Seit Anfang März ist es wieder so weit: Die Steuererklärung kann losgehen. Denn bis dahin mussten Arbeitgeber, Krankenkassen, Rententräger und Versicherungen die notwendigen Daten für die Steuerberechnung 2022 an die Finanzverwaltung überspielt haben.

Wer schnell Geld vom Finanzamt zurückhaben möchte, sollte bei den ersten sein, die ihre Steuererklärung einreichen. Bearbeitet wird nach Eingangsdatum.

Für einen Großteil der Arbeitnehmer ist eine Erstattung drin, wie Erich Nöll vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL) betont.

Berufstätige können im Schnitt mit 1072 Euro rechnen. Wer das Optimum für sich rausholen will, darf keine Sparchance vergessen. Mit jedem Schnitzer geht viel Geld flöten. Letzter Abgabetermin ist der 2. Oktober. Einige Fehler, die es in sich haben können:

Fehler 1: Arbeitszimmer nicht voll angesetzt

Arbeiten im Homeoffice kann sich steuerlich auszahlen. Denn: Wer 2022 zu Hause einen abge­schlossenen Raum fast ausschließ­lich beruflich nutzte, kann Ausgaben wie Miete und Neben­kosten – bei Eigentum sogar Abschreibung und Schuldzinsen – anteilig absetzen. Für Durch­gangs­zimmer geht das nicht.

Wichtig: Die vollen Kosten in Anlage N kann geltend machen, wer in seinem Arbeitszimmer nachweislich mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit verbrachte. Andernfalls lassen sich nur Ausgaben bis 1250 Euro ansetzen. „Die vollen Kosten ohne 1250-Euro-Grenze muss das Finanzamt aber akzeptieren, wenn das Heimbüro Dreh- und Angelpunkt der beruflichen Tätigkeit war“, erklärt Nöll. Wer es versäumt, seine vollen Ausgaben, statt nur eines Teils abzusetzen, verschenkt meist viele Tausend Euro.

Fehler 2: Telefon- und Internetkosten vergessen

Nicht alle Beschäftigten, die mobil oder von zu Hause arbeiten, haben ein Dienst­handy, das vom Chef bezahlt wird. Wird der private Internet- und Telefonanschluss beruflich mitgenutzt, können 20 Prozent der Kosten als Werbungs­kosten steuerlich abge­setzt werden. Der Höchst­betrag liegt bei 240 Euro im Jahr. Das gilt auch für Beschäftigte auf Montage im Außen­dienst, in Schicht­arbeit oder Bereitschaft.

Die Kosten gibt es zusätzlich zum Home­office. Ein Beispielfall von Stiftung Warentest: Frau Schröder hat 2022 fast ausschließ­lich zu Hause gearbeitet. Sie nutzt ein Dienst­handy, die Fest­netz- und Internet­kosten von monatlich 80 Euro hat ihre Firma nicht über­nommen. Sie kann daher 20 Prozent von 960 Euro (zwölf Monate à 80 Euro), also 192 Euro ansetzen. Geht das vergessen, gehen ihr 60 Euro Steuerersparnis durch die Lappen.

Fehler 3: Zu viel für den Dienst­wagen gezahlt

Den geldwerten Vorteil für einen Firmenwagen müssen Arbeitnehmer zusätzlich zum Monats­gehalt versteuern. Privatfahrten meist mit der 1-Prozent-Methode plus Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz mit 0,03 Prozent je Entfernungs­kilometer. Wer 2022 aber viel daheim im Home­office war, brauchte den Dienstwagen deutlich weniger – und hat so übers Jahr zu viel versteuert.

Denn: Der Chef durfte trotzdem monatlich für Privatfahrten und Fahrten zum Job 1 Prozent des Bruttolistenpreises aufs Gehalt drauf­schlagen. Was Steuerbürger häufig vergessen: Bei der Abrechnung mit dem Finanzamt zählen nur tatsäch­liche Fahrten. Wer nur selten ins Büro fuhr, kann seinen Brutto­lohn also um die zu viel versteuerten Fahrten kürzen. Dann gehen nicht ein paar Tausend Euro Steuerersparnis flöten.

Fehler 4: Krankheitskosten nicht angegeben

Behandlungen bei Ärzten, Heilpraktikern, Physiotherapeuten und Logopäden sind absetzbar. Gleiches gilt für Medikamente, Operationen, Kuren, Brillen, Hörgerät, Rollstuhl und mehr. Aber: Erst wenn ein zumutbarer Eigenanteil überschritten wird, hilft der Fiskus mit. Wie hoch die Grenze ausfällt, hängt individuell von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl ab.

Was viele Steuerbürger beim Zusammenzählen ihrer Ausgaben vergessen: Auch die Fahrt­kosten zu Ärzten, Reha oder Therapie können abge­rechnet werden, und zwar mit 30 Cent pro gefahrenem Kilo­meter. Als Nach­weis genügt eine einfache Aufstellung der Fahrten. Jeder Euro kann helfen, die persönliche Hürde zu knacken. Wer von vornherein davon ausgeht, dass seine Grenze sowieso unerreichbar hoch ist, schießt oft viel Geld in den Wind. „Ein Fehler“, betont Christina Georgiadis, Sprecherin der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH).

Wer genau hinsieht, kann jedes Jahr Geld sparen.
Wer genau hinsieht, kann jedes Jahr Geld sparen. | Bild: Sven Hoppe, dpa

Fehler 5: Anfahrtskosten der Handwerker verschludert

Mieter und Eigentümer dürfen ihre Kosten für Handwerker im Haus sowie für haushaltsnahe Dienstleistungen in die Steuer packen. Es kann sich lohnen. Der Fiskus gewährt 20 Prozent Steuerrabatt auf die Lohn­kosten.

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Aber aufgepasst: Nicht jede Firma schlüsselt die abzugsfähigen Bausteine in der Rechnung stets vollständig auf. So vergessen Handwerker oft, die Anfahrtspauschale aufzulisten, Gärtner weisen die Entsorgungskosten fürs Grüngut nicht extra aus, wie Stiftung Warentest erklärt. Solche Zahlungen fallen dann unter den Tisch, wenn mit dem Finanzamt abgerechnet wird. Wer Rechnungen rechtzeitig kontrolliert, kann womöglich noch eine Korrektur einfordern. Außerdem gilt: Handwerker niemals bar bezahlen. Die Ausgabe ist sonst für die Steuer verloren.

Fehler 6: Unterhalt fürs erwachsene Kind vergessen

Für unter­halts­berechtigte Personen wie Kinder lassen sich Unterstüt­zungs­zahlungen geltend machen. Der Fiskus hilft beispielsweise mit, wenn jemand für sein erwachsenes Kind Unterhalt zahlt, das studiert, kein Einkommen hat und noch zu Hause lebt.

Eltern können für 2022 pro Kind über 25 Jahren einen Höchst­betrag von 10.347 Euro absetzen (plus Kranken- und Pflege­versicherungs­beiträge). Machen die Eltern Unterhalt geltend, müssen die Kinder das weder angeben noch versteuern. Wer es versäumt, seine Zahlungen anzusetzen, verschenkt einige Tausend Euro.

Fehler 7: Steuererklärung 2022 zu spät abgeben

Die Steuererklärung zu lange aufschieben? Das kann teuer werden. Wer verpflichtet ist, eine Einkommenssteuererklärung abzugeben oder vom Finanzamt dazu aufgefordert wird, muss die Abgabefrist beachten. Für die Steuererklärung 2022 ist das der 2. Oktober 2023. Wer Hilfe vom Steuerberater oder Lohsteuerhilfeverein erhält, hat bis zum 31. Juli 2024 Zeit.

Wird die Frist überschritten, kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzen. Dieser beträgt mindestens 25 Euro – für jeden angebrochenen Monat. Auch ein Zwangsgeld kann die Behörde als zusätzliche Strafe erheben. Die Höhe richtet sich nach verschiedenen Faktoren, in der Regel liegt es zwischen 100 und 500 Euro. Höchstbetrag: 25.000 Euro.

Wer die Steuererklärung aus einem triftigen Grund nicht rechtzeitig einreichen kann – etwa, weil Unterlagen fehlen, ein längerer Auslands- oder Krankenhausaufenthalt ansteht oder ein naher Angehöriger verstirbt – kann beim Finanzamt um eine Fristverlängerung bitten. Dieser muss schriftlich noch vor Ablauf der Frist eingehen.

Fehler 8: Rechnungen und Belege verlieren

Die Rechnung vom Handwerker, Spendenbescheinigungen ... und wo war noch gleich der Kassenzettel für das Fachbuch? Bei der Steuererklärung eines Jahres kommen einige Dinge zusammen, die sich etwa als Werbungskosten oder Sonderausgaben absetzen lassen. Hakt das Finanzamt nach und Sie können die Belege nicht liefern, wird es die Ausgaben streichen – und Sie verlieren die Steuerersparnis.

Die App „MeinElster+“ soll die Erstellung der Steuererklärung vereinfachen.
Die App „MeinElster+“ soll die Erstellung der Steuererklärung vereinfachen. | Bild: Laura Ludwig, dpa

Wer sich die Zettelwirtschaft bei der Steuererklärung erleichtern möchte, kann die „MeinElster+“-App nutzen, die Ende Februar für iOS- und Android-Geräte vorgestellt wurde. Mit ihr können Nutzerinnen und Nutzer Quittungen und Belege direkt mit der Smartphone-Kamera abfotografieren und sammeln.

Die Anwendung arbeitet außerdem mit einer Texterkennungssoftware. Sie erkennt relevante Werte der eingescannten Rechnungen und sortiert sie entsprechend zu. Verwaltet werden können die Dokumente dann über das jeweilige Benutzerkonto beim Online-Finanzamt Elster.

Fehler 9: Außergewöhnliche Belastungen nicht absetzen

Zuzahlungen für Medikamente, die Fahrt zur Reha oder der Therapie, ein behindertengerechter Umbau der Wohnung, Augenoperationen oder Beerdigungskosten: All das können Steuerpflichtige unter Umständen als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Trotzdem wird dieser Punkt häufig vergessen – auch, weil viele gar nicht wissen, was alles dazu zählt.

Noch etwas kommt hinzu: Die Kosten lassen sich erst absetzen, wenn sie zusammengenommen die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Wer wissen möchte, wie hoch der Eigenanteil ist, den er selbst tragen muss, kann das zum Beispiel über einen Rechner der Finanzverwaltung herausfinden. Und dann: Belege sammeln.

Fehler 10: Keine Steuererklärung abgeben

Die Steuererklärung ist eher eine lästige Aufgabe – und nicht jeder Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet. Doch wer sich die freiwillige Steuererklärung spart, verschenkt oft viel Geld. Immerhin liegt die durchschnittliche Rückerstattung bei 1072 Euro.

Wer nicht zur Abgabe verpflichtet ist, kann sich zudem vier Jahre nach Ende eines Steuerjahres Zeit lassen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Steuererklärung für 2019 noch bis Ende 2023 abgegeben werden kann. Mit einer Erstattung können zum Beispiel diejenigen rechnen, deren Werbungskosten über dem Pauschbetrag von 1.200 Euro (2022; 2023: 1.230 Euro) lagen. Auch verheiratete Doppelverdiener, die beide Steuerklasse 4 haben, oder Personen, die hohe Krankheitskosten, Ausgaben für Handwerker, Haushaltshilfen oder haushaltsnahe Dienstleistungen hatten, können mit einer Rückzahlung rechnen.

Wer eine freiwillige Steuererklärung abgibt, hat im Prinzip nichts zu verlieren: Droht eine Nachzahlung, kann man man beim Finanzamt Einspruch einlegen und die Steuererklärung zurückziehen. Wer allerdings verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben, kann diese auch nicht zurückziehen.

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