Ingeborg Meier

Die Wirtschaftswunderjahre waren auch für das Singener Maggi-Werk und dessen Beschäftigte starke Jahre. Sie begannen allerdings mit einer Krise: Bis 1951 war Singen der Sitz der Maggi-Gesellschaft mit Vertrieb und Einkauf. Dann wurde die Geschäftsleitung nach Frankfurt am Main verlegt. Für den Betriebsrat mit dem späteren Landes-Arbeitsminister Ermin Hohlwegler an seiner Spitze war dies Anlass, tariflichen Stillstand und stagnierende Gehälter zu befürchten. Und die Belegschaft in Singen bangte um ihre Arbeitsplätze.

Es kam jedoch ganz anders: Maggi entwickelte und brachte viele neue Produkte auf den Markt, die bis heute noch beliebte Klassiker auf deutschen Tischen sind. Das Singener Jahrbuch 1996/97 vermerkt, dass insbesondere die Einführung eines verbesserten Suppensortiments – die schon fast legendären viereckigen Silber-Doppelpackungen- die Produktion rasant ankurbelte und das Werk bald an seine Kapazitätsgrenze gelangen ließ. Ab 1957 wurde deshalb nach einem weiteren Produktions-Standort gesucht, und schlussendlich im westfälischen Lüdinghausen gefunden.

1958 startete in Singen die Fertigung eines Produktes, das bis jetzt für Maggi immer noch ein absoluter Verkaufsschlager ist: Die verzehrfertigen Eierravioli aus der Dose. Sie kamen der Italien-Sehnsucht der damaligen Zeit ein Stück weit entgegen. Dose auf – und man konnte nun auch zu Hause italienisch genießen. Ebenfalls neu eingeführt wurde in dieser Zeit Suppen in der Dose.

Jede Menge Maggi gab es übrigens auch für die deutsche Fußball-Weltmeister-Elf , als ihr Zug nach dem Wunder von Bern auf der Heimreise am 5. Juli 1954 in Singen hielt. 25 000 begeisterte Menschen erwarteten die Kicker am Bahnhof, beschreibt Singens ehemaliger Kulturamtschef Alfred Georg Frei in seinem Buch „Finale Grande“. Die Fans drängten sich auf den mit Blumen geschmückten Bahnsteigen und auf dem damals noch existierenden Maggi-Steg, der die Bahngleise überspannte. Im Maggi-Hauptgebäude standen die Mitarbeiter Schulter an Schulter an den Fenstern, um die Weltmeister-Elf zu begrüßen. Maggi-Mädchen aus der Abteilung „Aufmachung“ in blütenweißen Arbeitskleidern, so ist am nächsten Tag im SÜDKURIER zu lesen, brachten die neuesten Maggi-Produkte an den Zug. Gemeinsam mit ihrem Personalchef Spindler und dem Werksdirektor Dr. Hefti überreichten sie den Spielern Eintöpfe und Suppenwürfel. Wer eine solche Leistung erbringe, der solle auch gut und modern essen können, hieß es.