Erinnern Sie sich noch an die Panik, die viele Unternehmen, Fußballvereine, Blogger und Verbände im Frühjahr erschütterte? Auslöser war die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 20. Mai gültig wurde. Seither wurden Newsletter eingestellt, ungezählte Tonnen Papier mit schriftlichen Einverständniserklärungen zu Selbstverständlichkeiten abgeheftet. Boutiquen vernichteten Adresskarteien ihrer Kunden, Visitenkarten wurden weggeworfen, weil ihre Übernahme in die elektronische Datei angeblich Datendiebstahl ist, Newsletter und Blogs verschwanden vom Bildschirm, Großunternehmen richteten Arbeitsstäbe ein, Unternehmensberater und Daten-Anwälte wurden zu bestverdienenden Superstars und Fußballvereine gaben unterschiedliche T-Shirts aus: Rote für solche Spieler, die mit einem Foto einverstanden waren, und blaue für Spieler, die nicht fotografiert werden wollten.

Auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung wurde jeder Besucher, der dort nicht fotografiert werden wollte, mit einem roten Klebepunkt auf der Stirn gekennzeichnet. Alles aus Angst vor einer unverständlichen Gesetzgebung, die mit existenzvernichtenden Strafen in vielfacher Millionenhöhe durchgesetzt werden sollte. Jetzt sollen sogar Klingelschilder an Wohnblocks abmontiert werden, sagen die einen und greifen zum Schraubenzieher. Andere behaupten, das sei unnötig. Sicher ist nur eines: Alles ist unsicher.

Facebook und Google lachen sich ins Fäustchen

Und was ist seither passiert? Nichts. Langsam steigt wieder die Zahl unerbetener Newsletter. Viele Unternehmen und Verlage missachten nachweislich einfach die DSGVO so kaltblütig wie ignorant. Die roten Punkte und farbmarkierten T-Shirts sind weitgehend verschwunden. Es wird wieder fotografiert. Völlig unbehelligt blieben die Datenkraken wie Facebook und Google, gegen deren Sammelwut sich die DSGVO angeblich richtet. Kosten in erdrückender Höhe fielen dagegen bei Kleinunternehmern und Mittelständlern an, die sich nicht die riesigen Beraterstäbe leisten konnten. Das Leben normalisiert sich wieder; geblieben sind prall gefüllte Aktenordner, unnötige Aufregung und teure Anstrengungen. Fein heraus sind diejenigen, die die DSGVO einfach ignoriert haben.

Der Ehrliche ist der Dumme

Mit Recht könnte man sagen: Das „D“ steht für „Dumme“. Und der Dumme ist, wer sich an ein Gesetz hält. Damit richtet die DSGVO breiten Schaden an: Sie hat ihr Ziel komplett verfehlt, die Datensammellust der großen Netzwerke zu bremsen. Sie hat flächendeckenden Schaden angerichtet bei komplett harmlosen Datensammlern. Sie hat den Datenschutz, der eigentlich so zentral wichtig ist, lächerlich gemacht und unglaubwürdig; beim Wort Datenschutz verdreht mittlerweile jeder die Augen. Die DSGVO trägt aber auch dazu bei, unseren Rechtsstaat zu zerstören: Gesetze, die man nicht versteht und die außer allgemeiner Aufregung, Vergrößerung von Behörden und Kosten nichts bewirken, lassen die Bürger an diesem Staat und an der Weisheit seiner Beschlüsse zweifeln. Gesetze, die nicht sanktioniert werden, weil auch Behörden und Gerichte überfordert sind, sind nicht nur handwerklicher Unfug – sie unterminieren auch das Rechtsbewusstsein der Bürger. Der Schaden wächst.