Ab Oktober können Gasimporteure ihre gestiegenen Kosten über die sogenannte Gasumlage an Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen größtenteils weitergeben. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz soll so die „ganze Wucht“ der hohen Preise „auf unsere gemeinsamen Schultern“ verteilt werden.

Wie hoch wird die Umlage sein?

Die Gasumlage wird ab dem 1. Oktober 2,419 Cent pro Kilowattstunde betragen. Auf einen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden kommen laut Berechnungen der Vergleichsportale Check24 und Verivox Mehrkosten von 576 Euro im Jahr zu. Ohne Mehrwertsteuer wären es demnach 484 Euro im Jahr. Die Höhe der Umlage kann alle drei Monate angepasst werden – nach oben oder unten.

Was ist mit der Mehrwertsteuer?

Die Regierung will die Umlage von der Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent befreien. Im Wege stehen allerdings europarechtliche Bestimmungen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) bat bereits die EU-Kommission um Ausnahmegenehmigung.

Wann kommt die Zahlungsaufforderung?

Die Gasumlage, die zunächst die Energieversorger bezahlen müssen, könnte erst auf der November- oder gar Dezember-Rechnung für die Endkunden sichtbar werden. Aus Gründen des Verbraucherschutzes müssen die Gasversorger die Umlage vier bis sechs Wochen vorher ankündigen – zum 1. Oktober dürfte das für viele zu knapp werden.

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Und bei Festpreisverträgen?

Viele Haushalte und auch Unternehmen haben Festpreisverträge für bestimmte Laufzeiten abgeschlossen – je nach Vertrag darf die Umlage dann eventuell nicht weitergereicht werden. Diese Frage wird laut Wirtschaftsministerium noch geprüft.

Was können Fernwärmekunden erwarten?

Im vergangenen Jahr heizten laut Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen rund 14 Prozent der Haushalte mit Fernwärme – diese entsteht laut Bundeswirtschaftsministerium zu über 46 Prozent aus Gas. Fernwärmekunden sind von der Umlage bislang „nicht erfasst“, erklärte das Ministerium in der vergangenen Woche. Auch diese Frage werde noch geprüft.

Gibt es Entlastungen?

Die Regierung hat „zielgenaue Entlastungen“ versprochen, besonders für jene, die wenig Geld haben und besonders unter den Preissteigerungen leiden. „Die Umlage muss und wird von einem weiteren Entlastungspaket begleitet werden“, versicherte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Genaue Pläne wurden aber noch nicht bekannt.

Wie funktioniert der Mechanismus genau?

Ab Oktober und bis voraussichtlich April 2024 können sich alle Importeure die Differenz aus dem Bezugspreis für die ausgefallenen Lieferungen und den Kosten für die Ersatzbeschaffung erstatten lassen – und zwar zu 90 Prozent. Die restlichen zehn Prozent tragen sie weiterhin selbst.

Dazu müssen die Firmen den Ausgleich beim Unternehmen Trading Hub Europe, in dem die Gasnetzbetreiber zusammengeschlossen sind, beantragen. THE berechnet die genaue Höhe der Umlage und reicht die Kosten an die Energieversorger, also etwa die Stadtwerke, weiter. Diese können die Kosten an die Endverbraucher weitergeben. Den Prozess überwachen werden Wirtschaftsprüfer und die Bundesnetzagentur.

Weshalb greift der Staat ein?

Russland hat zuletzt systematisch seine Gaslieferungen nach Deutschland gedrosselt und damit laut Wirtschaftsministerium eine „künstliche Energieknappheit“ geschaffen. Energiekonzerne wie Uniper, die den Rohstoff importieren, sind daher gezwungen, teure Alternativen einzukaufen. Sie müssen gleichzeitig ihre Lieferverträge mit ihren Kunden einhalten.

Der Staat will vermeiden, dass die Unternehmen in Finanzschwierigkeiten geraten und so die Versorgungskette wie im Dominoeffekt zusammenbricht. Uniper musste bereits Staatshilfe beantragen. RWE und Shell, die deutlich weniger Gas aus Russland importieren als Uniper und zugleich hohe Gewinne wegen der gestiegenen Energiepreise verbuchen, haben angekündigt, auf die Einnahmen aus der Gasumlage zu verzichten. (AFP)