Für die rund 4100 Mitarbeiter der K&U-Bäckerei GmbH fing die Woche nicht gut an. Am Montag erhielten sie angeblich ein Schreiben von Edeka-Südwest, dem Mutter-Unternehmen des Backfilialisten. Darin soll eine Information gestanden haben, die bei vielen Zukunftsängste auslösen dürfte: Edeka Südwest möchte die K&U-Bäckerei GmbH mit rund 500 Verkaufsstellen bis 2023 auflösen. So beschreibt es Alexander Münchow von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) am Donnerstag in einem Telefonat.

Demnach möchte Edeka die Bäckerei-Filialen seinen Märkten vor Ort, die genossenschaftlich organisiert sind, zum Kauf anbieten oder ganz schließen. Die Gewerkschaft befürchtet dadurch „massive soziale Verwerfungen“. Alexander Münchow, Landesbezirkssekretär der Region Süd, kritisiert die Entscheidung von Edeka Südwest scharf: „Edeka macht aus guter Arbeit, schlechte Arbeit.“ Dem widerspricht Edeka in einer Stellungnahme und schreibt von einer leistungsgerechten und fairen Bezahlung der Mitarbeiter durch die einzelnen Händler.

Hohes Lohnniveau dank Tarfivertrag bei K&U

Die K&U-Mitarbeiter werden laut Münchow derzeit über einen Haustarifvertrag bezahlt. Der Stundenlohn liegt beispielsweise für ungelernte Kräfte bei 10,80 Euro, für Mitarbeiter, die eben die Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin abgeschlossen haben, bei 12,82 Euro. Dazu kommen zusätzliche Leistungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie ein Betriebsrat, der die Interessen der Mitarbeiter vertritt.

Münchow malt die Zukunft für die derzeitigen K&U-Mitarbeiter düster, denn die Tarifbindung würde nach dem Verkauf entfallen. Die meisten Edeka-Einzelhändler würden nur den gesetzlichen Mindestlohn von 9,50 Euro zahlen und eine Interessenvertretung der Mitarbeiter gebe es auch nicht, so der Gewerkschafter. „Das wäre ein neues Wild West in der Edeka-Landschaft“, äußert er seine Befürchtungen.

Eine Auswahl an Brötchen in der Auslage bei einem Bäcker.
Eine Auswahl an Brötchen in der Auslage bei einem Bäcker. | Bild: Verena Wehrle

Für den Fall, dass sie die Pläne von Edeka-Südwest nicht mehr stoppen kann, will die Gewerkschaft einen Interessensausgleich erreichen und einen Sozialplan aushandeln, um für die Mitarbeiter das aktuelle Lohnniveau halten zu können. „Aus unser Sicht war K&U ein gut aufgestelltes Unternehmen“, sagt Münchow für die Gewerkschaft, die den Schritt nicht nachvollziehen kann. In der Region Süd sind nach Gewerkschaftsangaben 395 Beschäftigte in 55 Filialen betroffen.

Edeka: „Leistungsgerechte und faire Bezahlung“

Diesen Befürchtungen entgegnet Edeka Südwest in einer Stellungnahme, dass es gesetzlich vorgesehen sei, dass die Arbeitnehmer mindestens ein Jahr die Löhne weitergezahlt bekämen. „Zum Teil gehen die Unternehmer noch deutlich daruber hinaus“, teilt der Pressesprecher mit. Er wehrt sich gegen die Vorwürfe der Gewerkschaft: „Unsere Kaufleute pflegen einen zuverlässigen, fairen und verantwortungsvollen Umgang mit ihren Mitarbeitenden. Dazu gehört auch die leistungsgerechte und faire Bezahlung.“

Übergabe von K&U-Filialen seit 2018

2018 hat Edeka Südwest damit begonnen erste K&U-Filialen an selbständige Einzelhändler abzugeben. Damals hätten die Verantwortlichen versprochen, mindestens 500 Filialen erhalten zu wollen, sagt Münchow. „Das Versprechen hat Edeka gebrochen.“ Die K&U-Bäckerei hat 2019 ihr hundertjähriges Jubiläum gefeiert.

Jetzt erwartet die Gewerkschaft mit der Zerschlagung auch Auswirkungen auf den Produktionsbereich. An den vier Standorten des Backbetriebs Bäckerbub in Neuenburg, Mannheim, Reutlingen und Bexbach könnte es durch den Wegfall von Abnehmern auch zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen, so Münchow. Der Edeka-Sprecher teilt dazu mit: „Für die Produktionsstätten ergeben sich hierdurch keine Änderungen.“ Das gelte auch für den den Logistik-Standort in Hilzingen.

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Aus K&U wird Markt-Bäckerei

Der Name K&U werde verschwinden, Filialen werden unter dem Namen Markt-Bäckerei weitergeführt und gehörten dann zu dem entsprechenden Einzelhändler, so Münchow. Die Backwaren könnten dann auch bei anderen Bäckern bestellt werden.

Zu der Umstrukturierung äußert sich Edeka so: „Die Verkaufsstellen der Bäckerei K&U sowie des Bäckerhaus Ecker werden künftig als Markt-Bäckerei am Markt auftreten. Die Umstellung erfolgt sukzessive. Dies trifft sowohl auf an Edeka-Märkte angeschlossene Verkaufsstellen als auch auf Filialen zu, die zum Beispiel in Innenstädten oder an Bahnhöfen betrieben werden.“

Edeka lässt offen, wie viele Filialen übergeben werden sollen

Edeka Südwest bestätigt die Pläne, die einzelnen K&U-Filialen an die Edeka-Händler vor Ort zu übergeben. Offen bleibt, in welchem Ausmaß das erfolgen soll. Es seien „Verkaufsstellen an interessierte selbständige Kaufleute des Edeka Südwest-Verbunds übergeben“ worden und würden es auch weiterhin. Diese würden dann zu zusätzlichen Abteilungen in den Märkten, die Mitarbeiter teil des Markt-Teams.

So könne das Angebot an Brot- und Backwaren stärker an den Kundenwünschen ausgerichtet werden, da die Händler das Sortiment selbst bestimmen könnten, heißt es in der Edeka-Stellungnahme. „Mit der Übergabe von Verkaufsstellen an selbständige Kaufleute des Verbunds kommt Edeka Südwest auch dem genossenschaftlichen Auftrag zur Förderung seiner Kaufleute nach“, begründet der Sprecher das Vorgehen weiter.

Gewerkschaft: „Ein wirtschaftlicher Irrweg“

Claus-Peter Wolf, Geschäftsführer der NGG-Region Baden-Württemberg Süd, fordert in einer Presseerklärung: „Wir fordern Edeka Südwest auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen. Es ist ein wirtschaftlicher Irrweg.“

Ebenfalls von den Plänen betroffen ist die K&U-Tochter Bäckerhaus Ecker mit etwa 400 Mitarbeitern aus dem Saarland. Die Gewerkschaft ruft für Sonntag, 21. Februar an vier Standorten zu Protesten auf.