde. Das hatten Angaben der Spedition ergeben, nachdem durch österreichische Mautdaten 13 LKWs und durch Nachforschungen deren Fahrer identifiziert worden waren. Der Rumäne bestreitet die Anwesenheit in Kufstein nicht und gibt eine Speichelprobe ab – dann geht er nach Hause.

Als im Labor die Übereinstimmung der inzwischen drei DNA-Proben des Rumänen nachgewiesen wird und die Polizei bei der Spedition nach ihm fragt, sitzt er bei seinem Arbeitgeber im Büro. Die Polizei fordert den Unternehmer auf, dafür sorgen, dass der Mann das Büro nicht verlässt. Nach zehn Minuten treffen bewaffnete Beamte ein, sie tragen schusssichere Westen und nehmen den Tatverdächtigen fest, ohne dass dieser Widerstand leistet. Im Fernsehen sagt der Speditions-Chef, ihm sei erst im Nachhinein klargeworden, dass „ich eine halbe Stunde auf einen brutalen Doppelmörder aufgepasst habe“.

Eine halbe Stunde nach der Festnahme trifft auf dem Firmengelände eine Dolmetscherin ein. Der Verdächtige wird über seine Rechte belehrt und abtransportiert, wie Polizeisprecher Klose bestätigt. Die Waffe, mit der Carolin G. ermordet wurde, sei jedoch nach wie vor nicht gefunden worden. Zu Erkenntnissen, die über die Auswertung des Handys und andere Datenträger des LKW-Fahrers gewonnen werden konnten, würden aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben gemacht.