Viele Familien können es sich heute nicht mehr leisten, ein Haus zu kaufen. Was aber, wenn man nicht nur ein Haus braucht, sondern auch noch Ställe für Tiere, Weideland, Ackerfläche? „Dann merkt man ziemlich schnell, dass das unbezahlbar ist“, sagt Denis Hahn, 43.

Hahn ist seit 22 Jahren Vollblut-Landwirt, stammt aber, wie auch seine Frau Kristin-Marlen Hahn, 37, nicht aus einer Bauernfamilie. Einen geerbten Hof gibt es deshalb nicht. Also pachteten die Hahns, zu deren Familie auch noch drei kleine Kinder gehören, einen in der Nähe von Stockach.

Wenn die Pacht ausläuft, wird es meist deutlich teurer

„Das ging so lange gut, bis der Pachtvertrag auslief und wir, wenn überhaupt, nur zu schlechteren Konditionen hätten verlängern können“, erzählt Denis Hahn. Noch mehr Pacht zu zahlen kam für die Familie aber nicht infrage. „Es muss ja schließlich auch noch Geld übrig bleiben für die Bildung unserer Kinder und für unsere Altersvorsorge“, sagt Denis Hahn.

Seit der Finanzkrise 2008 sind die Bodenpreise für Äcker und Wiesen in Deutschland explodiert. Seitdem haben sie sich dem Thünen-Institut für landwirtschaftliche Forschung zufolge bundesweit verdreifacht, in Baden-Württemberg immerhin mehr als verdoppelt.

Sie können weiterwirtschaften: Kristin-Marlen und Denis Hahn, im Hintergrund ihr neuer Hof Berenberg bei Stockach.
Sie können weiterwirtschaften: Kristin-Marlen und Denis Hahn, im Hintergrund ihr neuer Hof Berenberg bei Stockach. | Bild: markert

Jung-Landwirte könnten Belastungen oft nicht stemmen

Denn Land gilt als sichere Geldanlage. Boden ist ein nicht vermehrbares Gut, dass sich obendrein für Spekulationen eignet. Jedes Jahr gehen 50.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche an den Wohnungs-, Straßenbau sowie an andere Zwecke verloren. Zu den anderen Zwecken gehören etwa Photovoltaikanlagen, für die Stromkonzerne immer mehr Flächen brauchen. Und ganz andere Preise dafür zahlen können, als ein kleiner Bauer in Stockach.

Erst recht, wenn dieser wie Hahn nach den Kriterien des Bio-Anbauverbandes Demeter arbeiten möchte – und nicht danach, nur das anzupflanzen, was am meisten Geld abwirft, ohne Rücksicht auf Boden, Tierwohl und Artenvielfalt. „Trotzdem können wir uns keinen anderen Job vorstellen als die Landwirtschaft. Also haben wir nach einem neuen Hof gesucht“, erzählt Hahn.

Da muss man viel Arbeit und Geld hineinstecken: Der Hof Berenberg mit sanierungsbedürftigem Wohnhaus.
Da muss man viel Arbeit und Geld hineinstecken: Der Hof Berenberg mit sanierungsbedürftigem Wohnhaus. | Bild: Kulturland

Fündig wurden die Hahns zwei Kilometer von ihrem bisherigen Hof entfernt bei einer Bauernfamilie, die aus Altersgründen aufhören wollte. Nur: Das Wohnhaus auf Hof Berenberg bei Mühlingen wurde im Jahr 1902 gebaut, steht seit 20 Jahren leer und ist entsprechend baufällig. Stall und Scheunen sind zwar da, aber in renovierungsbedürftigem Zustand.

„Die Hofstelle übernehmen wir über ein Erbbaurecht in unser Eigentum, dafür haben wir eine Finanzierung“, sagt Denis Hahn. Nun ist es mit diesen rund 500.000 Euro aber nicht getan. Für die zehn Hektar Wiesen, Äcker und Grundstücke, die ebenfalls zum Hof gehören, fallen weitere 550.000 Euro an. „Die hätten wir allein nie aufbringen können“, sagt Hahn.

Bio-Rinder von der Weide

Familie Hahn ist inzwischen dennoch auf Hof Berenberg angekommen. Auf den Weiden grasen Rinder, das Wohnhaus wird saniert. Möglich gemacht hat das die Kulturland-Genossenschaft. Sie unterstützt Biolandwirte dabei, langfristig Wirtschaftsflächen zu sichern.

„Die Landwirte können das nicht mehr allein stemmen, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, findet Stephan Illi, Vorstand von Kulturland. Bürger können dort über Genossenschaftsanteile Geld einlegen. „Mit diesen Mitteln kaufen wir das Land und stellen es den Bauern unbefristet zu einer bezahlbaren Pacht zur Verfügung“, sagt Illi.

Stephan Illi ist Vorstand der Kulturland Genossenschaft. Kulturland hilft Landwirten ohne eigenen Boden, Höfe dennoch weiterzubewirtschaften
Stephan Illi ist Vorstand der Kulturland Genossenschaft. Kulturland hilft Landwirten ohne eigenen Boden, Höfe dennoch weiterzubewirtschaften | Bild: Kulturland

So funktioniert die Kulturland-Genossenschaft

Damit die Pacht für die Bauern bezahlbar bleibt, verzichten die Bürger, die Anteile kaufen (ab 500 Euro für etwa 90 Quadratmeter) auf Gewinn. „Dafür weiß ich aber genau, was mit meinem Geld passiert. Ich kann mir den Hof aussuchen, den ich unterstützen will und vor Ort schauen, was dort umgesetzt wird“, sagt Stephan Illi. Fünf Jahre muss das Geld mindestens in der Genossenschaft bleiben, dann könnte man es wieder entziehen. „Wer 500 Euro reingegeben hat, bekommt 500 Euro wieder raus“, sagt Illi.

32 Höfe dank Kulturland vorerst finanziert

Das Kulturland-Modell gibt es seit zehn Jahren, 32 Höfe wurden bislang unterstützt. Dass es künftig noch sehr viel mehr werden, dafür setzt sich Sascha Damaschun ein. Er hat selbst Anteile bei Kulturland. Außerdem ist er Geschäftsführer bei Bodan, einem Großhandel für Naturkost in Überlingen.

Er ist überzeugt, dass es nicht mehr reicht, wenn Verbraucher ihre Verantwortung für eine ökologische Landwirtschaft zeigen, indem sie Bioprodukte kaufen. „Es braucht auch Bauern und die entsprechenden Flächen“, sagt er. Familie Hahn hat diese Flächen nun. Sie will dort auch Jungtiere aus dem Bodensee-Weiderind-Projekt aufziehen. Das sind männliche Kälbchen aus Milchviehbetrieben, die sonst in Mastbetrieben im Ausland landen würden.