Dürfen Arbeitnehmer zu Homeoffice gezwungen werden?

Das hängt laut dem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt Klaus Maier aus Villingen-Schwenningen davon ab, ob es etwa im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag entsprechende Regelungen gibt. Gesetzlich sei aber nicht festgelegt, dass Arbeitnehmer zwingend ins Homeoffice geschickt werden können. Trotzdem sagt Maier: „Ich rate allen Arbeitnehmern im Zweifelsfall davon ab, ohne sehr triftige Gründe eine Anweisung, in Homeoffice zu gehen, zu verweigern.“ Schließlich sei Homeoffice während der Corona-Krise eine Maßnahme zur Vermeidung von neuen Ansteckungen und damit auch im Sinne der Arbeitnehmer.

Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Homeoffice?

Wie Klaus Maier erklärt, gebe es keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice – und das ändere sich auch nicht alleine wegen der aktuellen Krisensituation. „Etwas anderes kann gelten, wenn im Vorfeld schon Homeoffice als Möglichkeit vereinbart und praktiziert wurde“, so Maier. Allerdings komme es auf den Einzelfall an.

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Müssen Arbeitgeber priorisieren?

Sind Arbeitgeber in der Pflicht, zuerst Eltern betreuungsbedürftiger Kinder oder Kranke, die im Fall des Coronavirus zu Risikogruppen gehören, ins Homeoffice zu schicken, bevor sie das mit anderen Angestellten tun? Eine klare gesetzliche Regelung dazu gibt es laut Klaus Maier nicht. „Man wird hier im Einzelfall abwägen müssen“, sagt er stattdessen. „Im Regelfall wird es die Entscheidung des Arbeitgebers sein, auf der Grundlage betrieblicher Belange eine Entscheidung zu treffen.“

Wer kommt für entstehende Kosten auf?

„Grundsätzlich gilt, dass es Aufgabe des Arbeitgebers ist, die nötigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen“, erklärt Maier. Er muss also etwa dafür sorgen, dass die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, die für die erforderten Aufgaben nötig sind, und dass diese entsprechend funktionieren. Für Kosten, die beim Arbeitnehmer durch die Arbeit im Homeoffice entstehen, etwa Telefonkosten oder anteilig auch Internetkosten, müsse der Arbeitnehmer außerdem aufkommen. „Damit hier im Nachhinein keine Auseinandersetzung hochkommt, empfiehlt sich vorab eine einvernehmliche Vereinbarung als Ergänzung des Arbeitsvertrags“, rät Maier.

Rechtsanwalt Klaus Maier
Rechtsanwalt Klaus Maier | Bild: privat

Wer haftet bei Homeoffice?

Wer sich bei Tätigkeiten im Homeoffice verletzt, der ist laut Klaus Maier gesetzlich unfallversichert. Anders sehe das allerdings bei Unfällen aus, die sich nicht im Zusammenhang mit der Heimarbeit ereignen, diese fallen im Einzelfall nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Müssen Arbeitnehmer im Homeoffice permanent erreichbar sein?

Im Homeoffice gelte die vereinbarte Arbeitszeit, in der die Arbeitnehmer dann auch anwesend und erreichbar sein müssen, erklärt Maier. Allerdings müssen ebenso wie im Büro auch Pausen eingelegt werden.

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Wie wirkt sich Homeoffice auf die Produktivität aus?

Wie Conny Antoni, Professor für Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie an der Universität Trier, erklärt, ist diese Frage „pauschal nicht zu beantworten.“ Stattdessen sei die Produktivität abhängig von den Bedingungen, die zuhause herrschen: Wer in seiner Wohnung über ein gut eingerichtetes Büro verfügt und sich ungestört zurückziehen kann, der könne sogar produktiver sein, als auf der Arbeit, wo unter Umständen immer wieder Kollegen die Konzentration unterbrechen. Umgekehrt könne die Produktivität sinken, wenn zuhause keine ruhige Atmosphäre herrscht.

Conny Antoni weist außerdem darauf hin, dass persönliche Gespräche mit Kollegen, die unter Umständen zu neuen Ideen und Impulsen führen können, im Homeoffice oft zu kurz kommen.

Psychologe Conny Antoni
Psychologe Conny Antoni | Bild: privat

Hat Homeoffice auch negative Seiten?

Homeoffice kann zumindest negative Seiten haben. Grund ist laut Conny Antoni unter anderem der nahtlose Übergang von Büro und Wohnort – das könne zu einer Überbelastung führen, etwa, wenn nicht genug Pausen eingelegt werden oder die Arbeitnehmer „von der Arbeit am Bildschirm direkt ins Bett fallen“ und dann keinen Schlaf finden. Antoni rät Arbeitnehmern daher, mit ihren Arbeitgebern abzuklären, welche Arbeitszeiten gelten und sich auch in Eigenverantwortung daran zu halten. Arbeitnehmer seien in der Pflicht, ihre Mitarbeiter dahingehend zu schulen.

Ein weiteres Problem sind laut Antoni die fehlenden Kontakte zum Chef und zu Kollegen. Das könne neben Isolation zu „sozialen Konflikten“ führen, etwa Misstrauen, weil bei mangelnder Kommunikation nicht klar ist, wie intensiv der Angestellte eigentlich arbeitet.

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