Hans Peter Seitel

Den bekannten Enkeltrick gibt es neuerdings in einer besonders raffinierten WhatsApp-Variante. Viele fragen sich nun, wie die Betrüger an die Handynummern ihrer Opfer kommen – und ob man sich davor schützen kann. Einmal mehr zeigt sich: Eine sparsame Verwendung persönlicher Daten im Netz hilft Ärger vermeiden.

„Mein altes Handy ist kaputt“

„Hallo Oma“, „Hallo Mama“ – so oder ähnlich fängt die WhatsApp-Anfrage an. Dann geht es weiter: „Ich habe eine neue Nummer, mein altes Handy ist kaputt.“ Schließlich folgt die Fangfrage: „Kannst du bitte eine dringende Rechnung für mich überweisen, mit meinem neuen Handy funktioniert noch kein Online-Banking?“

Bild 1: Vorsicht bei Herausgabe der eigenen Handynummer: So schützen Sie sich vor dem neuen Enkeltrick per WhatsApp
Bild: Polizei Kleve

Wer sich darauf einlässt, weil er denkt, die unbekannte Nummer gehöre tatsächlich dem Enkelkind, der Tochter oder dem Sohn, kann viel Geld verlieren: Nach vorliegenden Polizeiberichten haben gutgläubige Opfer der neuen Masche schon vierstellige Euro-Beträge an Fremde überwiesen.

Auch Eltern werden kontaktiert

Was bei der Abzocke neu ist: Beim herkömmlichen Enkeltrick rufen die Täter in der Regel Großeltern übers Festnetz an, um eine Notlage und einen dringenden Geldbedarf vorzutäuschen. Für die Nummernsuche können sie das öffentliche Telefonbuch durchblättern und darin sogar nach Vornamen suchen, die einen älteren Gesprächspartner vermuten lassen.

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Für Handynummern existiert ein solches öffentliches Verzeichnis jedoch nicht. Laut Polizei werden bei der neuen Enkeltrick-Variante via WhatsApp nicht nur Großeltern, sondern auch jüngere Eltern kontaktiert – von vermeintlichen „Töchtern“ oder „Söhnen“. Laut Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen, das zahlreiche Fälle registrierte, liegen derzeit noch „keine validen Erkenntnisse vor“, welche konkreten Wege die Täter zur Beschaffung der Handynummern gehen. Das könne auch je nach Sachverhalt differieren.

Nummern werden einfach ausprobiert

Zufallsprinzip: Möglich ist zum Beispiel, dass die Täter plausible Nummern einfach ausprobieren, bis sie ein potenzielles Opfer erreichen. Handynummern haben bestimmte Vorwahlen, zum Beispiel 01523, und eine bestimmte Länge. „Wenn nur eine davon funktioniert, sind die Kosten mehr als drin“, sagt Henning Gajek vom Telekommunikationsportal Teltarif.de.

Mangelnder Datenschutz spielt Betrügern ebenfalls in die Hände. Nach den Erfahrungen des Landeskriminalamtes (LKA) Rheinland-Pfalz, das mehrere der neuen Fälle untersuchte, verlassen sich die Kriminellen aber nicht nur auf das Zufallsprinzip. Sie nutzten auch frei zugängliche Quellen im Internet, zum Beispiel bei Twitter oder Facebook, um an Handynummern zu gelangen, so eine LKA-Sprecherin auf Anfrage.

Datenlecks nutzen den Kriminellen

Datenlecks bei Unternehmen, zu denen es immer mal wieder komme, seien eine weitere Informationsquelle der Täter. „Es ist daher ratsam, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihren Daten im Internet sparsam umgehen, insbesondere in Social Media“, so die Sprecherin.

Was WhatsApp und Threema ermöglichen

Ein Beispiel: Im April dieses Jahres tauchten die Daten von sechs Millionen deutschen Facebook-Nutzern (mehr als 530 Millionen weltweit) in einem Internet-Forum auf, darunter neben E-Mail-Adressen auch Handynummern, wie Medien berichteten. Facebook teilte damals mit, dass die Daten nicht beim Unternehmen gehackt, sondern durch das sogenannte Scraping bekannt geworden seien. Beim Scraping werden Daten, die Nutzer selbst in ein Portal eingestellt haben, von Dritten systematisch eingesammelt und gespeichert.

Vorsicht! Dubiose Links per SMS!

Laut LKA versuchen die Betrüger darüber hinaus, Handynummern durch das sogenannte Smishing zu validieren, also zu überprüfen. Beim Smishing (eine Wortbildung aus SMS und Phishing) erhalten die Opfer eine SMS mit einer Botschaft, die ihr Interesse wecken soll, und einem Link, der sie beim Anklicken auf eine Webseite leitet. Dort sollen sie weitere persönliche Daten von sich preisgeben. Möglicherweise reicht den Tätern aber auch die Information, dass ihr potenzielles Opfer die Nummer aktiv verwendet.

Profilbild kann man verbergen

Hilfreich könnte es sein, das Profilbild zu verbergen. Für die Kriminellen ist dem LKA zufolge auch das WhatsApp-Profilbild der Personen interessant, die sie kontaktieren. Ist das Bild auch für Fremde sichtbar, könnten sie damit klären, in welchem Alter ihr potenzielles Opfer ist und ob es etwa mit „Oma“ oder „Papa“ anzusprechen ist.

Tipp: Unter den WhatsApp-Einstellungen kann die Anzeige des Profilbildes beschränkt werden auf die Personen, die in den eigenen Handy-Kontakten gespeichert sind. Nach vorliegenden Berichten fordern die Täter ihre Opfer gleich zu Beginn des Chats zur Abspeicherung der neuen Handynummer in den Kontakten auf.

Kein Geld ohne vorherige Prüfung überweisen!

Das LKA rät, das nicht zu tun, sondern bei dem Angehörigen über die alte Nummer zunächst zu fragen, ob sich ihre Nummer wirklich änderte. Außerdem sollte niemand Geld überweisen, bevor er nicht sicher weiß, dass der echte Angehörige die Bitte geäußert hat. „Geldüberweisungen über WhatsApp und andere Messenger sollten immer misstrauisch machen und überprüft werden“, warnt das LKA.

Das LKA stellt nach eigenen Angaben „kein überproportionales Fallaufkommen“ bei der neuen Enkeltrick-Variante mittels WhatsApp gegenüber der herkömmlichen Masche per Telefon fest. Es rät deshalb weiterhin zum Misstrauen, wenn sich Anrufer am Telefon nicht mit Namen melden. Statt den Namen des angeblichen Anrufers zu erraten und ihn zu sagen, sollte der Anrufer aufgefordert werden, ihn selbst zu nennen. Geld oder Wertsachen wie Schmuck sollten außerdem nie unbekannten Personen gegeben werden. Wer bereits Opfer einer Enkeltrick-Masche geworden ist, sollte immer Strafanzeige erstatten, so das LKA.

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