Die Korruptionsaffäre um Schwarze Kassen beim europäischen Luftfahrt- und Verteidigungskonzern Airbus weitet sich aus. Nachdem im Zentrum der Ermittlungen bislang dubiose Zahlungsströme beim Verkauf von Kampfflugzeugen, Helikoptern und Verkehrsjets gestanden waren, führen nun Spuren auch zu deutschen Satellitenbauern. So gibt es Hinweise darauf, dass auch die Weltraum-Tochter des Konzerns von Schmiergeldern profitiert hat. Diese hat auch mehrere Standorte in Deutschland, etwa in Bremen, Ottobrunn und Immenstaad am Bodensee.

Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, stießen airbusinterne Ermittler bereits im Jahr 2015 auf verdächtige Millionenzahlungen der Airbus-Satellitentochter Astrium – sie firmiert heute unter der Bezeichnung Airbus Defence and Space – an zwei Firmen des Lobbyisten und tunesischen Geschäftsmanns Lyes Ben Chedli. Dieser ist Teil einer als "Kasachgate" bezeichneten Affäre um den Verkauf von Hubschraubern und weiteren Industriegütern an Kasachstan. Die Geschäfte sollen von der französischen Regierung um Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy eingefädelt und nur durch umfangreiche Schmiergeldzahlungen in Gang gekommen sein. Einer der Strippenzieher soll Chedli gewesen sein. Ihm werden sehr gute Beziehungen zu Repräsentanten der sowjetischen Nachfolgerepublik nachgesagt.

Offenbar beschränkte sich sein Betätigungsfeld aber nicht nur auf Hubschrauber, sondern umfasste auch die Unterstützung des Astrium-Satellitengeschäfts. Das jedenfalls lassen die Aufzeichnungen von Airbus-Revisoren vermuten, aus denen „Der Spiegel“ zitiert. Als Grund für die Millionen-Zahlungen notierten die Airbus-Juristen demnach „Unterstützungsleistungen“ beim Verkauf von zwei Satelliten der deutschen Tochter Astrium an Kasachstan.

Steckt damit auch die deutsche Airbus-Tochter „tief im Sumpf der Kasachstan-Affäre“?

Auf Nachfrage des SÜDKURIER lehnte ein Sprecher von Airbus am Sonntag eine Stellungnahme ab, sagte aber, „dass das Unternehmen vollumfänglich mit den Behörden kooperiere“. Bereits im Jahr 2016 hatte sich Airbus bei der britischen Antikorruptionsbehörde SFO selbst angezeigt. Seither durchleuchten nicht nur interne Revisoren, sondern auch Aufsichtsbehörden das Unternehmen. Kürzlich teilte Airbus-Chef Tom Enders seinen 130 000 Mitarbeitern in einem Brief mit, die Ermittlungen in Großbritannien und Frankreich könnten zu „beträchtlichen Bußen“ führen – im Raum stehen Milliardenbeträge. Airbus stünden „turbulente und verwirrende Zeiten“ bevor.

"Airbus steht vor turbulenten und verwirrenden Zeiten." Tom Enders, Airbus-Chef.
"Airbus steht vor turbulenten und verwirrenden Zeiten." Tom Enders, Airbus-Chef. | Bild: dpa

Unklar ist bislang, ob oder in wie weit deutsche Satellitenstandorte von geschmierten Aufträgen profitierten. Außer in deutschen Werken wird die Airbus-Weltraumtechnik auch in Frankreich und Großbritannien hergestellt. Klar ist aber, dass Kasachstan, auf dessen Territorium das Raumfahrtzentrum Baikonur liegt, Airbus-Satelliten erhalten hat. „Inklusive der nötigen Bodeninfrastruktur“, wie es aus dem Umfeld des Unternehmens heißt.

Airbus gilt als führender Satellitenbauer weltweit und beliefert seit Jahren auch Länder ausserhalb der EU. Der Groß-Standort in Immenstaad am Bodensee hat sich auf Erdbeobachtungssatelliten spezialisiert und erweitert seine Produktionskapazitäten derzeit massiv. Private Konkurrenten wie das US-Unternehmen SpaceX machen Airbus aber immer stärkere Konkurrenz.

 

Von Immenstaad aus in den Orbit

  • Standort: Das Airbus Werk in Immenstaad ist einer der Hauptstandorte des Satellitenbaus im Airbus-Konzern. Insbesondere Erdbeobachtungssatelliten werden hier gebaut. Beim Galileo-Projekt, das Satelliten zur Positionsbestimmung herstellt, ist der Standort außen vor. Das Geschäft macht der Konkurrent OHB aus Bremen.
  • Konjunktur: Dennoch läuft es rund. "Der Standort ist 2017 gewachsen, und das wird 2018 so weiter gehen", sagt Standort-Chef Dietmar Pilz. Man wachse und sei profitabel. Standort-Umsätze weist Airbus nicht aus. Schätzungen zu Folge dürften die aber in Immenstaad bei "bis zu einer Milliarde Euro liegen". In der Konzernsparte wurden zuletzt rund 12 Milliarden Euro erwirtschaftet, bei einem operativen Gewinn von einer Milliarde.
  • Jobs: Die Mitarbeiterzahl ist 2017 um gut 100 auf rund 2200 gewachsen. 60 Prozent davon arbeiten im Raumfahrt-, 40 Prozent im Verteidigungsbereich. Hier werden etwa Drohnen oder Aufklärungssysteme hergestellt.
  • Investition: Derzeit wird der größte Reinraum zum Satellitenbau ganz Europas in Immenstaad fertiggestellt. In ihm können die größten derzeit geplanten Erdtrabanten gebaut werden. 45 Millionen Euro werden dafür von Airbus investiert. (wro)