Jutta Freudig

Auf der Schlechtwege-Teststrecke drehen bereits die ersten Mercedes ihre Runden, in zwei umgebauten, einstigen Kasernengebäuden forschen die Daimler-Ingenieure an Hightech-Arbeitsplätzen. Das Prüf- und Technologiezentrum der Daimler AG in Immendingen hat seine Arbeit lange vor der für das Jahr 2018 vorgesehenen Fertigstellung aufgenommen. Gleichzeitig hielten auf der gigantischen Baustelle, die früher einmal Standortübungsplatz der deutsch-französischen Brigade war, die Bagger und Lastwagen zum Bau weiterer Teststrecken Einzug. Millionen Kubikmeter Erde werden bewegt, Schotter herangefahren, restliche Rodungen vorgenommen. Immendingen steht ganz im Zeichen von Daimler und wird bald nicht mehr Garnisonsstandort sein.

Im März wird das Artilleriebataillon 295 – letzte deutsche Militäreinheit, die noch in der Oberfeldwebel-Schreiber-Kaserne stationiert ist – die Gemeinde Immendingen verlassen. Künftig werden die Soldaten in Stetten am Kalten Markt stationiert sein.

Noch in den letzten Dezembertagen kamen einige Hundert Besucher zum Verabschiedungsappell am Oberen Schloss, bei dem auch die deutsche und die französische Fahne eingeholt wurden. Immendingen war 15 Jahre lang eine der Garnisonen der Deutsch-Französischen Brigade. Schon bald ist die Gemeinde stattdessen aber Daimler-Standort.

Die Bauarbeiten für das 200-Millionen-Euro-Projekt des Prüf- und Technologiezentrums machen nach Angaben des Bauherrn, der Daimler AG, sehr gute Fortschritte. Nicht zuletzt dank der guten Witterung sind sie nach Angaben des Bauherrn im Zeitplan. Die einzelnen Teststrecken und Anlagen werden Schritt für Schritt verwirklicht. Auf dem breits fertiggestellten 1,5 Kilometer langen Schlechtwege-Modul mit eigenem Einhausungstunnel sind schon Testfahrzeuge unterwegs. Jeder der fünf Fahrer dreht hier seine vierstündigen Runden, setzt das Auto Staub, Schmutz und Nässe aus, ehe die Fahrzeuge anschließend in den Sindelfinger Klimakammern noch weitere Kälte-, Wärme- oder Salznebeltests durchlaufen.

Auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände entsteht derzeit die Daimler Teststrecke. 1 Teststrecke für Fahrdynamik und Bremsen; 2 Tests für ...
Auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände entsteht derzeit die Daimler Teststrecke. 1 Teststrecke für Fahrdynamik und Bremsen; 2 Tests für Fahrassistenten und autonomes Fahren; 3 Über 10 Kilometer langer Außenring; 4 Autobahn zum Test unter anderem von Totwinkelassistenten; 5 Albdauerlauf zur Simulation aller Albaufstiege zwischen Stuttgart und Tuttlingen; 6 Teststrecke für neue Lichtsysteme; 7 Teststrecke zum Stadtdauerlauf. | Bild: Daimler,

An anderer Stelle entstehen Dämme, werden Schicht für Schicht große Areale freigeschoben. Viele der hier geplanten Teststrecken und Prüfflächen wie der große Ovalrundkurs, die Bertha-Fläche für Erprobungen autonomen Fahrens, die Messgerade und andere, kleinere Prüftrassen lassen sich auf der von unterschiedlichen Höhenniveaus geprägten Riesenbaustelle bereits erkennen. Die Erdbewegungen haben die Planer auf ein Mindestmaß zu reduzieren versucht. Alles Erdmaterial bleibt innerhalb der Baustelle. Der Schotter wird seit Kurzem wegen fehlender Bahnanschlüsse regionaler Anbieter doch mit Lastwagen zur Baustelle gebracht, was zumindest die Transportentfernung verkürzt. Zwar wird die Kaserne selbst erst im Oktober 2016 von Daimler übernommen. Außer einem Bau- und Projektbüro im ehemaligen Soldatenheim betreibt der Autobauer aber auch schon Großraumbüros in zwei ehemaligen Kasernengebäuden. In deren umzäunten Umfeld finden bereits Erprobungen für autonomes Fahren, etwa zu Einparksituationen, statt. Auch Fahrzeug-Prototypen, sogenannte „Erlkönige“, kommen nach Immendingen. An den Gebäuden im Prüfzentrum stoppen die Testfahrzeuge und übermitteln ihre Daten direkt nach Sindelfingen.